Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
Vom Netzwerk:
könnte, es jedoch nicht zu versuchen gewagt. Nun fürchtete sie sich noch mehr davor; seit der Schlacht in Inneil mied sie ihre Elementarkräfte und hatte Magie nur zögerlich eingesetzt, selbst einfachste Trugbanne. Aber vielleicht hatte Cadvan recht: Wenn sie eine Wölfin werden konnte, warum nicht auch ein Vogel? Sie grübelte noch eine Weile weiter und erinnerte sich an all die verschiedenen Vogelarten, die sie schon gesehen hatte, dann versuchte sie aus einer Eingebung heraus, sich zu verwandeln. Maerad war neugierig, ob es ihr gelingen würde, und teilweise trieb sie auch der Schalk an: Sie wollte Cadvans Gesichtsausdruck sehen, wenn er plötzlich neben einem Falken säße. In jenen innersten Raum zu sinken, wo all die verschiedenen Formen ihres Selbst von ihr abfielen, und den Punkt zu suchen, an dem eine Verwandlung möglich war, fiel ihr mittlerweile leicht. Diesmal befahl sie sich, statt nach ihrer Wolfsgestalt zu suchen: Sei ein Falke! Zuerst glaubte sie, es sei ihr gelungen: Es folgte ein Augenblick purer Pein, die stets mit der Verwandlung einsetzte, bevor sich ihre neue Gestalt aus dem wandelbaren Selbst verfestigte, das sie geworden war. Diesmal jedoch endeten die Qualen nicht; es war, als würde sie von einer schrecklichen Flamme verzehrt. Sie schrie, besaß jedoch keinen Mund dafür; Schmerzen durchzuckten ihr gesamtes Wesen, und sie konnte nicht einmal um Hilfe rufen. Maerad hatte keine Möglichkeit abzuschätzen, wie lange ihr Elend dauerte, wenngleich es sich wie eine Ewigkeit anfühlte, als würde diese Folter sich endlos fortsetzen. Dann senkte sich eine segensreiche Kühle gleich Sternenlicht über sie, wie Glocken, deren Schlag über eine Schneelandschaft hallte, und das Feuer in ihr ließ nach; die Kühle war ihr Name, Elednor, der sie in ihr bekanntes Selbst verwandelte, und als sie den Namen hörte, besaß sie wieder einen Mund, Augen und Haut. Elednor, wiederholte Cadvan, und diesmal war es nicht die Stimme des Sternenlichts, die unmenschliche Stimme von Magie, sondern seine eigene. Maerad schlug die Augen auf und starrte in die seinen. Er wirkte blass, und die Narbe in seinem Gesicht hob sich deutlich ab, wie immer, wenn er besorgt war. Die Schmerzen waren spurlos und so schnell verschwunden, wie sie über Maerad hergefallen waren, doch der Schreck blieb zurück, und es dauerte eine Weile, bevor sie etwas hervorbrachte.
    Cadvan musterte sie schweigend. Von plötzlicher Verlegenheit erfüllt, wandte Maerad den Blick ab.
    »Was ist geschehen?«, fragte Cadvan schließlich.
    »Ich habe versucht, ein Falke zu werden«, antwortete Maerad. »Es hat nicht geklappt. Ich glaube, ich bin - stecken geblieben.«
    Cadvans Augen verdüsterten sich vor Zorn. »Du hast was?«
    »Ich habe versucht, ein Falke zu werden«, wiederholte sie flüsternd. »Es hat nicht geklappt.«
    Eine kurze, unheilvolle Sülle entstand, während der sich Cadvan abwesend die Haare aus den Augen wischte. Als er das Wort ergriff, tat er es in jenem nüchternen, ebenmäßigen Tonfall, der bei Cadvan blanke Wut verriet. »Willst du damit sagen, dass Maerad von Pellinor, nachdem sie sich wochenlang geweigert hat, auch nur einen Trugbann zu wirken, plötzlich aus einer Laune heraus beschloss, ohne jegliche Vorwarnung eine Verwandlung zu versuchen, an die sie sich noch nie zuvor herangewagt hat? Ich dachte, du hättest im Verlauf des vergangenen Jahres etwas gelernt.«
    »Es war töricht, ich weiß …«
    »Töricht? Das ist eine maßlose Untertreibung. Gefährlich, unbesonnen, dumm … Beim Licht, Maerad, etwas Derartiges würde ich von einem Kind erwarten, aber gerade du solltest besser als jeder andere wissen, dass man Magie dieser Art nicht einfach aus einer Laune heraus einsetzt. Abgesehen davon hast du dir nicht einmal die Mühe gemacht, dich abzuschirmen. Sämtliche Untote, die sich an den erklecklichen Annehmlichkeiten des Hohlen Landes erfreuen, werden jetzt genau wissen, wo du dich befindest.«
    Getroffen von Cadvans Zorn, setzte Maerad sich auf.
    »Ich dachte einfach, ich versuche es«, gab sie verbittert zurück und begegnete seinem Blick. »Wie sonst soll ich herausfinden, wozu ich in der Lage bin? Da habe ich diese wunderbare Gabe, die angeblich die Welt retten soll, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie ich sie einsetzen kann. Ich tappe die ganze Zeit im Dunkeln. Es ist ja nicht so, als könnte es mir jemand beibringen. Was schlägst du vor, Cadvan ? Kannst du mich durch die Magie von Elementaren geleiten,

Weitere Kostenlose Bücher