Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe
eine schwierige Entscheidung, aber eine, die ich treffen muss. Ich werde einwilligen, dass Hared euch ausbilden darf, für ihn als Spitzel zu arbeiten. Ich weiß, dass er das von euch möchte, und es bereitet mir Sorgen; aber ich finde, ich habe nicht das Recht, euch davon abzuhalten, dem Licht zu helfen.«
Zelika wirkte verzückt, und Saliman musterte sie mit düsterer Miene. »Eine Bedingung habe ich allerdings: Ihr dürft erst für ihn arbeiten, nachdem ihr eure Ausbildung abgeschlossen habt und Hared sagt, dass eure Fähigkeiten höchsten Ansprüchen genügen. Andernfalls ziehe ich nicht einmal in Erwägung, euch gefährliche Arbeit verrichten zu lassen. Und Hared ist ein äußerst harter Ausbilder: Er wird euch mehr abverlangen, als euch jetzt bewusst ist.«
»Ich werde hervorragend sein«, erwiderte Zelika ohne die leiseste Bescheidenheit. »Daran zweifle ich nicht.«
Hem verspürte keineswegs dasselbe Selbstvertrauen, dankte Saliman aber. »Nun denn«, meinte Saliman. »Ich bin hier, weil ich nachdenken muss, und möchte dabei ungestört sein. Lasst mich zu Ende bringen, womit ich gerade beschäftigt war, später rede ich mit Hared.«
Hem streckte die Hand nach Irc aus, der müßig auf seinen Unterarm kletterte, und die beiden folgten Zelika aus dem Raum. An ihrem beschwingten Schritt erkannte Hem, dass sie überaus erfreut war.
Hem hingegen freute sich ganz und gar nicht. Er verspürte eine grimmige Befriedigung darüber, dass er endlich dem Licht helfen würde, doch es schwang kein Vergnügen darin mit. Er hatte in Salimans Augen geblickt, als er seine Erlaubnis erteilte, und sie waren dunkel vor Schmerz gewesen.
Der Baummann
Am nächsten Tag kramte Hem seine Rüstung aus Turbansk aus seinem Bündel hervor, wo er sie seit ihrer Zeit im Gang der Könige verstaut hatte. Mit plötzlich aufkommender Traurigkeit starrte er auf die stumpfgoldene Sonne auf dem Keramikbrustpanzer und dachte daran, dass diese Ausrüstung eigentlich für die Kinder von Har-Ytan angefertigt worden war, als diese in seinem Alter gewesen waren. Ihm wurde bewusst, dass er ihre Söhne nie kennen gelernt hatte, und er fragte sich, was für Menschen sie sein mochten. Gewiss leidenschaftlich und tapfer, dachte er, zumal das Blut Har-Ytans in ihren Adern floss.
Und was war aus der Ernani geworden? Hatte sie die hoffnungslose Schlacht vor den Toren Turbansks überlebt? Hem hielt es für unwahrscheinlich. Har-Ytan hatte es auch nicht erwartet. Schließlich hatte sie den Rubin der Ernani an ihren Sohn weitergereicht. Sie hatte gesagt, dass sie mit ihrer Stadt stehen und fallen würde, danach warsie klaren Blickes in den Tod gezogen. Hem schauderte; den Menschen Suderains haftete etwas an, eine unerschütterliche Zielstrebigkeit, die ihm das Gefühl vermittelte, selbst sehr klein zu sein. Am deutlichsten sah er dies in Zelika, doch auch Saliman besaß dieselbe Entschlossenheit, wenngleich in etwas abgeschwächter Form. War über eine Handlungsweise entschieden, gab es kein Zurückschrecken, keine Ausreden, kein Bedauern mehr. Hem fühlte sich bei nichts auch nur annähernd so sicher. Nachdenklich befestigte er das Kurzschwert an seinem Gürtel und brach mit Irc, der sich auf seiner Schulter kauerte und beschwerte, zu Zelika auf, deren Augen vor unterdrückter Erregung leuchteten. Hared erwartete sie bereits. Er musterte die Kinder mit strengemBlick, dann führte er sie aus dem Palast und über den Platz zu einem Teil der Stadt, den sie noch nicht gesehen hatten - einen großen Hof, umgeben von düster wirkenden, niedrigen Gebäuden, zugänglich nur durch ein verriegeltes Tor. Dort neigte sich die Decke der Höhle bis auf wenige Spannen über ihre Köpfe herab. Der Ort vermittelte ein Gefühl der Platzangst und Feindseligkeit, wie man es nirgends sonst in Nal-Ak-Burat verspürte.
Hareds Ausbildung erwies sich als so hart, wie die Kinder sie erwartet hatten, aber alles andere daran warf ihre Vorstellungen davon durcheinander. Hem hatte gedacht, das Hauptaugenmerk würde auf Schwertkunst und unbewaffnetem Kampfliegen, und bei jenem ersten Unterricht forderte Hared ihn und Zelika auf zu zeigen, was sie konnten. Dabei ließ er sie ihre Waffen statt Holzschwerter verwenden, wie Hem es aus der Schule in Turbansk gewohnt war, und er verlangte ihnen alles ab. Am Ende hatte Zelika Hared entwaffnet, und Hem hatte zu verhindern gewusst, selbst entwaffnet zu werden, wenngleich Hared daraufhin gewiesen hatte, dass er die Deckung einmal hinlänglich
Weitere Kostenlose Bücher