Die Pelzhändlerin (1. Teil)
ich dir.»
Doch als Sibylla wenig später durch das neue Haus in der Krämergasse ging, das sie wenige Wochen vor der Hochzeit bezogen hatte, wirkte sie nicht mehr so sicher.
Das neue Haus war größer, geräumiger und um vieles prächtiger als das alte in der Trierischen Gasse. Doch genau wie dort befand sich im Erdgeschoss rechts neben der Haustür die Küche, dahinter die Vorratskammern. Auf der anderen Seite aber hatte Sibylla einen Verkaufsraum eingerichtet, in dem die Kunden auf bequemen Stühlen empfangen werden konnten. Ein großer Spiegel sorgte dafür, dass sie sich in ihrem neuen Pelzwerk von allen Seiten betrachten konnten und die Waren, die dekorativ im Raum verteilt waren, in Ruhe bewundern und bestenfalls dazukaufen konnten.
An einer Seite der Wand hingen Umhänge und Schauben, daneben Kappen, Muffs und Gürtel. Auf den Truhen lagen Decken, Kissen und Pelztiere, der Boden war von Fellen und Läufern bedeckt. Behänge aus Pelz zierten die Wände und gaben dem Raum eine freundliche und warme Stimmung. Die Sitzgelegenheiten waren mit Polstern aus verschiedenen Materialien, aber im gleichen Farbton bezogen, überall stand Zubehör aus der Einrichterei. Ein Wandbord war mit silbernen Leuchtern vollgestellt, ein anderes mit Zierrat und kostbarem Glas. Ballen mit Kleider- und Möbelstoff waren an einer Wand gestapelt. In der Mitte stand ein Tisch aus Kirschholz, der mit wertvollen Schnitzereien bedeckt war, davor bequeme Lehnstühle, in denen die Kunden Platz nehmen und sich von Barbara Erfrischungen reichen lassen konnten.
Dieser Raum war bisher Sibyllas Reich gewesen, und er würde es auch bleiben, gleichgültig, welche Anweisungen Schieren traf. Sie liebte ihr neues Haus in der Krämergasse, das sie ganz nach ihrem Geschmack eingerichtet hatte. Auch die Angestellten fühlten sich wohl hier. Ihre Zimmer waren größer und heller, das ganze Anwesen wirkte freundlich und heiter.
Doch das Beste daran war, dass Sibylla mit dem neuen Haus etwas geschaffen hatte, das ganz ihr Eigen war. Die wahre Sibylla Wöhler hatte damit nichts zu tun. Ihre Schatten waren vertrieben, Sibyllas Nächte ruhig und traumlos. Nur weniges verband sie jetzt noch mit der Trierischen Gasse, in der die Andere sie immer wieder bedrängt hatte. Auch jetzt, das ahnte Sibylla mehr, als dass sie es wusste, hatte sie es noch nicht geschafft, die Andere ganz und gar aus ihrem Leben zu verdrängen. Doch dass sie sich seit Monaten nicht mehr im Schlaf gezeigt hatte, machte ihr Mut.
Sibylla wusste eines: Dieses Haus und der Name der Werkstatt waren ihr Werk. Und sie würde nicht dulden, dass irgendwer sie daraus vertrieb. Aber die Sicherheit, mit der sie Barbara versprochen hatte, dass bald alles wie früher werden würde, war vorgetäuscht gewesen. Schieren war ihr Mann. Sie hatte vor Gott gelobt, ihm zu gehorchen. Ein widerspenstiges Weib bekam den Knüppel, das war Sibylla klar. Doch um keinen Preis der Welt würde sie es ertragen können, Schieren zu gehorchen. Er war ein Nichts, ein Niemand, ein stinkender alter Kerl, bei dessen Anblick Sibylla sich ekelte. Dazu war Schieren dumm und eitel, seine Kinder Plagen, denen sie nicht den kleinsten Liebreiz abgewinnen konnte.
Es musste etwas passieren. Ihr musste eine Lösung einfallen, mit der sie Schieren aus den Werkstätten fern halten konnte, ohne seine eingebildete Mannesehre zu kränken. Aber wie? Was sollte sie nur tun?
Noch einmal betrachtete sie liebevoll den Verkaufsraum, der zwar voll gestellt, aber von einer warmen und freundlichen Stimmung war. Dann ging sie seufzend nach oben in das Wohnzimmer. Auch die Einrichtung dieses Raumes zeugte vom guten Geschmack Sibyllas. Laubgrüne Stoffbahnen bedeckten die Wände, die Polster waren im selben Farbton gehalten, und die vielen Felldecken versprachen Wärme und Gemütlichkeit. Sibylla strich über die Polster, glättete dort ein Fell und schüttelte da ein Kissen auf, ohne dass ihr bei diesen Tätigkeiten ein rettender Einfall kam.
Schließlich war es Zeit, dem Stadtrat Willmer, der nach ihr geschickt hatte, einen Besuch abzustatten.
«Wie schön, Euch zu sehen, Theilerin», begrüßte sie der Ratsherr und schien nicht zu bemerken, dass er die falsche Anrede benutzt hatte. Auch Sibylla sagte nichts. In ihrem Inneren war sie noch immer die Theilerin, würde niemals Meisterin Schieren werden.
Sibylla folgte ihm in einen Wohnraum, dessen dunkle Holzverkleidung den Raum düster und unheilvoll wirken ließ.
«Mein Weib will eine neue
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