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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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sechs Jahre dafür gebraucht«, erklärte er. »Weißt du, ich bin immer so beschäftigt in Gant. Aber bei jeder Gelegenheit kam ich hierher, bis alle Täfelungen fertig waren. Und jetzt kann ich zwischen den Tieren sitzen, die ich liebe, selbst wenn sie nach Süden davonfliegen.«
    Maerad musterte den Barden mit neuer Achtung. Durch seine Redseligkeit, die sie vom Obersten Barden von Gant ganz und gar nicht erwartet hatte, hatte sie sich anfangs insgeheim gefragt, ob er nicht ein wenig albern war; doch der Liebreiz der Gemälde und eine gewisse Schärfe in Gahals Blick zerstreuten ihre Bedenken sogleich. Er war eindeutig ein Mann, den man nicht unterschätzen durfte. »Offenbar weißt du viel über Vögel«, meinte sie.
    »Vögel sind meine Leidenschaft«, erwiderte Gahal. »Sie sind die wunderschönsten Geschöpfe auf Erden; der Himmel ist ihr Element, und sie bevölkern ihn mit solcher Anmut. Schon mein ganzes Leben beobachte ich sie, liebe ich sie und lerne von ihnen.«
    »Wenn du irgendetwas über Vogelkunde wissen möchtest«, warf Cadvan ein, »ist Gahal deine erste Anlaufstelle.« Er hob das Glas an. »Und dieser Raum ist eines der Meisterwerke von ganz Edil-Amarandh. Wir können uns glücklich wähnen, ihn sehen zu dürfen.«
    »Aber er ist auch gemütlich«, meinte Maerad. »In Norloch gab es viele schöne Zimmer, aber irgendwie fühlten sie sich zu prunkvoll an. Man konnte sich nicht einfach hinsetzen und sie genießen.«
    »Ich danke dir dafür«, sagte Gahal. »Tja, ich bin froh, dass ihr hier seid.« »Das sind wir auch«, meldete Owan sich zu Wort. »Fast hätten wir es nicht geschafft. Unterwegs wurden wir von einem Sturmhund angegriffen.« Verblüfft sah Gahal ihn an. »Von einem Sturmhund? Solche Ungeheuer hat man seit der Großen Stille nicht mehr in diesen Breiten gesehen.« Er schüttelte den Kopf. »Und dabei haben wir noch nicht einmal Winter. Wie habt ihr überlebt?« »Maerad hat ihm ein Wiegenlied vorgesungen«, antwortete Cadvan nüchtern. »Da ist er verschwunden.«
    Gahal nippte gerade an seinem Wein. Bei dieser Äußerung Cadvans prustete er. »Das ist natürlich ein Scherz«, sagte er, als er sich wieder gefangen hatte. »Ich meine, wirklich.«
    »Nein, ich scherze nicht. Maerad hat für solche Dinge … äh … etwas ungewöhnliche Lösungen. Ich muss dir bei Gelegenheit erzählen, wie sie einen Untoten in ein Kaninchen verwandelt hat. Jedenfalls hat sie ihm wirklich ein Wiegenlied vorgesungen, und deshalb sind wir hier und nicht auf dem Grund der Meerenge von Ileadh.«
    Gahal grunzte und bedachte Maerad mit einem äußerst durchdringenden Blick. »Dann werdet ihr verfolgt, und wie es scheint vom Winterkönig höchstpersönlich.«
    »Das glaube ich auch«, pflichtete Cadvan ihm bei. »Deshalb denke ich, wir sollten es nicht wagen, auf dem Seeweg weiter nach Norden zu reisen, wie wir es ursprünglich vorhatten.«
    »Auch Annar ist gefährlich für euch«, gab Gahal zu bedenken. »Auf eure Köpfe ist auf Anordnung aus Norloch ein Preis ausgesetzt, und viele Augen werden nach euch Ausschau halten. Ich frage mich, was das größere Wagnis ist.« Niemand erwiderte etwas, und so seufzte er und schenkte allen Wein nach. »Nun ja, wir können uns beim Abendessen ausführlicher darüber unterhalten, wenn ihr euch erfrischt habt. Ich habe natürlich Neuigkeiten aus Thorold gehört; ich vermute, ihr wisst um die Lage dort, oder?«
    »Wir wissen von Norlochs Forderung und der Erwiderung darauf, falls du das meinst«, sagte Cadvan.
    »Das sind die übelsten Neuigkeiten seit langem. Wie du weißt, Cadvan, bin ich schon die letzten fünfzig Jahre beunruhigt. Etwas stimmt ganz und gar nicht. Aber es bereitet keine Genugtuung, recht gehabt zu haben.«
    »Nein, überhaupt nicht.«
    »Nerili hat mir mitgeteilt, dass ihr auf dem Weg nach Norden seid, auf einer Suche, die ich nicht recht begreife. Und man hat mir zu verstehen gegeben, dass Maerad von Pellinor die Ausersehene sei.«
    »Das glauben wir zumindest.«
    Gahal musterte sie mit einer kühlen Neugierde, die in krassem Gegensatz zu seinem vorherigen Gebaren stand. Maerad ließ seine prüfenden Blicke geduldig über sich ergehen, wünschte jedoch, sie wäre sauberer.
    »Ich verstehe.« Gahal stellte das Glas auf den Tisch, verschränkte die Hände hinter dem Kopf, lehnte sich auf dem Sofa zurück und betrachtete die Decke. »Das sind Neuigkeiten von größerer Bedeutung als die Geschehnisse in Norloch. Das Licht regt sich bei Bedarf, heißt es.«

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