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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Gesetz der Zunft – noch zu dieser Stunde den Schuldturm verlassen konnte. Der Schultheiß klapperte mit seinem dicken Schlüsselbund, und Meister Schulte konnte wieder in seine Werkstatt zurückkehren.
    «Ich danke Euch von ganzem Herzen, Meisterin Schieren», sagte er ein ums andere Mal. «Ewig stehe ich in Eurer Schuld.»
    «Ihr wisst, dass meine Großherzigkeit seinen Preis hat, Meister Schulte», erwiderte Sibylla. «Ihr seid mir nicht zu Dank verpflichtet.»
    «Gewiss, gewiss. Ich habe die Abmachung verstanden. Ihr habt meine Schulden bezahlt und mich aus dem Turm befreit. Dafür gehört die Werkstatt jetzt Euch, und ich erledige ausschließlich Eure Aufträge. Ich behalte meinen Meistertitel, das Wohnrecht, und Ihr zahlt mir jede Woche einen Gulden Lohn, von dem meine Kinder und ich gut leben können. Eure Stieftochter Susanne nehme ich im Sommer als Lehrmädchen für einen Viertelgulden pro Monat ins Haus und verheirate sie zu ihrem 16. Geburtstag mit meinem Sohn, der die Werkstatt dann statt meiner führen soll.»
    «Richtig, Meister Schulte. Jetzt unterschreibt mir das Blatt, in dem unsere Abmachung festgehalten ist. Und zu niemandem ein Wort! Ich möchte nicht, dass unser kleines Geschäft bekannt wird. Die Regeln der Zunft sind eindeutig und besagen, dass nur derjenige eine eigene Werkstatt führen darf, der im Besitz einer solchen ist, über Meisterbrief und Bürgerrecht verfügt. Erfährt man, dass die Werkstatt mir gehört, so verliert Ihr sowohl die Meisterwürde als auch das Stadtrecht. Also sprecht mit niemandem darüber. Spätestens nach der Hochzeit unserer Kinder wird sich alles von allein regeln. Die Zunftordnung ist dann wiederhergestellt, und Ihr seid sorgenfrei bis an Euer Lebensende.»
    Meister Schulte nickte ergeben, aber glücklich, ließ sich von Sibylla die Feder reichen und setzte seine Unterschrift unter den Vertrag. Doch bevor er unterschrieb, sah er Sibylla noch einmal an: «Ihr seid eine tüchtige Geschäftsfrau. Doch großherzig seid Ihr obendrein. Froh bin ich, die Werkstatt los zu sein und nicht mehr jeden Tag Angst haben zu müssen, dass die Gläubiger mir die Tür einrennen. Gerne arbeite ich für Euch, denn Ihr seid gerecht und zahlt einen angemessenen Lohn für ordentliche Arbeit.»
    «Ein gutes Geschäft ist es, wenn alle Beteiligten zufrieden sind», erwiderte Sibylla und beobachtete, wie Meister Schulte in ungelenker Schrift seinen Namen unter den Vertrag setzte.
    Sibylla nahm ihm das Blatt aus der Hand, blies es trocken, faltete es und steckte es ordentlich in ihre Rocktasche.
    «Ihr beginnt am besten sofort mit der Arbeit», bestimmte Sibylla und erklärte Meister Schulte, wie er das Kleid der Ratsherrin anfertigen sollte.
    «Den Stoff lass ich von meinem Lehrbuben bringen», sagte sie zum Abschied. «Und wenn die Willmerin zur Anprobe kommt, so werdet Ihr in meinem Hause sein und sehen, dass alles seine Richtigkeit hat.»
    Sie legte noch einen kleinen Beutel mit Geld auf den Tisch, damit Meister Schulte sich mit allem Nötigen versorgen konnte, versprach sogar, ihm Barbara für einen Tag zu schicken, dann verließ sie das Haus.
    Auf der Gasse hatte sie Mühe, nicht übermütig wie ein Kind zu hüpfen. Eine eigene Schneiderwerkstatt besitze ich, dachte sie glücklich. Eine Kürschnerei, eine Einrichterei und eine Schneiderei samt den dazugehörigen Häusern gehören mir.
    Für einen Moment vergaß sie vor lauter Glück sogar Isaak Kopper. Noch immer ging es ihr nicht darum, Geld zu scheffeln. Sie wollte unabhängig sein, unabhängig von allem und jedem. Und sie wollte die wahre Wöhlertochter übertrumpfen. Aber ging das überhaupt? Woher wollte Sibylla wissen, was die Wöhlertocher an ihrer Stelle getan, wie weit sie es gebracht hätte? Mit dem Verstand ließ sich diese Frage nicht beantworten, sosehr es sich Sibylla auch wünschte. Und solange ihr die Wöhlertochter noch im Traum erschien und Sibylla sich vor jeder Krähe fürchtete, so lange würde sie gegen den Schatten der Anderen kämpfen müssen. Erst wenn sie diese vertrieben hatte, würde sie Ruhe finden.
     
    Zwei Wochen später herrschte in der ganzen Stadt Fastnachtsstimmung. Sämtliche Frankfurter waren auf den Beinen, zogen verkleidet, singend und lärmend durch die Gassen, tanzten in den Wirtshäusern, Schankstuben, auf Plätzen und in den schmalen Straßen. Die Zünfte hatten ihre Häuser geöffnet und Bier oder Apfelwein gestiftet. An den großen Tischen ging es hoch her, doch die begehrtesten Feste

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