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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Und alles, was du sagen kannst, ist: >Verschwinde, mit einer Lügnerin rede ich nicht. < Wie kannst du es wagen, du selbstsüchtiger, fetter-« Inka-Reb wandte sich ihr zu, und diesmal spürte sie seine Macht. Im selben Augenblick, in dem sie erkannte, dass sie einen Dhillarearen vor sich hatte, der zumindest ihr ebenbürtige Macht besaß, ergriff er mit einer seiner mächtigen Pranken ihre Hand.
    »Na schön, ich werde mit dir reden«, räumte er ein. »Weil du es mehr begehrst als dein eigenes Lebens. Das ist Lobes wert. Trotzdem bleibe ich dabei, dass du eine Lügnerin bist.«
    Mit sich heftig hebender Brust stand Maerad vor ihm und begegnete seinem Blick. Er schien sie auszulachen.
    »Warum behauptest du, ich sei eine Lügnerin?«, fragte sie streitlustig. »Ich lüge nicht.«
    »Tochter der Stimme, jedes menschliche Wesen auf der Welt lügt. Manche wissen, dass sie lügen, andere nicht. Ich glaube, du weißt es nicht. Trotzdem bist du eine Lügnerin.«
    »Wenn ich nicht weiß, dass ich lüge, wie soll ich dann die Wahrheit sagen?«, verlangte Maerad zu erfahren.
    »Genau«, brummte Inka-Reb nur.
    Verdutzt setzte Maerad ab und schluckte. Ihre Wut verflog so rasch, wie sie aufgekommen war, und plötzlich wurde sie sich wieder unbehaglich der Wölfe bewusst. Sie lagen wieder wie zuvor mit den Köpfen auf den Vorderpfoten am Boden.
    »Ich will lediglich wissen, was das Baumlied ist. Und wo ich es finden könnte. Das ist alles.«
    »Das Baumlied.« Eine lange Weile starrte Inka-Reb sie an, dann ließ er sie in der Mitte des Halbkreises aus Wölfen stehen, während er selbst auf die Wände der Höhle zuschritt. In kleinen Ausnehmungen flackerten Öllampen, außerdem prangten dort Dutzende Gegenstände: Schnitzereien aus Knochen und Stein und allerlei andere Dinge, die Maerad nicht erkannte. Bald kehrte er mit einem Stoßzahn in den Händen zurück. Er reichte ihn Maerad.
    »Das ist die Hälfte des Geteilten Liedes«, erklärte er. »Du weißt doch vom Geteilten Lied, oder?«
    Mit in der Brust hämmerndem Herzen nickte Maerad.
    »Nimm es und sieh es an«, forderte Inka-Reb sie auf.
    Maerad ergriff den Stoßzahn. Er war eindeutig sehr alt, das Elfenbein vergilbt und rissig. In die Oberfläche waren seltsame Zeichen geschnitzt. Sie wirkten auf unerfindliche Weise vertraut, und Maerad rieb mit den Fingern darüber. Wo hatte sie diese Zeichen schon gesehen?
    »Weißt du, was das ist?«, fragte Inka-Reb. »Nein«, antwortete Maerad. Dann ließ sie den Stoßzahn beinahe fallen. Schlagartiges Erkennen jagte ihr gleich einem Schauer kalten Wassers über den Rücken, als sie begriff, dass ihr die Formen der Schnitzereien so vertraut wie die eigene Hand waren; ihre ganze Kindheit hindurch hatte sie immer und immer wieder darüber gestrichen und sich gefragt, was sie sein mochten.
    Es waren dieselben Runen wie auf ihrer Harfe.
    Verwundert schaute sie zu Inka-Reb auf, alle Furcht und Verärgerung vergessen. »Ich kenne diese Runen«, sagte sie.
    »Jedes dieser Zeichen ist ein Baum«, erwiderte Inka-Reb. »Und jeder dieser Bäume ist ein Vers, jeder Vers ein Taktzeichen. Aber es ist nur das halbe Lied.« »Wie kann ich es lesen?«, fragte Maerad verzweifelt. »Ich weiß nicht, wie ich es lesen soll. Und wo finde ich die andere Hälfte?«
    »Ich lese in den Sternen, im Wind und in den Knochen von Tieren«, gab InkaReb zurück. »Ich kann in Steinen, in Schatten und in Schnee lesen. Aber ich kann dir nicht sagen, wie man dieses Lied liest. Es ist ein Frevel.« Er spuckte zu Boden. »Du glaubst, das Licht wird das Lied finden und vervollständigen, und die Welt wird wieder heil. Ich aber sage dir, sollte je die Finsternis oder das Licht die Hälften des Lieds vereinen, wird das ein Tag der Verheerung.« »Was soll das heißen?« Maerad schaute zu ihm auf. »Wieso Verheerung? Und weißt du, wer mir sagen könnte, was das Lied bedeutet?«
    »Du stellst zu viele Fragen.« Inka-Reb starrte über ihren Kopf hinweg. Inzwischen wirkte er gelangweilt. »Ich habe dir beantwortet, wonach du gefragt hast«, stellte er fest. »Mehr kann ich dir nicht sagen. Also nimm deine Lügen und geh.«
    Mit einer weiteren Frage auf den Lippen blickte Maerad abermals zu ihm empor, doch Inka-Rebs Züge verrieten ihr, dass die Unterhaltung beendet war. Er streckte die Hand nach dem Stoßzahn aus. Maerad gab ihn zurück und neigte das Haupt.
    »Ich danke dir«, sagte sie.
    »Geh«, forderte er sie auf. Die Wölfe begannen sich aufzuraffen und betrachteten

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