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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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ein paar schimmlige Datteln - und überlegte, wie er sie einteilen sollte. Es war unmöglich: Irgendwo würde er sich etwas zu essen stehlen müssen. Er verspeiste, was er besaß und starrte dabei missmutig über das Schilf, das in den lauen Winden entlang des Ufers raschelte. Danach überprüfte er seinen Glimmerschleier und schlief wieder ein.
    Irc kehrte bei Einbruch der Nacht zurück. Er hatte ihre unmittelbare Umgebung ausgekundschaftet und sie verwaist vorgefunden. In der Landschaft ringsum hingegen herrschte heller Aufruhr: Sämtliche Straßen wurden von Soldaten blockiert, manche Imank ergeben, andere dem Namenlosen, und Irc hatte mehrere Geplänkel beobachtet. Außerdem hatte er ein paar Unterhaltungen zwischen Untoten belauscht, doch anscheinend wusste niemand, was vor sich ging.
    Aber ich weiß es schon, sagte Irc, wobei er selbstgefällig aussah. Ich weiß mehr als jeder andere.
    Hem, der sich nach dem ausgiebigen Schlaf kräftiger fühlte, lächelte belustigt. Du redest doch nur großspurig, neckte er seinen Freund.
    Irc plusterte entrüstet das Gefieder auf. Ich bin eine Krähe, kein lügender Mensch, gab er ungehalten zurück. Ich denke mir nichts aus. Ich war dort. Ich habe Dinge gesehen, die andere nicht gesehen haben.
    Aber… aber was ?
    Dinge eben. Ich erzähle dir aber nur davon, wenn du nett bist.
    Hem lächelte matt. Ich bin ganznett, erwiderte er. Versprochen.
    Irc schwieg so lange, bis er befand, dass er Hem ausreichend für seine Unverschämtheit bestraft hatte, dann begann er, ihm zu erzählen, was er gesehen hatte.
    Die Schutzzauber und Wachbanne der Mauern Dagras hatte er schlichtweg dadurch überwunden, indem er darüber hinweggeflogen war. Was allerdings, wie er betonte, nicht so einfach gewesen war, wie es sich anhörte: Er musste um die gesamte Stadt herum und in die Berge fliegen, wo die Mauern in den soliden Fels des Osidh Dagra mündeten. Und selbst dort musste er, um die Zauber zu umgehen, so hoch fliegen, dass er kaum noch atmen konnte und sich Eiskristalle auf seinen Federn bildeten.
    Aber letztlich, spät am Nachmittag, hatte er einen Weg in die Stadt gefunden. Aus der Luft konnte er die wachsende Spannung in der Zitadelle beobachten: Alle großen Hauptstraßen begannen, sich mit bewaffneten Soldaten zu füllen, während Handwerker und Sklaven Schutz suchend davoneilten. Der stärker werdende Wind peitschte sie, und neben den Gefahren der Blitze sammelten sich in den höheren Gefilden unsichtbare Wesen, die bewirkten, dass sich Irc das Gefieder sträubte. Deshalb flog er tief über die Dächer von Dagra und fing an, nach Hem zu suchen. Durch die Monate, in denen sie immer wieder in Gedankenberührung gestanden hatten, war Irc in der Lage, Hem jederzeit zu finden, ganz gleich, wo er sich aufhielt. Für ihn war es dasselbe, so erklärte er Hem, wie stets zu wissen, wo sich Norden befand. Hem glich einem Stern im Leitgefüge seines Gehirns. Allerdings war der Stern diesmal durch die einander bekriegenden Hexereien, die sich um die Gebäude der Stadt wanden, erloschen gewesen. Irc hatte schon begonnen, sich zu sorgen, Hem könnte getötet worden sein, und so war er zunehmend beunruhigter von einem Ende Dagras zum anderen geflogen.
    Der Eherne Turm hatte Irc sowohl abgestoßen als auch gebannt. Er zog ihn mit einer schauderhaften Anziehungskraft an. Bei jedem Rundflug über die Dächer der Stadt wagte er sich ein wenig näher heran, bis er schließlich, getrieben von einer unstillbaren Neugier, gleich einer grauen Staubflocke vor der schwarzen Masse des Turms zu dessen unheilvoller Spitze emporflog. Je höher er aufstieg, desto unbehaglicher fühlte er sich; er spürte das Kribbeln mächtiger Schutzzauber und Wachbanne, die mit der Masse des Turms selbst verwoben waren; doch in der zunehmenden Dunkelheit und durch den aufkeimenden Wind war er unbemerkt geblieben.
    In einem Wachturm nahe der Spitze erspähte er ein erhelltes Fenster, und etwas im Inneren bewegte sich - doch in jenem Augenblick hatte er Hems Ruf gespürt. Hem hatte gerade die Kaserne verlassen und irrte mit Nisrah, den er mit gezücktem Schwert vor sich hertrieb, verirrt durch die Straßen von Dagra. Da Irc fürchtete, er könnte einen Wachbann auslösten, entfernte er sich vom Turm, um mit Hem zu sprechen. Bevor die Hexerei ihre Gedankenverbindung wieder abbrechen konnte, vereinbarte er mit dem Jungen, sich am Tor zu treffen.
    Zu jenem Zeitpunkt hatte Irc vorgehabt, geradewegs zum Tor zu fliegen und dort zu warten,

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