Die Perfekte Braut
kam auf sie zu. »Wollen Sie in die Bank, Madam?«
»Ja«, antwortete sie. »Ich möchte Mr. Fitchley sprechen, falls er heute da ist.«
»Er ist natürlich anwesend, Madam.« Der Portier hielt den Schirm hoch, während sie ihren eigenen zusammenklappte und die Tropfen abschüttelte. Dann geleitete er sie in das Gebäude, in dem gedämpfte Stille herrschte, da alle aus einem unerfindlichen Grund nur halblaut sprachen.
»Die Dame möchte zu Mr. Fitchley«, sagte der Portier fast hinter vorgehaltener Hand zu einem älteren Angestellten, der in der Nähe stand.
Der Mann erkannte die Besucherin sofort. Da es unüblich war, dass Frauen finanzielle Angelegenheiten selbst regelten, fiel Miss Duncan als Kundin aus dem Rahmen. »Guten Morgen, Miss Duncan. Ich werde Mr. Fitchley von Ihrem Kommen in Kenntnis setzen.« Prudence dankte ihm mit einem Lächeln. Sie nahm auf einem Stuhl mit Samtkissen und gerader Lehne Platz, die Handtasche auf dem Schoß, und hoffte, dass man ihr ihre Befangenheit nicht ansah. Die lautlos geschäftigen Angestellten und Kassierer in ihren kleinen Kämmerchen würdigten sie kaum eines Blickes, und trotzdem spürte sie, wie aus jeder Pore ihr schlechtes Gewissen quoll.
Mr. Fitchley höchstpersönlich kam aus seinem Büro, um sie zu begrüßen. »Miss Duncan, guten Morgen. Was für ein Vergnügen... treten Sie doch ein.« Er unterstrich seine Worte, indem er gestikulierend auf sein Büro deutete.
»Guten Morgen, Mr. Fitchley, wenn es auch leider ein ziemlich nasser ist.« Sie lächelte ihm wieder zu, als sie an ihm vorbeiging und sein Allerheiligstes betrat. Es war ein kleiner dunkler Raum mit einem glimmenden Kohlenfeuer im Kamin.
»Bitte, nehmen Sie Platz.« Der Bankmanager deutete auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch, auf dem nicht ein einziges Blatt Papier zu sehen war. Er faltete die Hände auf der makellosen Tischplatte und sagte mit einem Lächeln: »Was können wir heute für Sie tun, Miss Duncan?«
Prudence öffnete ihre Handtasche und entnahm ihr den Briefumschlag mit der Vollmacht. Ihre Finger zitterten ein wenig, als sie ihn umdrehte, sodass das offizielle Siegel des Earls auf den ersten Blick zu sehen war. »Mr. Fitchley, ich muss in Lord Duncans Bankauszüge Einblick nehmen. Ich weiß, dass es ungewöhnlich ist, doch ist mein Vater wegen einiger Transaktionen in Sorge und möchte, dass ich mir die Vorgänge ansehe.« Sie legte den Briefumschlag auf den Tisch.
Mr. Fitchley hielt sich einen Kneifer vor die Augen und griff nach dem Umschlag. »Ich bin mir sicher, Lord Duncans Besorgnis hat nichts mit dem Service unserer Bank zu tun. Die Familie Duncan betraut uns bereits seit vier Generationen mit ihren finanziellen Angelegenheiten.«
Prudence beeilte sich, ihn zu beruhigen. »Nein, natürlich nicht. Es geht darum, dass er sein Gedächtnis bezüglich einiger vier oder fünf Jahre zurückliegender Transaktionen auffrischen möchte.« Sie lächelte selbstironisch. »Wie Sie wissen, kümmere ich mich um die Finanzen des Haushalts. Mein Vater hat für diese Dinge wenig Zeit.«
Der Bankmanager nickte. »Ja, Ihre verstorbene Mutter, die teure Lady Duncan, sagte dasselbe.« Er schlitzte den Umschlag mit einem Papiermesser auf und entfaltete den blütenweißen, mit einem Briefkopf versehenen Bogen. Er las die Vollmacht sehr sorgfältig - fast so, als wolle er sich jedes der falschen Worte einprägen. Dann legte er sie auf den Tisch und glättete sie mit einer weichen weißen Handfläche.
»Nun, das scheint mir in Ordnung zu sein, Miss Duncan. Wenn Sie mir folgen wollen... wir haben ein Privatbüro, in dem Klienten ungestört Einblick in ihre Effekten nehmen können.« Er stand auf und ging in den Hauptraum voraus. Prudence folgte ihm durch die mit Marmor verkleidete Halle, vorbei an kleinen Räumen, in denen fleißige Mitarbeiter die Augen auf ihre Schreibtische richteten, als der Manager vorüberschritt. Er öffnete eine Tür und gab Prudence den Weg in einen zellenartigen Raum frei, in dem nur Tisch und Stuhl standen. Durch ein kleines Fenster fiel graues Licht.
»Ein bisschen kühl, fürchte ich«, sagte er. »Wir machen hier kein Feuer, es sei denn, ein Klient meldet sich an.«
»Verzeihen Sie... das hätte ich natürlich tun sollen. Aber die Sache ergab sich ziemlich plötzlich«, erwiderte Prudence.
»Schon gut, Miss Duncan. Machen Sie es sich bequem, ich werde Ihnen die Unterlagen bringen lassen. Wollen Sie auch die Schließfachkassette ?«
»Ja, bitte.«
Der Mann entfernte
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