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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Wort. »Hekibel hat ganz recht. Es war nicht so, wie es sein sollte. Ich glaube, das Baumlied hat versucht, sich zusammenzufügen, aber es hat etwas gefehlt, und es hat nicht geklappt…«
    Verdutzt hielt Saliman inne, und bevor er etwas erwidern konnte, lächelte Maerad müde und streckte die Hand aus. »Ich denke, wir sollten uns erst mal begrüßen«, meinte sie. »Es ist schön, dich zu sehen.«
    Der Zorn verschwand aus Salimans Zügen, und er lächelte zurück und umarmte sie. »Ich freue mich auch, Maerad. So seltsam die Umstände auch sein mögen.« Im Gegensatz zu Hem, der keine Anzeichen von Macht mehr zeigte, wies Maerads Haut ein Nachglühen der merkwürdigen goldenen Helligkeit auf, die sie durchlodert hatte. Feine Lichtwellen flössen durch ihre Adern, und ihre Augen standen noch immer in Flammen. Mit vor Sorge düsterer Miene musterte Cadvan sie, dann kauerte er sich neben ihr hin.
    »Was sollte denn geschehen?«, fragte er.
    Maerad senkte das Haupt, ohne zu antworten.
    »Ich weiß es nicht«, gab Hem schließlich an ihrer statt zurück.
    »Ich meine, wir wussten, was wir zu tun hatten, doch dann war es -na ja, als würden wir feststecken.«
    Schweigen trat ein. »Tja«, meinte Saliman nach einer Weile. »Ich wünschte, wir hätten eine Möglichkeit, dieses Geheimnis zu ergründen …«
    Plötzlich verstummte er; seine Nasenflügel blähten sich, und er drehte jäh den Kopf, um hinter sich zu blicken, ehe er plötzlich erstarrte, als sei er aus Stein gemeißelt. Ein Erstarrungsbann, dachte Maerad und fluchte innerlich. Sie sah ihre Freunde an, die allesamt mitten in ihren jeweiligen Gesten verharrten: Cadvan stand mit einem halb geformten Ausdruck der Wut auf den Lippen da; Hem streckte mit vor Verwirrung gerunzelter Stirn die Hand nach Saliman aus; Hekibel war gerade dabei, sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht zu wischen. Untote, dachte Maerad. Angesichts der sich überschlagenden Ereignisse der vergangenen paar Augenblicke - und mehr Zeit war nicht verstrichen - war ihnen die Bedrohung durch die Untoten entfallen. Dennoch hatten sie alle gewusst, dass sich Untote in der Nähe aufhielten. Nun, da der seltsame Zauber des Baumlieds nicht mehr all ihre Sinne ausfüllte, konnte Maerad ihre kalte, bösartige Gegenwart spüren.
    Es waren viele; vielleicht ein Dutzend, vielleicht mehr. Deutlich mehr, als sie zuvor vermutet hatte, als sie nur ihre verschwommenen Schatten gespürt hatte, die auf ihren Geist drückten. Zu dem Zeitpunkt hatte sie mit drei, vielleicht vier gerechnet. Sie mussten mächtige Schilde eingesetzt haben; da die Hexerei der Untoten das Gleichgewicht störte, war es für einen Untoten erheblich schwieriger, seine Macht abzuschirmen, als für einen Barden. Irgendwie war es diesen Untoten gelungen, alle außer Maerad mit einem Bann zu belegen, durch Cadvans Banne und Wälle hindurch. Und Cadvan hatte zweifellos sehr starke, verschlungene Zauber angefertigt, die nicht einfach aufzuheben oder zu umgehen sein würden. Was bedeutete, dachte Maerad, dass sich unter den Untoten mächtige Hexer befanden.
    Maerad schloss die Augen und wünschte, ihr Körper würde zu zittern aufhören. Nach den Tagen der Untätigkeit schienen nun die Ereignisse nicht enden zu wollen. Langsam raffte sie sich auf und blickte nach Westen, den Hang hinab, auf dem sie noch kurz zuvor Hem, Saliman und Hekibel beobachtet hatte.
    Die Untoten waren von Hexerei verhüllt, dennoch konnte Maerad sie so deutlich wahrnehmen, als sähe sie ihre Gestalten mit den Augen. Die Sonne war mittlerweile untergegangen; ihre letzten Strahlen fluteten noch orangefarben über den Horizont. Der abendliche Himmel wölbte sich riesig und leuchtend über das verwaiste Land, das sich von ihren Füßen an in üppigen Purpurtönen erstreckte, und über ihr begannen bereits die ersten Sterne aufzutauchen. Maerad blickte über das sich verdunkelnde Land vor ihr und erkannte zum ersten Mal dessen einsame Schönheit.
    Die Untoten kamen in einer Linie auf sie zugeritten, einer neben dem anderen, und sie erschienen Maerad nicht wie Finsternis, nicht wie Licht, sondern wie das Fehlen von beidem. Sie glichen einer Leere, die über die unschuldige Erde hinweg auf sie zuhielt - völlig anders als das grauenhafte Nichts, dem sie begegnet war, als sie gegen den Landrost gekämpft hatte, eine böswillige, bewusste Namenlosigkeit. Eine gewaltige Verachtung stieg in ihr auf. Der Landrost war trotz all seiner gewalttätigen Absicht eine Macht gewesen,

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