Die Perfekte Braut
in ihrer Stimme, die nicht beabsichtigt war, doch hatte er sie jetzt entwaffnet, indem er ihr die andere Seite von Gideon Malvern gezeigt hatte. »Vielleicht«, wiederholte sie, »aber du provozierst diese Reaktionen, Gideon. Ich bin im Allgemeinen eine friedliche und unkomplizierte Person. Frag doch meine Schwestern.«
»Das werde ich bestimmt nicht tun. Sicher stärken sie dir den Rücken. Wenn du streitsüchtig bist, rufe ich mir lieber die wilde, leidenschaftliche Geliebte in Erinnerung, und dann werde ich nicht versucht sein, ähnlich zu reagieren.« Er beugte sich über sie und küsste sie auf die Nasenspitze und danach auf den Mundwinkel. »Prudence, besorg mir genaue Unterlagen von Lord Duncans Geschäften mit Barclay. Ohne sie kann ich nichts anfangen. Und komm morgen nach fünf in meine Kanzlei. Wir besprechen dann, wie du dich vor Gericht präsentieren sollst und welchen Eindruck du unbedingt vermeiden musst.« Er winkte ihr zu, ehe sie reagieren konnte, und stieg ein.
Prudence zögerte, in ihrem Kopf überstürzten sich die Worte, doch keines erschien ihr passend. Erst küsste er sie und bedachte sie mit Koseworten, und im nächsten Moment erteilte er ihr brüsk Anweisungen. Sie wartete, bis er um die Ecke des Platzes verschwunden war, dann stieg sie die Stufen zur Haustür hinauf.
Jenkins öffnete, als sie gerade den Schlüssel ins Schloss stecken wollte. »Miss Prue, was ist passiert?« Er konnte seine Besorgnis nicht verbergen.
»Prue, bist du es?« Chastity erschien am oberen Treppenabsatz. »Hattest du einen Unfall? Bist du wohlauf?«
»Nein, kein Unfall, ja, sicher bin ich wohlauf.« Prudence erklomm rasch die Treppe. »Automobile neigen zu Pannen. Wir haben die Nacht in einem Gasthaus in Henley verbracht.« Sie gab ihrer Schwester einen raschen Kuss, als sie an ihr vorbeieilte. »Ich muss mich umziehen. In diesen Sachen stecke ich seit gestern.«
»Ja«, sagte Chastity. »Hast du darin auch geschlafen?«
In dieser Frage schwang etwas mit, das Prudence auf dem Weg zu ihrem Zimmer innehalten ließ. Langsam drehte sie sich um. Chastity sah ihr mit zur Seite geneigtem Kopf und einem Lächeln auf den Lippen nach.
»Nein«, sagte Prudence. »Das nicht.«
»Und was hattest du da an?«
»Würdest du es mir glauben, wenn ich jetzt sage, das Haus hätte für späte Gäste Nachthemden in Reserve?« Prudence spürte, wie sich nun auch ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen.
»Kein bisschen«, erwiderte Chastity. »Also, rückst du raus mit der Sprache?«
»Natürlich«, lachte Prudence. »Komm und hilf mir beim Kopfwaschen. Meine Haare sind eine Katastrophe.«
Sie hatte Chastity alles erzählt und saß nun am Kaminfeuer im Salon, ein Handtuch um den Kopf gewickelt, als Constance eintrat. »Du bist zurück. Gottlob! Ich war in großer Sorge, als ich von Chas gestern Bescheid bekam. Was ist passiert?«
»Ach, Prue ließ einem Impuls freien Lauf, was zu einer Nacht ungezügelter Leidenschaft in Henley-on-Thames führte«, sagte Chastity mit einer lässigen Geste.
Prudence kam unter dem zeltartigen Handtuch hervor. »Kurz und bündig.«
»Das ist allerdings kurz und bündig.« Constance hockte sich auf die Armlehne des Sofas. »Ist er ein guter Liebhaber?«
Prudence spürte, wie sie errötete. »Viele Vergleichsmöglichkeiten habe ich ja nun nicht«, erwiderte sie. »Aber ich kann mir nicht denken, dass es einen besseren geben könnte.«
Constance schmunzelte. »Das klingt ja einigermaßen definitiv«, sagte sie. »Die Frage ist allerdings, wie dies...«
»...unsere geschäftliche Beziehung mit dem Verteidiger beeinflusst?«, unterbrach Prudence sie. »Ich weiß, Con. Und meine bloß nicht, dass ich diesen Aspekt nicht in Betracht gezogen hätte. Aber ich glaube wirklich nicht, dass es was zur Sache tut. Der Kronanwalt Sir Gideon Malvern ist nicht derselbe Mensch, mit dem ich eine wundervolle, verrückte Nacht verbracht habe. Er verwandelt sich mit erstaunlicher Leichtigkeit.« Sie griff nach ihrer Haarbürste und fing an, ihr noch immer feuchtes Haar mit kräftigen Strichen zu bürsten.
»Das ist gut, nicht?«, fragte Chastity zweifelnd.
»Natürlich«, erklärte Prudence, wobei sie ihre Zweifel beiseite schob. »Und was den Prozess betrifft, so behauptet er felsenfest, dass diese Notiz von Barclay nicht ausreicht, um darauf den ganzen Fall aufzubauen.« Sie seufzte. »Wie es aussieht, muss ich gleich morgen zur Bank gehen.«
»Ich dachte, wir wären uns in diesem Punkt einig«, sagte
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