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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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die Hand.
    «Lasst uns unser Geschäft mit Handschlag besiegeln. Ich statte Eurem Weib das Zimmer aus, wie es ihr gefällt, und Ihr sorgt dafür, dass Schieren nach der Fastenmesse auf große Reise geht.»
    Willmer schlug mit einem keckernden Lachen ein, dann stand er auf und goß zwei kleine Gläser mit einer hellen Flüssigkeit voll und reichte Sibylla eines davon. «Obstbrand aus Rheinhessen zum Besiegeln unseres Geschäfts.»
    Er stieß sein Glas gegen Sibyllas, sagte: «Auf gute Zusammenarbeit», und stürzte den Obstbrand in einem Zug hinunter. Sibylla tat es ihm gleich, und Willmer lachte, als er sah, wie sie sich schüttelte.
    Dann rief er nach der Magd und bestellte ihr, dass die Theilerin gekommen sei, um mit seinem Weib das Musterbuch zu betrachten.
     
    Einzig die Hoffnung auf Schierens baldige Abreise half Sibylla, das nächste halbe Jahr zu überstehen. Sie hatte ihm selbstverständlich nichts von ihrem Gespräch mit dem Ratsherrn berichtet, und so ahnte Schieren auch nicht, dass Sibylla um seine Spielschulden wusste. Und Sibylla hütete ihr Geheimnis. Noch war die Zeit nicht reif, dieses Wissen ins Spiel zu bringen.
    Der Krieg im Haus nahm von Tag zu Tag schlimmere Formen an. Dabei war Schierens Benehmen keineswegs ungewöhnlich. Die überwiegende Mehrzahl der Frankfurter Ehemänner führte ein ähnliches Regiment, betrachtete das Eheweib als bessere Magd, die allein über Herd und Wochenbett herrschen durfte und ansonsten gehorchen musste.
    Doch gehorchen konnte Sibylla nicht. Das hatte sie nie gekonnt, nie gewollt, und jetzt erst recht nicht. Mit ihr stand und fiel die Werkstatt. Alles im Haus und in den Arbeitsstätten gehörte ihr. Nichts als ein Bettbündel, einige Kleidungsstücke und zwei ungehorsame Kinder hatte Schieren bei seinem Einzug mitgebracht. Seine eigene Werkstatt war während der Pest geplündert worden, und einzig die Verwandtschaft Schierens mit dem Zunftmeister und Sibyllas Kraftlosigkeit hatten bewirkt, dass er sich ins gemachte Nest setzen konnte.
    Er hatte keinerlei Recht, sich hier als Hausherr aufzuführen. Und doch tat er es, nutzte jede sich bietende Gelegenheit, um Sibylla zu demütigen.
    Am Anfang hatte sie mit ihm gestritten, doch inzwischen hatte Sibylla gelernt, dass das Leben im Haus für alle erträglicher war, wenn sie schwieg.
    Beinahe täglich verließ Schieren das Haus am Nachmittag und ging in die Zunftstube. Was genau er dort trieb, wusste Sibylla nicht, und auch Heinrich konnte nur berichten, dass Schieren mit den anderen Meistern am Tisch saß, das Tagesgeschehen besprach und die Weinbecher kreisen ließ.
    Am Abend, wenn der Nachtwächter seine erste Runde machte und die Stadttore verschlossen wurden, spazierte Schieren durch die Krämergasse hinüber zur Katharinenpforte am Stadtgraben. Dort lag die größte Spielhölle der Stadt. Obwohl vom Rat seit Jahren verboten, ging es Abend für Abend im «Neuen Heißenstein» hoch her. Zwar hatte der Rat die Strafen für Glücksspiele drastisch erhöht, doch war es nicht gelungen, die Spielsucht der Bürger einzudämmen oder gar auszumerzen. Selbst vierzehn Tage Gefängnis oder fünf Gulden hatten nicht geholfen.
    Jeden Abend saß Wolfgang Schieren mit seinesgleichen an den großen Holztischen im ansonsten nur karg erleuchteten Raum und ließ die Würfel rollen. Mehr als einmal hatte Sibylla ihn gebeten, das Spiel aufzugeben, doch vergeblich. Je öfter und dringlicher sie bat, umso tiefer griff er in die Geldlade. Bald schon hatte sie angefangen, das Geld vor Schieren zu verstecken, doch damit er es nicht bemerkte, ließ sie immer einige Heller und ein, zwei Gulden in der Geldlade liegen.
    Meist kam er angetrunken aus dem «Neuen Heißenstein» zurück. Sibylla und die übrigen Bewohner der Krämergasse konnten sein trunkenes Krakeelen schon von weitem hören.
    Doch Sibylla war froh darum. Seit er ihr das Betreten der Werkstatt verboten hatte, nutzte sie jede Minute seiner Abwesenheit, um dort zu arbeiten. Täglich saß sie vom Nachmittag bis tief in die Nacht bei Kerzenlicht, bearbeitete die Aufträge ihrer Einrichterei oder besprach mit Heinrich die neuen Entwürfe für die Kürschnerei.
    Einmal war Schieren früher nach Hause gekommen. Da er an diesem Abend nüchtern war und kein trunkener Gesang seine Heimkehr ankündigte, überraschte er Sibylla mitten in der Arbeit.
    «Habe ich dir nicht gesagt, dass du in der Werkstatt nichts verloren hast?», schrie er, und Sibylla sah, dass Schieren zwar nicht betrunken war,

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