Die Pelzhändlerin (1. Teil)
Hände vor seinem Bauch. «Doch wäre es Euren Geschäften auch nicht dienlich, wenn ich Euern Mann vor den Schultheiß bringe.»
«Ich mache Euch einen Vorschlag, der uns allen dient, Ratsherr Willmer», sagte Sibylla. «Ich richte Eurer Frau das Zimmer, beschaffe den Zierrat, die Stoffe. Damit sind Schierens Schulden beglichen. 80 Gulden reichen jedoch nicht allzu weit. Einen schönen Raum wird Euer Weib dann haben, einen Raum, der Euch Ehre macht. Wollt Ihr aber ein Schmuckstück daraus machen, ein Zimmer, das Euch in der Stadt berühmt macht, und wolltet Ihr wirklich auch Blattgold dabeihaben, so reichen 80 Gulden nicht aus. Doch für einen kleinen Gefallen Eurerseits bin ich gern bereit, Eurem Weib alle Wünsche zu erfüllen.»
«Ihr seid eine kluge und tüchtige Frau, Theilerin. Ich habe gewusst, dass wir uns einig werden. Doch sagt nun, von welcher Art der Gefallen ist, den ich Euch erweisen soll.»
Sibylla atmete tief ein. Ihr Busen bebte im festgeschnürten Mieder, als sie sagte: «Schafft mir Schieren vom Hals!»
Willmer lachte los und schlug sich auf die Schenkel. «Ihr seid wahrlich ein liebendes Weib und eine treu sorgende Gattin», prustete er. «Wie soll ich das anstellen?»
«Nun, Ihr sitzt im Rat, habt Macht und Einfluss. Schickt Schieren als Gesandten der Stadt mit einer Botschaft fort. Vielleicht habt Ihr was im fernen Spanien zu bestellen? Oder eine Besorgung in den Nordländern zu erledigen? Jemand könnte im Osten, dort, wo es auch im Sommer noch kalt ist, Verbindung zu den dortigen Handwerkern aufnehmen und den Weg für unsere Kaufleute ebnen.»
«Ihr habt Euch das gut ausgedacht, Theilerin. Alle Achtung. Doch Schieren ist nicht der Mann, dem man eine solche Aufgabe anvertrauen könnte. Das wisst Ihr selbst.»
«Schieren ist eitel, geldgierig und dumm. Doch von Pelzen versteht er etwas, hat auch ein Näschen für gute Geschäfte. Schickt ihn mit einem solchen Auftrag fort.»
«Ich kann nicht in die Belange der Kürschnerzunft eingreifen», sagte Willmer.
«Gut. Wenn nicht, dann nicht», erwiderte Sibylla. «Ihr könnt nun Eure Gemahlin rufen, damit ich mit ihr die Musterbücher durchgehe. Aber denkt daran, eine prächtige Ausstattung wird für 80 Gulden kaum möglich sein.» Sie lächelte Willmer freundlich an.
Sibylla wusste, dass sie den Ratsherrn in Bedrängnis brachte; sie kannte sein Weib. Niemals würde die Willmerin es zulassen, dass ihr Wohnraum nicht zu den prächtigsten der Stadt zählte. Was ihr Mann dafür tun musste, war ihr gleichgültig. So sanft sie sich in der Gesellschaft auch gab, jeder wusste, dass die Willmerin zur Furie werden konnte, wenn man ihr nicht zu Willen war.
«Ein Jammer ist es, dem schönen Raum nicht den richtigen Rahmen geben zu können», murmelte Sibylla wie zu sich selbst und blätterte seufzend im Musterbuch. «Und wäre es nicht schrecklich, wenn bekannt würde, dass der Ratsherr Willmer dem Würfelspiel, das von der Stadt bei Strafe verboten ist, frönt?»
«Ein ebensolcher Jammer aber wäre es, wenn bekannt würde, dass Wolfgang Schieren seine Frau zwingt, überhöhte Preise von den Kunden zu verlangen, damit er seine Spielschulden bezahlen kann. Es ist immer traurig, wenn man tatenlos zusehen muss, wie eine bekannte und alteingesessene Werkstatt Kunden verliert.»
Auch Willmer tat so, als spräche er zu sich selbst, doch seine Blicke huschten immer wieder zu Sibylla, um zu sehen, ob und wie sie auf seine Worte reagierte.
Sibylla seufzte tief. Sie zog ein sorgenvolles Gesicht, doch in ihren Augen blitzte der Schalk.
«Die Welt ist schlecht, Ratsherr Willmer», sagte sie.
Willmer nickte: «Ihr sagt es, Theilerin, die Welt ist schlecht, und die Menschen, die darauf wohnen, sind auch nicht besser.»
Sie lächelten sich an. Schließlich sagte der Ratsherr: «Ich weiß von einer Gruppe Mainzer Kaufleute, die nach dem Winter in den Osten aufbrechen wollen. Nach Polen oder noch weiter bis ins Russische hinein. Vielleicht wäre es möglich, Euern Mann mitzuschicken, damit er fremde Pelze, die sich gut hier verarbeiten lassen, kennen lernt. Ich habe von einem Nürnberger Kaufmann gehört, der eine Schaube von Silberfuchs trägt. So etwas könnte mir auch gefallen.»
«Der Herbst hat die Blätter an den Bäumen schon gelb gefärbt. Wann wird die Kolonne reisen, Ratsherr Willmer?»
«Nach der Fastenmesse, denke ich. Sie wollen direkt von Frankfurt aus aufbrechen.»
«Ein halbes Jahr noch», überlegte Sibylla, dann reichte sie dem Ratsherrn
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