Die Pelzhändlerin (1. Teil)
drängte sich hart zwischen ihre Schenkel, drückte sie auseinander. Schon befingerte er grob ihren Schoß, hörte nicht auf ihr Bitten und Flehen. Mit einer Hand drückte er Hals und Kopf brutal gegen die Hauswand, sodass Sibylla sich nicht rühren konnte.
Der kalte Februarwind strich über ihren entblößten Körper. Sibylla hörte das Klappern ihrer eigenen Zähne und wusste, dass es nicht nur von der Kälte kam. Die Angst hatte sich wie ein dunkler Schleier über ihren Verstand gelegt und alle Gedanken zum Erliegen gebracht.
«Bitte nicht», flehte sie. «Bitte lasst mich!»
Doch der als Krähe kostümierte Fremde lachte nur roh.
«Hast mein Bitten damals auch nicht erhört. Warum soll ich jetzt barmherzig sein?»
Der Druck auf Sibyllas Hals wurde stärker. Sie rang mühsam nach Luft, doch das Atmen fiel ihr schwer. Plötzlich sah sie alles nur noch wie durch eine Nebelwand. Alles schien weit, ganz weit weg zu sein. Nur aus der Ferne hörte sie ein Rufen, der Griff um ihren Hals lockerte sich. Der Fremde lachte meckernd, riss sich die Maske vom Gesicht. Sein Gesicht näherte sich dem ihrem, und eine Erinnerung überflutete ihr Gedächtnis. Dann hörte und sah sie nichts mehr, spürte die Kälte nicht mehr …
«Sibylla! Sibylla!»
Sie spürte, wie jemand auf ihre Wangen schlug und ihr ein Tuch mit wohlriechenden Essenzen unter die Nase hielt. Mühsam schlug sie die Augen auf.
Ein Gesicht beugte sich über sie, doch sie erkannte es nicht. Ganz langsam nur wurde ihr klar, dass es Isaak Kopper war. Schlagartig kehrte die Erinnerung und mit ihr das Zittern und Zähneklappern zurück.
«Ist er weg?», fragte Sibylla angstvoll und mit schmerzender Kehle. Kopper nickte: «Ja, du kannst ganz ruhig sein. Er ist weg.»
Er zog seine Schaube aus, hüllte Sibylla darin ein und strich ihr beruhigend über die Wange.
«Hat er … konnte er …?», stammelte sie angstvoll.
«Nein, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Als ich die Gasse betrat und laut rief, hat er dich losgelassen und ist in die andere Richtung geflohen. Weißt du, wer es war?»
Sibylla versuchte sich zu fassen. «Ich habe für einen Moment sein Gesicht gesehen. Ich habe ihn erkannt, wusste, wer es ist. Doch jetzt ist die Erinnerung weg.»
«Sie kommt wieder», tröstete Kopper und wiegte Sibylla, der Tränen über die bleichen Wangen liefen, in seinen Armen.
Er fasste nach ihren Händen, um ihr aufzuhelfen, doch Sibylla schrie vor Schmerz laut auf. Kopper betastete vorsichtig die Gelenke.
«Es ist nichts gebrochen», stellte er fest. «Kalte Essigumschläge soll man dir machen.»
Sibylla stöhnte, rappelte sich mühsam mit Koppers Hilfe auf und lehnte sich für einen Augenblick an ihn, um nicht zu schwanken. Sein Geruch drang in ihre Nase und beruhigte sie. Sicher und geborgen fühlte sie sich. Er war da, war bei ihr, und sie musste keine Angst mehr haben.
«Wie bist du hierher gekommen?», fiel ihr plötzlich ein.
«Du hattest deinen Umhang vergessen. Isabell war es, die mich beauftragt hat, dir nachzugehen und ihn dir zu bringen.»
«Isabell. Ach ja, deine zukünftige Frau», erwiderte Sibylla matt und schluchzte auf.
«Komm, ich bringe dich nach Hause», sagte Kopper, legte ihr einen Arm um die Hüfte und trug sie mehr, als dass er sie führte, in die Krämergasse.
Barbara, die zu Hause geblieben war, um das Heim zu hüten, öffnete mit einem Aufschrei.
«Was ist geschehen?», fragte sie und brach sofort in lautes Jammern aus.
«Mach ihr Essigumschläge um die Handgelenke und sorge dafür, dass sie Ruhe hat», ordnete Kopper an. «Morgen schicke ich Ida, damit sie nach der Meisterin sieht.»
Er half Barbara, Sibylla in ihr Zimmer zu bringen und aufs Bett zu legen. Als Barbara in die Küche eilen wollte, um die Essiglappen zu holen, machte auch Kopper Anstalten zu gehen.
«Isaak, bitte bleib noch einen Augenblick», bat Sibylla. Und als Barbara außer Hörweite war, fügte sie hinzu: «Bitte küss mich noch ein letztes Mal, bevor du gehst und bald eine andere zur Frau nimmst.»
Doch Isaak Kopper schüttelte traurig, aber entschlossen den Kopf. «Nein, Sibylla. Ich werde dich nicht küssen. Isabell ist meine Braut, und ich werde ihr nicht dasselbe Leid antun, das du mir angetan hast.»
Er blickte Sibylla an, und sie sah die Liebe, aber auch die Kränkung in seinen Augen.
«Leb wohl, Sibylla», sagte er leise, dann drehte er sich um und ging.
Kapitel 16
In den frühen Morgenstunden, noch bevor die Dämmerung die Stadt aus dem
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