Die Pelzhändlerin (1. Teil)
nicht vorgestellt.»
Die Ratsherrin nahm Sibyllas Arm. «Dann werde ich Euch miteinander bekannt machen.»
Sie führte Sibylla in einen kleinen Salon, in dem einige Damen in bequemen Lehnstühlen saßen und plauderten, während die Herren in einer anderen Ecke beieinander saßen und sich den rheinhessischen Traubenbrand schmecken ließen.
Kaum hatte Sibylla den Raum betreten, als sie auch schon Isaak Kopper sah. Auch er hatte ihr Erscheinen sofort bemerkt. Bewunderung lag in seinem Blick, und eine große Traurigkeit. Er nickte ihr ehrerbietig zu, doch dann wandte er sich wieder dem Stadtkämmerer zu und setzte sein Gespräch fort.
Dunkle Wolken legten sich auf Sibyllas Gemüt. Auf einmal kam ihr die ganze Fastnachtsstimmung falsch vor. Sie freute sich nicht mehr an den Lichtern und der ausgelassenen Stimmung, hatte keinen Blick mehr für die erlesenen Speisen auf den Tafeln. Sie sah nur Isaak Kopper, der sich von ihr abgewandt und ihr sogar den Rücken gekehrt hatte.
«Kommt, Meisterin Schieren. Ich möchte Euch Isabell Wohlgemuth vorstellen, Koppers Zukünftige. Sie ist die Tochter des städtischen Arztes. Kürzlich erst ist er zum Professor ernannt worden und unterrichtet nun die Frankfurter Studenten gemeinsam mit Kopper in der Medizin.»
Isabell war aufgestanden und reichte Sibylla höflich die Hand. Hübsch ist sie nicht gerade, dachte Sibylla und betrachtete mit bemühter Freundlichkeit das runde, gutmütige Gesicht und die langen Haare, die von einer unbestimmbaren Farbe waren und Isabell schmucklos bis über die Schultern fielen.
«Ich freue mich sehr, Eure Bekanntschaft zu machen», sagte Isabell und entblößte dabei zwei Reihen strahlend weißer Zähne, die ihrem Aussehen zusammen mit der leichten Wangenröte einen frischen und unschuldigen Ausdruck gaben.
Sibylla drückte die Hand der jungen Frau und wollte eben etwas erwidern, als Isaak Kopper plötzlich hinter Isabell auftauchte und seine Hand auf deren Schulter legte.
«Wie schön, Euch zu sehen, Meisterin Schieren», sagte er und seine Blicke brannten tiefe Wunden in Sibyllas Seele.
Die Willmerin, die noch nicht genug Lob für ihr Gewand eingeheimst hatte, mischte sich ein: «Wie findet Ihr das Kleid, Doktor Kopper? In Weiß wäre es doch das Richtige für Eure Braut? Meisterin Schieren hat es genäht, und ich bin sicher, sie wird auch Euch gerne zu Diensten sein.»
Isabell lächelte und lobte – wie es von ihr erwartet wurde – das Griechenkleid in den höchsten Tönen.
«Habt Ihr Euer Geschäft erweitert? Näht Ihr nun auch Gewänder?», fragte Kopper scheinbar gleichgültig. Doch seine Augen sprachen eine andere Sprache. «Hast du mich deshalb zurückgewiesen?», fragte sein Blick. «Hast du meine Liebe gegen eine Gewandschneiderei eingetauscht?»
Sibylla schlug die Augen nieder. Wie sollte sie ihm mit Blicken erklären, was ihr schon mit Worten nicht möglich war?
«Ja, ich entwerfe nun auch Gewänder. Meister Schulte näht sie in meinem Auftrag. Wenn Eure Braut möchte, so kann ich ihr gern bei der Auswahl ihrer Garderobe behiflich sein.»
Sibylla hatte diese Worte an Kopper gerichtet. Auch Isabell sah ihren zukünftigen Gatten erwartungsvoll an. In ihren Augen lag Zustimmung, doch der Brauch verlangte es, dass der Bräutigam das Kleid bezahlte und deswegen auch bei der Wahl des Stoffes und der Werkstatt ein Mitsprachrecht hatte. Kopper räusperte sich, dann antwortete er: «Ich bewundere Euern guten Geschmack, Meisterin Schieren. Doch ich glaube nicht, dass er dem Wesen meiner Braut entspricht. Wir werden das Hochzeitskleid aus Florenz kommen lassen. Eine gute Freundin, Ihr kennt sie, Meisterin, wird Isabells Kleid fertigen.»
Sibylla wich bei diesen Worten zurück, als hätte ihr jemand einen Eimer mit kaltem Wasser über den Kopf gegossen. Wenn sie bis vor wenigen Minuten der Meinung gewesen war, dass auch Isaak Kopper noch etwas für sie empfand, so war diese herbe Zurückweisung doch eindeutig. Verletzt sah sie ihn an. Wie kann ich bei dir nähen lassen, da du mich doch um deines Geschäfts willen zurückgestoßen hast?, fragten seine Augen.
Mühsam rang sich Sibylla ein Lächeln ab. «Nun, Doktor Kopper», sagte sie überaus freundlich. «Ich werde nicht Gleiches mit Gleichem vergelten und weiterhin nach Euch schicken lassen, wenn es in unserem Hause Arbeit für einen hervorragenden Arzt gibt.»
Isabell, die nicht verstand, warum Kopper Sibylla eine Abfuhr erteilt hatte, legte der jungen Pelzhändlerin leicht eine Hand
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