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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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fanden in den Häusern der Patrizier statt. Ein jeder, der auf sich hielt, veranstaltete einen Fastnachtsball. Auch Sibylla und ihr Mann Wolfgang Schieren waren zum Ball beim Ratsherrn Willmer geladen.
    Schieren bestand zu diesem Anlass auf einem neuen Rock und einem bunten Wams, und Sibylla gab die Sachen bei Meister Schulte in Auftrag. Sie selbst hatte sich ein Kleid im griechischen Stil entworfen, das zwar ganz anders war als das der Willmerin, jedoch unmissverständlich anzeigte, dass eine neue Modewelle angebrochen war.
    Sibyllas Kleid bestand aus mehreren Stoffbahnen, die eng um den Körper geschlungen wurden und ihre weibliche Figur durch die strenge Verhüllung betonten. Sie hatte einen schwarzen Stoff gewählt und die einzelnen Bahnen an den Rändern weiß eingefasst. Eine gewagte Zusammenstellung, die es in Frankfurt so bisher noch nicht gegeben hatte. Schwarz, Weiß, Grau und Braun, das waren die Farben der Armen, die Farben der Wäscherinnen, Bettler, Besenbinder und Abortkehrer. Doch Sibyllas Ruf war inzwischen so gefestigt, dass sie es wagen konnte, ebendiese Farben zu tragen und in ihnen keineswegs ärmlich zu wirken, sondern von solcher Vornehmheit, dass den anderen Weibern vor Staunen die Mäuler offen standen.
    Doch nicht die anderen Frauen wollte Sibylla beeindrucken. Sie hatte sich besonders viel Mühe mit ihrer Verkleidung gegeben, weil sie hoffte, Isaak Kopper zu begegnen. Einmal noch wollte sie ihn als unverheirateten Mann sehen, sich einmal noch in seiner Bewunderung sonnen.
    Sie eilte durch die festlich geschmückten und hell erleuchteten Räume des Willmerschen Hauses, begrüßte hier einen Bekannten, machte dort ein Kompliment und freute sich, wenn ihr Kleid oder die prächtige Ausgestaltung des großen Esszimmers bewundert wurden. Doch ihre Augen suchten immer nur nach Isaak Kopper. Schieren hatte sie schon lange verloren, doch das machte nichts. Sie wusste, dass sie ihn immer beim großen Branntweinfass wiederfinden würde.
    Wolfgang Schieren war in der Tat in der Nähe des Branntweinfasses. Er war zufrieden. Vor wenigen Tagen erst hatten der Rat der Stadt und die Kürschnerzunft ihn zum Gesandten Frankfurts gemacht und beauftragt, neue Pelze zu finden, um Frankfurt als Dreh- und Angelpunkt der Rauchwarenherstellung für auswärtige Kürschner, Pelzhändler und Gerber noch interessanter zu machen. Gleich nach der Fastenmesse würde er mit einer Kolonne Mainzer Kaufleute in die östlichen Länder aufbrechen. Dass seine Frau keine Betrübnis über seine Abwesenheit gezeigt hatte, die sich über viele Monate, vielleicht sogar ein ganzes Jahr erstrecken würde, verwunderte ihn nicht. Auch er war froh, Sibylla zu entkommen. Sibylla, die sich weigerte, das Bett mit ihm zu teilen und auch ansonsten keiner seiner Anweisungen gehorchte. Und doch würde er ihr noch eine Lehre erteilen, bevor er aufbrach. Eine Lehre, die sie nicht so schnell vergessen und die ihr zeigen würde, wie wichtig ein Mann im Hause war.
    Sibylla ahnte nichts davon. Die Unterredung ihres Mannes mit dem geheimnisvollen Thomas hatte sie schon längst vergessen. Sie war immer noch auf der Suche nach Isaak.
    «Habt Ihr Euern Mann verloren?», fragte die Willmerin, die mit der Wirkung ihres grausamtenen Kleides im griechischen Stil sehr zufrieden war.
    «Nein», Sibylla lächelte die Ratsherrin betont freundlich an. «Ich betrachte die Kleider der hohen Damen.»
    «Oh, das ist gut», scherzte die Willmerin. «Ihr sehr nur die Kleidung der anderen, und es fällt Euch gar nicht auf, wie ausgiebig Ihr selbst gemustert werdet. Die Rorbacherin hat schon nach dem Namen meines Schneiders gefragt und als ich ihr den Euren nannte, da bekam sie glänzende Augen. Auch die Frau von Melem hat sich nach Eurer Adresse erkundigt.»
    Die Willmerin blickte Sibylla an und zog wieder einen Schmollmund. «Nun», sagte sie. «Ich hoffe doch, dass Ihr mich bevorzugt behandelt. Schließlich habe ich Euer Kleid bekannt gemacht.»
    «Macht Euch keine Sorgen, Ratsherrin», versicherte ihr Sibylla ausgesprochen freundlich. «Ihr gehört zu meinen liebsten Kundinnen.»
    «Das will ich wohl hoffen», nickte die Ratsherrin. «Doch sagt, werdet Ihr auch das Hochzeitskleid für die zukünftige Kopperin machen?»
    Wieder verspürte Sibylla einen Stich, als der Name Kopper fiel. Sie richtete sich kerzengerade auf und antwortete sehr ruhig: «Gerne würde ich der baldigen Gemahlin unseres verehrten Arztes ein Kleid anfertigen. Doch bisher wurde mir die Dame noch

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