Die Peperoni-Strategie
Zeitgenossen merken an, dass dieses Positiv-Labeling nach Eigenlob stinkt. Das stimmt, und trotzdem ist es schön. Die Psychologie nennt diese Form der Selbstverliebtheit Narzissmus – ein Mensch, der sich vor lauter Begeisterung über sich selbst an seinem Spiegelbild ergötzt. Auch da ist was dran. Aber kritikwürdig ist das nicht. In meinen Management-Seminaren stelle ich am Ende gerne die Frage, was die Teilnehmer an den anderen so richtig toll finden. Das Brainstorming der Gruppe ist sehr differenziert und trifft die Stärken der Einzelnen häufig punktgenau. Dann passiert etwas Wunderbares: Die Gesichter der Gelobten beginnen zu leuchten. Selbst hart gesottene, grau melierte Manager strahlen. Sie erfahren eine wärmende verbale Dusche – und können in Sachen Selbstvertrauen und Energie unserem Berliner Mittelständler Konkurrenz machen!
In deutschen Firmen wird sowieso zu wenig gelobt – warum sollten Sie nicht bei sich selbst den Anfang machen? Sie können doch am besten einschätzen, welche lobenswerten Eigenschaften Sie haben.
|109| Wer fest an seine Stärken glaubt, der wird zum Macher, nicht zum Bedenkenträger. Der wird Projekte anschieben und vielleicht sogar die sprichwörtlichen Berge versetzen können!
Die zweite Analyse: Ihr bissiges Potenzial
Eher introvertierte Menschen, die in der Vergangenheit übervorteilt wurden, trauen sich Durchsetzungsstärke und Biss nur selten zu: »Ich kann das nicht.« Ihnen sitzt die Angst vor Zurückweisung in den Knochen. Sie befürchten Ablehnung (zu Recht), und sie fürchten, dass sie unter dieser Ablehnung leiden werden (zu Unrecht). Im vorauseilenden Gehorsam passen sie sich deswegen brav an – ein gefundenes Fressen für alle Durchsetzungsstarken, die diese nicht-bissigen Zeitgenossen deshalb so leicht ausnutzen können. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Gleichzeitig ist es nämlich verblüffend zu erfahren, zu welch bissigen Taten die »Ich-kann-das-nicht«- Fraktion in der Vergangenheit fähig war. Man muss ihr nur ein wenig Zeit zur Reflexion geben. Dann sucht sich die eine oder andere Missetat den Weg zurück an die Oberfläche des Bewusstseins.
Für Milde-Paprika-Menschen ein ambivalentes Erlebnis: zum einen schämen sie sich der Missetat, zum anderen keimt die Hoffnung auf, doch zur Gegenwehr fähig zu sein. Das macht Sinn, denn wer zukünftig bissig handeln will, findet häufig Ermutigung in seiner Vergangenheit. Bei den meisten Menschen finden sich Situationen, die sie mit Durchsetzungskraft bewältigt haben. Diese »bissigen« Erinnerungen dürfen sich auch |110| Gutmenschen erlauben, denn es ist nicht das Ziel der Peperoni-Strategie, »bad guys« zu kreieren, sondern die Power zum Widerstand zu wecken, die in die Zivilcourage mündet.
Durchsetzungsstarke Taten der Vergangenheit können als Mutmacher für die Zukunft genutzt werden.
Voraussetzung für diese Art bissiger Ermutigung ist die Bejahung von Neutralisierungstechniken. Neutralisierungstechniken sind Rechtfertigungen, um Schuld- und Schamgefühl zu vermeiden. Diese werden gern in der Wirtschafts- und Berufswelt genutzt, um hässliche Realitäten »schönzureden«:
Da wird nicht entlassen, sondern »der Bestand des Unternehmens gesichert« beziehungsweise »freigesetzt«.
Da wird nicht eine Abteilung geschlossen, sondern »eine strategische Konzentration auf das Kerngeschäft« vorangetrieben.
Da wird kein Konkurrent ausgebootet, sondern man »posi tioniert sich gegenüber einem Mitbewerber«.
Diese Euphemismen stärken die Durchsetzungskraft, denn die eigene Tat erhält einen positiven Anstrich – es war notwendig, so zu handeln. Die Konzentration auf die negativen Konsequenzen dagegen schwächt und macht durch das schlechte Gewissen handlungsunfähig. Wer die eigenen Taten nicht vor sich selbst rechtfertigen kann, der wird es schwer haben, sich punktgenau und eindeutig aufzustellen. Dem wird es auch missfallen, an seine früheren bissigen Aktivitäten anzudocken, um Ermutigung für die Kämpfe der Gegenwart zu erfahren. Das ist schade, denn damit bleiben viele gute Ideen auf der Strecke, weil Sie sie nicht durchsetzen.
|111| Ganz nebenbei haben diese Erinnerungen auch noch einen schönen Nebeneffekt, zumindest für Menschen mit einem Faible für schwarzen Humor – sie bringen einen zum Schmunzeln: über sich selbst und über die Erkenntnis, zu welchem »Unfug« man früher schon fähig war.
Durchsetzungsstarke Zeitgenossen erinnern sich etwa an folgende bissig-böse
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