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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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ihn zuletzt gesehen hatte. Doch das Bardengespür in ihm nahm auch eine Kraft in Juriken wahr, die er zuvor nicht gezeigt hatte, eine so unerschütterliche Entschlossenheit, dass Hem einen Anflug von Ehrfurcht fühlte. Mit einem Aufflackern von Angst fragte er sich, was Juriken vorhatte.
    Soron kehrte zu dem Sofa zurück, auf dem er gewartet hatte, wandte das Gesicht ab und schaute durch die offene Tür hinaus in die verregnete Dunkelheit. Hem starrte Zelika an, die demütig, mit hängendem Kopf vor ihmstand, das Gesicht unter tropfendem, strähnigem Haar verborgen. Schicksalsergeben wartete sie darauf, dass Hem sie anbrüllte.
    Was er jedoch nicht tat. Als Zelika elend in ihrer nassen Kampfausrüstung vor ihm stand, all ihr Stolz in Scherben zerbrochen, stellte Hem fest, dass seine Wut völlig verraucht war. Eine unbehagliche Stille machte sich breit, während Hem darauf wartete, dass Zelika etwas sagte. Letztlich wurde ihm klar, dass von ihr nichts kommen würde, weil sie sich zu erniedrigt fühlte. Einer Eingebung folgend trat er vor und umarmte sie linkisch.
    »Ich bin froh, dass du zurück bist«, sagte er bärbeißig.
    Zelika nickte. Seinem Blick begegnete sie immer noch nicht, aber sie hielt ihn einen Lidschlag lang fest, ehe sie ihn losließ.
    Sie hat meine Füße gefesselt!, zischte Irc in Hems Ohr. Sie war gemein zu mir! Mag sein, gab Hem zurück. Aber jetzt tut es ihr leid.
    Nun, da Irc nicht mehr dem Regen ausgesetzt war, fühlte er sich weniger versöhnlich. Empört plusterte er das Gefieder auf. Aber etwas in Hems Stimme verriet ihm, dass er nicht streitensollte.
    »Was jetzt?«, fragte Hem unruhig.
    Soron drehte sich um. Seine freundlichen Züge wirkten düster. »Wir warten«, antwortete er. »Zelika sollte sich vielleicht abtrocknen. Sie ist ganz schön nass.« Zelika schüttelte sich und verschwand in die angrenzende Kammer. Irc hopste zu Boden, betrachtete neugierig das Essen, das Hem für ihn zurückgelegt hatte, und schaute fragend auf.
    Nur zu, sagte Hem. Das habe ich für dich aufgehoben.
    Die Krähe begann, sich an dem Essen gütlich zu tun. Hem bedachte indes Soron mit einem eindringlichen Blick.
    »Es war kein Zufall, dass wir uns auf dem Weg hierher begegnet sind, oder?«, fragte er. Soron lächelte matt. »Nein, Hem. So wie jeder andere habe ich Anweisungen.« »Und die Euren lauten, auf mich aufzupassen?«
    »Teilweise.« Soron stand auf und ging zum Tisch, wo ein seit ihrer Mahlzeit noch unberührter Krug Wein stand. »Ich denke, etwas Wein könnte nicht schaden, oder? Nicht so viel, um unsere Sinne zu benebeln, aber genug, um die Zeit zu vertreiben.« Hem schüttelte den Kopf. »Für mich nicht«, sagte er. »Ihr wisst mehr, als Ihr preisgebt, Soron«, stellte er in den Raum.
    »Wenn dem so ist, werde ich dir zu gegebener Zeit erzählen, was du wissen musst.« »Aber vorerst warten wir auf Saliman?«
    »So ist es.«
    Hem schluckte. Es widerstrebte ihm, die nächste Frage zu stellen. »Und - und was ist, wenn Saliman nicht zurückkommt?«
    »Ichbin zuversichtlich, dass er zurückkehren wird.« Soron spielte an seinem Kelch herum. »Ich erwarte ihn in den frühen Morgenstunden nach Mitternacht. Was immer geschieht, bis zum Sonnenaufgang müssen wir von hier verschwunden sein.« »Wie können wir von hier weg?«, fragte Hem ungeduldig.
    »Es gibt Wege«, antwortete Soron. »Dein Zimmer wurde nicht ohne Grund für dich ausgewählt.« Mehr wollte der Barde trotz Hems beharrlicher Fragen nicht preisgeben. Schließlich ließ Hem sich auf einem Sofa nieder und starrte verdrossen in den Regen hinaus. Mittlerweile herrschte draußen völlige Finsternis.
    Weiteres Warten. Er konnte es kaum ertragen.
    Die nächsten paar Stunden verbrachte Hem so angespannt, als kauerte er auf einer Messerschneide. Die Zeit schien sich in ein endloses Band aus Langeweile zu verwandeln. Es war seltsam, dachte er: dieses Gefühl, sich zugleich zu langweilen und zu ängstigen. Der Ernan schien verwaist zu sein. Er vernahm keinerlei Bewegung. Ich vermute, alle sind zu den Schiffen gegangen, dachte er, und vielleicht haben sie die Stadt inzwischen sogar schon verlassen. Womöglich sind wir die einzigen Menschen, die innerhalb der Mauern noch übrig sind. Angestrengt lauschte er auf Anzeichen darauf, was draußen vor sich gehen mochte, doch abgesehen von leisen Explosionsgeräuschen und vereinzeltem Krachen hörte er neben dem steten Prasseln und dem seltenen Läuten der Wasseruhr nichts. Die Abstände zwischen den

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