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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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riesigen Reiher verneigte und dem Vogel etwas darbot, das nach einer Obstschale aussah; dort eine Reihe aneinander geketteter Menschen, die vom selben, in einem Streitwagen stehenden König geführt wurden, während dahinter eine gewaltige, gefiederte Katze einherlief. Ein weiteres Bild zeigte, wie anscheinend dieselben Gefangenen getötet wurden: Eine Gestalt in einer Robe hielt ein langes Messer, mit dem sie einem Gefangenen die Kehle durchschnitt, während die anderen dahinter eine Schlange bildeten, als wären sie als Nächste an der Reihe. Anjenem Bild gingen Hem und Zelika rasch vorbei. Auf dem nächsten stand ein Mann mit gespreizten Armen da. An seinen Gliedern sprossen Blätter, als verwandelte er sich in einen Baum. Neugierig fuhren Hem und Zelika die Umrisse der Runen nach, die das Bild durchzogen, und fragten sich, was sie bedeuten mochten.
    »Vielleicht ist das«, schlug Hem vor und deutete auf den Baummann,»ein Elidhu. Ein Wald-Elidhu. Maerad sagt, sie können ihre Gestalt verändern.«
    »Ich dachte, das können auch Barden, wenn sie wollen«, gab Zelika zurück und musterte Hem fragend.
    »Nein. Sie können den Anschein einer Veränderung erwecken - das ist einfach.« »Kannst du das auch?«, wollte Zelika wissen. Bislang hatte Bardenmagie sie wenig gekümmert, doch die Erfahrung am Tor der Träume hatte ihre Neugier entfacht. »Selbstverständlich!«, antwortete Hem ein wenig empört. Ein Trugbann war ein wirklich grundlegender Zauber, und obwohl er in der Schule von Turbansk selten aufgepasst hatte, war er durchaus in der Lage, Trugbilder zu weben. Kurz überlegte er, dann schaute er auf seine Hände hinab. Zelika beobachtete ihn und sog scharf die Luft ein: Aus seinen Fingerspitzen, Armen und Beinen sprossen grüne Ranken. Hem verwandelte sich vor ihren Augen in Blattwerk.
    »Ich wusst nicht, dass du so etwas kannst«, sagte Zelika mit neuem Respekt in der Stimme.
    Hem hob die Hände, und die Blätter verschwanden. »Das kann jeder Barde«, meinte er abschätzig. »Das einzige Problem daran ist, dass es bei anderen Barden keine Wirkung zeigt - es sei denn natürlich, sie lassen es zu. Ebenso wenig bei Untoten. Bardenaugen lassensich nicht täuschen.«
    »Naja, vielleicht ist der Baummann ein Barde.«
    »Möglich. Jedenfalls hat hier eine Art Bardenvolk gelebt, so viel steht fest. Dieser Ort knistert vor Magie; man spürt sie überall. Sie ist in die Wände selbst eingearbeitet. Aber es ist seltsam: Man kann fühlen, dass sie sehr alt ist, und sie ist wie diese Bilder- man kann sie nicht lesen.«
    »Was meinst du - könnte sie gefährlich sein?«, fragte Zelika mit leiser Stimme. »Immerhin hat man hier offenbar Menschen getötet. Und wer waren die Toten am ersten Tor?«
    Schaudernd dachte Hem an jenen Ort zurück. »Jede Magie kann gefährlich sein«, erwiderte er nach einer Pause. »Deshalb sind Barden so auf das Gleichgewicht erpicht. Man muss kein Barde sein, um Dinge zu tun, die man unter Umständen bereuen könnte. Aber ich bin nicht sicher, ob Barden diese Magie verwenden könnten; sie ist so sonderbar. Wenn wir die Runen lesen könnten, würden sie vielleicht etwas erklären. Ich frage mich, wozu dieser Ort gedient hat.«
    Die beiden sahen sich in der gewaltigen Kammer um. Ihr einstiger Verwendungszweck ließ sich unmöglich erahnen - sie mochte eine Art Thronsaal gewesen sein oder ein Versammlungsplatz für das Volk der Stadt. Am einen Ende befand sich ein um Mannshöhe über den Rest des Raumes erhobenes Podium, doch so wie alles andere enthüllte es nichts, sondern schien lediglich eine mächtige Bedeutungsschwere auszustrahlen, die niemand mehr verstehen konnte.
    »Vielleicht war es so etwas wie ein Tempel«, schlug Zelika vor.
    »Ein Tempel?« Fragend sah er Zelika an; solche Dinge waren in Annar unbekannt. »Ein Ort, den Menschen aufsuchen, um ihrenGöttern zu huldigen.«
    »Du meinst, wie den Elidhu? Aber die Menschen huldigen den lidhu nicht…«, setzte Hem an.
    »An manchen Orten errichten die Menschen Schreine«, erklärte Zelika. »Und sie beten ihre Götter um Hilfe an, wenn sie etwas brauchen.« Hem blickte verwirrt drein. »Warum bitten sie nicht einen Barden um einen Zauber?«, fragte er. »Das machen die Menschen doch für gewöhnlich. Das heißt, wenn Barden in der Nähe sind.«
    »So ist das nicht. Sie glauben an ihre Götter und beten sie an. Es ist … wie sie sich die Welt erklären. Und wie sie gut und schlecht voneinander unterscheiden.« »Kennst du jemanden, der

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