Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
Vom Netzwerk:
hindurch wie eine kalte Flamme, bald in den endlosen Orange-und rötlichen Brauntönen von Herbstlaub, bald dunkel wie Honig, bald hell und üppig wie Gold oder Rubine.
    Während sie hinsahen, lösten Bruder und Schwester die Hände voneinander. Maerad hielte ihre Leier bereit, um über die Saiten zu streichen, Hem bückte sich bedächtig und schlug die Stimmgabel an einem Stein an.
    Die Stimmgabel begann mit einem neuen Ton zu schwingen, der für alle Ohren hörbar war, nicht nur für jene, die empfänglich für Magie waren. Anfangs war es ein leiser Ton wie der Nachhall einer melodiösen Glocke, doch statt zu verhallen, schwoll er allmählich an. Bald war er so laut, dass er alles andere übertönte. Hekibel legte die Hände auf die Ohren, und die Pferde bäumten sich auf, rissen ihr die Zügel aus der Hand und ergriffen die Flucht. Irc stieß ein raues Krächzen aus und flog in den Himmel.
    Was machen sie?, fragte Saliman in Cadvans Geist. Mittlerweile war das Geräusch so laut, dass er die eigene Stimme kaum zu hören vermocht hätte, wenn er Cadvan ins Ohr gebrüllt hätte.
    Ich wünschte, ich wüsste es, antwortete Cadvan. Ich fürchte, wir können jetzt nur noch beobachten und hoffen …
    Als es bereits schien, die Steine müssten zerspringen, wenn das Geräusch noch eindringlicher würde, hörte es auf, lauter zu werden. Die Stimmgabel schwang mit ihrem Ton weiter, einem steten, zermürbenden Ton, bis die drei Beobachter glaubten, sie würden wahnsinnig, wenn das Geräusch noch viel länger andauerte. Und dennoch ertönte es unerträglich weiter und ließ keine Anzeichen erkennen, enden zu wollen.
    Hem und Maerad standen so still, dass sie nicht zu atmen schienen: Es war, als wären sie in dem Zauber gefangen und befänden sich wie in Bernstein eingeschlossene Fliegen außerhalb der Zeit. Hekibel starrte sie mit bleichem Antlitz an, die Hände nach wie vor über den Ohren. Sie brüllte Saliman etwas zu, doch er schüttelte den Kopf, konnte nicht verstehen, was sie sagte. Hekibel brachte den Mund dicht an sein Ohr. »Irgendetwas stimmt nicht!«, schrie sie. »Was hier geschieht, ist nicht richtig!«
    Überrascht sah Saliman sie an, dann entwand sich Hekibel ohne Vorwarnung seinem Griff, als er versuchte, sie aufzuhalten, und rannte zu Hem. Sie riss ihm die Stimmgabel aus der Hand, umklammerte sie mit der Faust, um ihre Schwingungen aufzuhalten, und begann, Hem zu schütteln und ihn wild anzuschreien, er möge aufwachen. Saliman und Cadvan starrten entsetzt hin: Zu den ersten Dingen, die man Barden beibrachte, gehörten die Gefahren, die damit einhergingen, einen im Entstehen begriffenen Zauber zu unterbrechen. Kaum hatte Hekibel die Stimmgabel aus Hems Hand genommen, verstummte das Geräusch jäh. Die plötzliche Stille war erschreckend und zugleich eine unaussprechliche Erleichterung. Hem und Maerad rührten sich und sahen sich verwirrt um, als wären sie aus einem tiefen Schlaf geweckt worden; dann zuckte ein Ausdruck blanker Wut über Hems Gesicht, und er stürzte in dem Versuch auf Hekibel zu, sich die Stimmgabel zurückzuholen. Sie sprang zurück und hielt sie weg, sodass er sie nicht erreichen konnte.
    »Es war falsch, Hem«, sagte Hekibel mit ruhiger Stimme, die Augen auf Hem geheftet. »Irgendetwas war falsch.«
    »Woher weißt du das?«, wollte Maerad wissen. Sie zitterte wieder, heftiger als zuvor, und als sie sprach, knickten die Beine unter ihr ein, und sie sackte zu Boden. Hem bückte sich, um ihr aufzuhelfen, und sie drückte dankbar seine Arme, unternahm jedoch keinen Versuch, aufzustehen. Immer noch umklammerte sie ihre Leier, aber das Licht war daraus entschwunden, wodurch sie nun wie ein gewöhnliches Holzinstrument erschien. »Woher weißt du, dass etwas falsch war?« »Keine Ahnung«, erwiderte Hekibel zittrig. Sie hielt die Stimmgabel mit den Fingerspitzen und betrachtete sie, als könnte sie nicht recht glauben, was sie soeben getan hatte. »Es hat sich einfach … nicht richtig angefühlt.« Abermals blickte sie auf die Stimmgabel und gab sie dann Hem zurück. Er ergriff sie, stülpte sich die daran befestigte Kette über den Kopf und verbarg sie unter seinen Kleidern.
    All das geschah sehr schnell und in der kurzen Zeit, die Saliman und Cadvan brauchten, um sich zu ihnen zu gesellen. Saliman zeigte sich wutentbrannt. »Hekibel«, stieß er mit frostiger Stimme hervor. »Du darfst so etwas nie mit einem Barden machen. Niemals. Hast du verstanden?«
    »Nein«, ergriff Maerad matt das

Weitere Kostenlose Bücher