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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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hatte trotzig ihre Sachen genommen und in jedes Ding eine kleine gelbe Sonne gestickt.
    Die kleine gelbe Sonne. Woher hatte Luisa dieses Verlangen, alles, was sie besaß, das denkbar Wenige, mit einem eigenen Kennzeichen zu versehen? Weshalb das Bedürfnis, alles zu markieren, was ihr gehörte? Jeden schäbigen Fetzen Stoff, jedes ärmliche Haarband, jedes noch so triste Kleidungsstück? Und woher dieses Bestreben, alles, was sie besaß, zu verschönern? Ein buntes Band an das Kleid, einen Ring aus einem Lederrest. Eine Kette gar aus trockenem und gebranntem Hartweizen, die auf der Haut scheuerte. Warum? Und für wen? Sie war eine Wäscherin und nicht gemacht für Putz und Tand. Keine der anderen Wäscherinnen schmückte sich. Sowieso wurden die meisten Dinge nach kurzer Zeit unansehnlich, weil durch die feuchte Luft in den Waschküchen die Farben verblassten, die Bänder sich wellten, der Lederring hart wie Stein am Finger wurde und die Kette am Hals zerbröselte.
    Es war, als hadere Luisa mit ihrem Schicksal, als wolle sie sich von den anderen Wäscherinnen unterscheiden. Sie war anders als diese, hatte sich nie bescheiden können mit dem, was sie war: ein Bastard, der anderer Leute Dreckwäsche wusch. Aber warum nur? Martha wusste es nicht. Sie seufzte, als sie sich an Luisas allererste Waschstelle bei einem Schulmeister erinnerte. Stumm hatte das Mädchen dagestanden, als der Schulmeister seinen wenigen Schülern das Lesen und Schreiben beibrachte. Schweigend und beharrlich war sie gewesen und hatte sich nicht zurück in die Waschküche schicken lassen. So lange, bis er ihr hin und wieder erlaubte, beim Unterricht zuzuhören, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig war.
    Martha gab zu, dass es sie stolz machte, eine Tochter zu haben, die ein bisschen lesen und schreiben konnte. Niemand aus ihrer Familie war je so weit gekommen. Trotzdem: Eigensinn und Träumerei, das waren Luisas große Schwächen. Sie hatten Luisa ins Feldsiechenhaus gebracht.
    Und dort überlebte man nicht lange. Die Siechen litten an ansteckenden, tödlichen Krankheiten, die auch durch die Wäsche, die durch Luisas Hände ging, weitergegeben wurden. Wie lange würde der junge Körper sich dagegen behaupten können?
    «Es ist nur für eine kurze Zeit», hatte die weinende Martha ihre verstummte Tochter getröstet. «Bald wird vergessen sein, was die Leute heute über dich reden, und du kannst zurückkommen. Ich werde neue Stellen für dich finden. Irgendetwas wird sich schon ergeben.»
    «Warum?», hatte Luisa gefragt, und Martha wusste, dass sie nicht das Feldsiechenhaus meinte, sondern die Art, wie sie behandelt worden war.
    «Dein Hochmut ist es. Und vielleicht, dass du anders bist als die anderen. Die Leute mögen es nicht, wenn man nicht so ist, wie es einem gebührt. Es macht ihnen Angst, und das macht sie wütend.»
    Aber es hatte sich seitdem nichts ergeben, und so war Luisa schon das dritte Jahr im Feldsiechenhaus, wurde von Mal zu Mal blasser, ihre Augen glanzlos und ihr Haar stumpf.
    Sie stirbt mir vor den Augen weg, dachte Martha jedes Mal, wenn sie Luisa sonntags besuchte. Aber vielleicht ist es besser so. Vieles bliebe ihr erspart, holte Gott sie jetzt schon zu sich.
    Sibylla wäre niemals so behandelt worden. Im Gegenteil: Die Putzmacherin hätte sich darum gerissen, der Tochter des Kürschnermeisters Wöhler das Kleid zu schenken. Aber Sibylla war tot, und Luisa lebte. Noch.
    Plötzlich kam Martha ein Einfall. Er schien ihr selbst so gewagt, so ungeheuerlich, dass sie mitten auf der Gasse wie angewurzelt stehen blieb, nach Luft schnappte und nicht einmal bemerkte, dass sie von links und rechts angerempelt wurde.
    Was wäre, wenn sie jetzt die Rollen tauschen würden? Wenn aus Luisa Sibylla werden und sie die Rolle als Tochter und Erbin des Meister Wöhler übernehmen würde?

Kapitel 2
    Es war schon dunkel, als Martha an diesem Abend nach Hause ging. Das Wöhler’sche Haus lag in der Altstadt, dort, wo die Häuser der gehobenen Handwerkerschaft, der Goldschmiede, Feinbäcker, Seidensticker, der Hutmacher, Glaser, Maler und Apotheker lagen. Sie selbst wohnte in der Neustadt zwischen Tagelöhnern, Packträgern, Besenbindern, Flickschustern und anderen Waschfrauen. Die meisten Häuser in ihrem Viertel verdienten den Namen nicht. Es waren Katen, die sich eng an die Ränder der morastigen Gassen kauerten und in denen Mensch und Tier, meist sogar in einem Raum, Platz finden mussten.
    Die niedrige, strohgedeckte Kate, in der Martha eine

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