Die Pelzhändlerin (1. Teil)
um die schönen Möbel und um das freundliche Zimmer, welches Schieren schon nach wenigen Tagen in einen stinkenden, niemals gelüfteten Schweinestall verwandelt hatte.
Doch jetzt war Januar, die Fastnachtsfeiern wurden überall mit großem Pomp vorbereitet. Sibylla hatte der Willmerin zugesichert, dass ihr Wohnraum schon sehr bald fertig sein würde, und die Wochen bis zu Schierens Abreise konnte sie an einer Hand abzählen.
Trotzdem fand Sibylla nachts nur schwer Schlaf. Sie hatte schreckliche Angst. Schierens Argwohn, seine ständige Überwachung, das Stöbern in allen Laden und Truhen versetzten Sibylla in Schrecken. Immer wieder sagte sie sich, dass es unmöglich war, hinter ihr Geheimnis zu kommen, doch die Furcht blieb.
Wenn Sibylla vor die Haustür trat, richtete sie zuerst ihren Blick zum Himmel hinauf und ging erst auf die Gasse, wenn in ihrer Umgebung keine Krähen zu sehen waren. Abends erschrak sie vor den Schatten, die die Wachslichter am Abend warfen, und – sie träumte wieder von der Wöhlertochter. Stumm sah das Mädchen sie an. In ihrem Blick lagen Traurigkeit und Verzweiflung. Du hast es nicht geschafft, falsche Sibylla, schien sie sagen zu wollen. Bist mir nicht entkommen, wirst es nie können. Ich folge dir, wo immer du bist.
Kapitel 15
Ich will aber ein Kleid aus dunkelblauem Samt! Ein Kleid, wie die Medici-Frauen es tragen und das obendrein zu meinem Esszimmer passt. Theilerin, wenn Ihr mir solch ein Kleid macht, dann – ich schwöre es – lasse ich auch in Zukunft bei Euch schneidern.»
Die Willmerin verzog die Lippen zu einem Schmollmund und klapperte albern mit den Lidern. Sie näherte sich schon dem vierten Lebensjahrzehnt, und an ihrer Haut waren die Jahre nicht spurlos vorbeigegangen. Doch Sibylla gegenüber benahm sie sich wie ein verzogenes Gör.
Sibylla seufzte. Sie war froh, dass ihre Arbeit im Hause des Ratsherrn ihrem Ende entgegenging. Seit Tagen hatte sich die Willmerin wie ein Schatten an Sibylla geheftet und war dort, wo sie war.
«Meint Ihr nicht auch, dass auf jedes Fensterbrett drei Leuchter passen würden anstatt nur zwei?», hatte sie gefragt und zu Sibyllas Erklärungen, dass drei Leuchter die Ausgewogenheit stören würden, nur matt gelächelt.
«Ich will kein ausgewogenes Zimmer, ich will einen prächtigen Raum.»
«Dann solltet Ihr wissen, dass Pracht Raum braucht, um sich zu entfalten. In einem überladenen Zimmer kommen die kostbaren Einzelstücke gar nicht zur Geltung.»
Und um der Willmerin zu beweisen, dass dem so war, hatte Sibylla die wertvolle Kristallschale aus Murano einmal zwischen zwei Blumengestecke gestellt und einmal allein wirken lassen.
«Aber die Mitte des Raumens wirkt so kahl», hatte sich die Willmerin daraufhin beklagt.
«Betont man die Ecken eines Zimmers, so wirkt es größer. Setzt man den Blickpunkt in die Mitte, so scheint es kleiner», hatte Sibylla erklärt, was Lucia, die Florentiner Freundin, ihr einst beigebracht hatte.
«Trotzdem!», hatte die Willmerin beharrt, hatte sogar mit dem Fuß aufgestampft und hatte nicht eher Ruhe gegeben, als bis Sibylla auch die Mitte des Raumes so dezent wie möglich geschmückt hatte.
Und jetzt wollte sie ein Kleid. Ein Kleid aus dunkelblauem Samt wie die Tischläufer und die bestickten Kissen.
Sie wird darin aussehen wie ein Tischtuch auf Beinen, dachte Sibylla gequält, aber sie wird sich nicht davon abhalten lassen.
«Ich bin keine Schneiderin, Ratsherrin. Kürschnerin bin ich und Inneneinrichterin.»
«Ach was.» Die Willmerin machte eine wegwerfende Handbewegung. «Ihr könnt alles, wenn Ihr nur wollt. Und ich habe den Eindruck, Ihr wollt nicht.»
Der letzte Satz hatte einen drohenden Unterton. Sibylla verstand. Sie musste sich nach den Wünschen der Willmerin richten, oder diese würde dafür sorgen, dass Sibyllas Ruf Schaden litt. Hatte sich denn die ganze Welt gegen sie verschworen?
Sibylla überlegte. Machte sie der Ratsherrin ein Kleid, das so gar nicht passen würde, so würde ihr Ruf ebenfalls leiden. Die einzige Möglichkeit war, die Willmerin von einem anderen Modell zu überzeugen. Einem, das die Speckringe, die sie um die Hüften trug, verbarg und ihre wenigen Vorzüge gut zur Geltung brachte.
«Die Fastnacht steht vor der Tür, Ratsherrin. In Florenz trägt man in diesem Jahr Kostüme wie im alten Griechenland. Ich habe Zeichnungen davon gesehen. Sie schmeicheln der Figur, machen die Trägerin jung und begehrenswert. Wäre solch ein Kleid nicht das Richtige für
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