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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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hängenden Schultern vor ihm stand; bevor er darüber nachdenken konnte, was das bedeuten mochte, drehte der Junge sich um, und Hem sah mit einem jähen Schauder, dass seine Augen ausdruckslos gewordenwaren. Die Bluthunde mussten von den Untoten geweckt worden sein, und Nisrah befand sich noch nicht außerhalb der Reichweite ihres hexerischen Banns.
    Hem wurde völlig überrumpelt, als Nisrah knurrte, ihm gegen das Schienbein trat und ihn zu Boden stieß. Er bäumte sich gegen seine Fesseln auf; die Muskeln an seinen Schultern traten vor Anstrengung hervor, und er nahm es nicht einmal wahr, als Hem ihn mit dem Kurzschwert bedrohte. Hem stieß ihn mit der Schulter unsanft weiter, doch Nisrah gab nicht nach, bemühte sich unvermindert, die Lederriemen zu zerreißen. Mit einem plötzlichen Schnapplaut brachen sie, und Nisrah schlug mit der Faust nach ihm. Fluchend duckte Hem sich unter den Hieben hindurch und versuchte, Nisrah zu Fall zu bringen, damit er nicht wegrennen konnte, aber der Junge schlug und trat mit Händen und Füßen um sich wie ein wahnsinniges Tier; Hem wurde gegen die Wand geschleudert, und die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst.
    Um Hilfe schreiend rappelte Nisrah sich auf und rannte los. Er brach ein paar Schritte vor einem verdutzten Untoten aus dem Glimmerschleier hervor. Der Untote richtete sofort alle Aufmerksamkeit auf Nisrah, packte den Jungen am Arm und schwenkte den finsteren Blick unmittelbar auf Hem. Kurz fühlte Hem sich vom bösartigen Starren des Untoten gefangen wie ein Kaninchen von einem Fuchs, und er konnte nur dümmlich zurückstarren, war außerstande, zu denken oder sich zu bewegen.
    Doch bevor der Untote sich auf ihn zubewegen konnte, wurde dessen Aufmerksamkeit abgelenkt, und er drehte sich jäh dem Ehernen Turm zu. Unwillkürlich folgte Hem seinem Blick und sah, dass den gesamten Turm, vom Fuß bis zur bedrohlichen Spitze, eine gespenstische Flamme umhüllte, die zunächst mit dem Verwesungsgrün eines Leichenlichts schimmerte und dann rasch heller wurde, bis der ganze Turm grell wie ein dämonischer erstarrter Blitz gleißte. Die Soldaten brüllten, stampften mit den Füßen auf und schlugen sich die Waffen gegen die Schilde, und anfangs dachte er, der Boden erzittere durch ihren Lärm, bis er erkannte, dass die Erde selbst bebte. Die Flamme erstarb so jäh, wie sie erschienen war, doch die Ablenkung genügte Hem, um sich von dem Untoten zu befreien. Sein Glimmerschleier allerdings war durchbrochen. Nisrah stand bei dem Untoten, dessen knochige Finger seinen Oberarm umklammerten. Der Junge schenkte dem Ehernen Turm keinerlei Beachtung, sondern brüllte Hem mit vor rasender Wut verzerrten Zügen Beschimpfungen zu; wo die Narbe bei ihrem früheren Gerangel aufgebrochen war, glich sein Gesicht einer Maske aus Blut. Selbst in jenem Lidschlag überlegte Hem, ob er ihn noch retten könnte; doch der Untote drehte sich ihm wieder mit tödlicher Absicht zu, und er geriet in Panik. Hem sog Atem in seinen Körper, dann rannte er los und wich geduckt, im Zickzack zwischen den Reihen der Soldaten hindurch, zu schnell für jene, die nach ihm griffen, um ihn zu packen. Zuerst flüchtete er blindlings, doch nachdem er dem brennenden Blick des Untoten entronnen war, stellte er seinen Glimmerschleier mit einem Wort wieder her und begann, sich einen Weg zum Tor zu bahnen. Sein einziger Gedanke galt Irc, den er noch sehen wollte, bevor er vielleicht stürbe. Hem erwartete nicht mehr, dass sie beide überleben würden; selbst wenn er es zum Tor schaffte und Irc dort anträfe,was konnten sie schon tun? Mittlerweile war Hem längst über jede Hoffnung hinaus.
    Scheinbar aus dem Nichts - obwohl sie in einem Hinterhalt aus einer der Nebenstraßen hervorgestürzt sein mussten - wimmelte es auf der Straße plötzlich vor Hünen der Blutgarde, Imanks persönlicher Streitmacht, und Hem fand sich am Rande des Geschehens einer tobenden Schlacht wieder. Angetrieben von reinem Instinkt umlief er bald geduckt, bald sich verwindend Gruppen miteinander ringender Kämpfer und versuchte, nicht über sich krümmende Leiber auf dem Boden zu stolpern. Dann, als gehorchten sie einem Befehl, den Hem nicht hören konnte, liefen die Soldaten von Dagra von den Hünen weg auf den Ehernen Turm zu, schreiend und heulend. Ein Geräusch gleich dem Kreischen von Stein unter schrecklichen Qualen ertönte solaut, dass Hem glaubte, seine Ohren müssten platzen, lauter als die Soldaten, das anschwellende Geheul des Windes und

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