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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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stocherte im Feuer, auf dass müßig Funken zu ihrem felsigen Dach aufstiegen. »Ich weiß, du hast recht, und wir haben keine Wahl«, sagte sie. »Trotzdem gefällt es mir nicht.«
    Bis der Regen einsetzte, war ihre Reise aus Inneil rasch und ereignislos verlaufen. In gewisser Weise war Maerad froh gewesen, die Schule zu verlassen: Sie konnte sich an ihre neue Berühmtheit einfach nicht gewöhnen und empfand es als angenehm, wieder unerkannt zu sein, abseits von starrenden Augen und auf sie deutenden Fingern. Mittlerweile hatten Cadvan und sie sich sehr daran gewöhnt, miteinander zu reisen, und sie kamen gut voran. Nach den ersten paar Tagen hatten sie den Gau von Inneil verlassen und waren flink die Weststraße entlang geritten, begleitet von den dunklen Bäumen des Wagwalds zu ihrer Rechten. Das Lager schlugen sie stets neben der Straße auf. In der ersten Nacht dachte Maerad, während sie in die Dunkelheit starrte, die sich unter den verschlungenen, uralten Bäumen scharte, an ihre erste Begegnung mit der Elidhu Ardina zurück, die in ebendiesem Wald stattgefunden hatte. Das Lied, das Ardina an jenem Tag gesungen hatte, tauchte in ihrem Gedächtnis auf:
     
    Flüchtig wie ein Stern in der schwindenden Schneise
    Alt wie die verborgene Wurzel der Welt
    Harsch wie das Licht, das das Auge blendet
    Das bin ich, und das bin ich, und das bin ich
     
    Es waren seltsame Worte, über deren Bedeutung Maerad schon oft nachgegrübelt hatte. Sie war überzeugt, dass sie vom Baumlied handelten; gewiss konnte die »verborgene Wurzel der Welt« sich auf nichts anderes beziehen. Und Nelac hatte gemeint, das Baumlied müsse etwas mit der Hohen Sprache zu tun haben, der angeborenen Sprache der Barden, die den Quell ihrer Macht darstellte. Maerad hielt für wahrscheinlich, dass die in der Hohen Sprache enthaltene Magie vom Baumlied selbst stammte.
    Nach dem vergangenen Jahr wähnte sie sich dem Verständnis dessen, was das Baumlied war, ein wenig näher, dennoch blieb es geheimnisvoll und schwer zu bestimmen. So wie Ardinas Lied … Was meinte sie mit »flüchtig wie ein Stern in der schwindenden Schneise«? Bezog sich dies auf die Sternenhaine jenseits der Tore, wo Ardina einst gewandelt war, um ihrem Geliebten, Ardhor, zu folgen? Doch der Stern wurde als »flüchtig« beschrieben; gewiss bezeichnete dies etwas, das nicht von Dauer war, wohingegen die Sternenhaine ewiglich währten und sich nicht veränderten. Es sei denn natürlich, die Sternenhaine waren eine Erfindung der Barden; Maerad wurde bereits nach und nach mit den verschlungenen Vorstellungen der Barden von der Wahrheit vertraut, von der manche meinten, man könnte sie deutlicher durch das Schauglas der Unwahrheit erkennen. Arkan hatte zu ihr gesagt, dass Menschen immer logen… vielleicht war das ein Teil dessen, was er damit gemeint hatte. Andererseits hatte er auch behauptet, dass die Elidhu nicht logen. Und dies war ein Elidhu-Lied.
    Wiederum stellte Maerad fest, dass sie sich im Kreis drehte. Sie seufzte. Ein Teil der Enttäuschung des letzten Jahres hatte daher gerührt, dass sie nie so recht gewusst hatte, wonach sie suchen und was sie tun sollte, wenn sie es gefunden hätte. Und dennoch hing alles von ihr ab. Darüber hinaus besaß sie Kräfte, die sie nicht verstand, und niemand konnte ihr sagen, wie sie diese einsetzen sollte. Diese Kräfte ängstigten nicht nur Maerad selbst, sondern auch alle um sie herum, sogar ihre Freunde. Sie glich einem Ungeheuer. Das hatte der Winterkönig damit gemeint, als er, nachdem sie den Landrost besiegt hatte, zu ihr sagte, er wüsste nicht, was sie sei. Allerdings hatte Maerad nie um diese Fähigkeiten gebeten, und hätte sie die Wahl gehabt, hätte sie sich ihnen verweigert. Es war nicht gerecht. Verdrossen starrte sie in die Tiefen des Wagwalds, fragte sich, ob Ardina in der Nähe war, und überlegte, ob auch die Elidhu sie fürchteten. Manchmal schien ihr Ardina das einzige Lebewesen zu sein, das sie verstand. Sollte selbst Ardina sie fürchten, würde Maerad sich wahrhaftig allein fühlen.
    Diesmal bogen sie nicht in den Wagwald, sondern blieben auf der Bardenstraße, da sie so rasch wie möglich in Richtung Til Amon vorankommen wollten. Nachdem sie den Gau verlassen hatten, hielten sie wachsam Ausschau nach Banditen oder Trupps marodierender Soldaten, die Gerüchten zufolge durch Annar streiften. Das einzige Anzeichen von Ärger jedoch war, wie Cadvan bemerkte, dass die Straße völlig verwaist dalag. Ihm zufolge

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