Die Perfekte Braut
ohne Dach über dem Kopf?«, brachte Chastity anklagend vor, und Max wich fast körperlich vor den Schwestern zurück, die sich wie Löwenbändigerinnen vor ihm aufgebaut hatten.
»Ich entschuldige ihn nicht«, sagte er. »Aber das ist zu viel.« Er schwenkte die zusammengerollte Zeitung. »Der Angriff ist zu persönlich. Ein Rufmord.«
»Es ist sein Ruf, den wir angegriffen haben«, stellte Constance trocken fest. »Der Mann ist ein Schürzenjäger, Wüstling, Betrüger, Schwindler...«
»Wo gibt es Beweise dafür?«, fragte Max mit erhobenem Zeigefinger.
Prudence schnitt eine Grimasse. »Wir stützen uns nur auf Gerüchte.«
Max fuhr herum und starrte sie an. »Darauf beruht also eure Verteidigung? Auf Gerüchten? Ich hätte gerade dir mehr Vernunft zugetraut, Prudence.« Constance starrte den Teppich an, da sie die besondere Betonung sehr wohl verstand. Es stimmte, dass ihr die Besonnenheit ihrer jüngeren Schwester fehlte.
Prudence ihrerseits errötete, sagte aber ungerührt: »Wir geben ja zu, dass wir mehr Beweismaterial brauchen. Sobald wir einen Anwalt gefunden haben, der unsere Verteidigung übernimmt.«
»Wir haben einen«, warf Chastity ein.
»Ja, Sir Gideon Malvern«, warf Prudence ein. »Er empfängt uns nächsten Donnerstag. Wir haben uns schon überlegt, ob du ihn wohl kennst, Max.«
Anstatt zu antworten, fragte Max: »Wie wollt ihr eure Identität vor dem Gericht geheim halten?«
»Das wissen wir noch nicht«, sagte Constance. »Wir haben gehofft, dass dieser Sir Gideon uns vielleicht raten kann.«
»Ja. Kennst du ihn, Max?«, drängte Prudence. »Er ist Mitglied des Middle Temple und...«
»Ja, das weiß ich«, gab ihr Schwager scharf zurück.
Prudence blickte ihre ältere Schwester an, die resigniert die Achseln zuckte. Wenn sie sich an Maxens Ton stießen, würden sie nicht weiterkommen. Und sie benötigten alle Informationen, die er ihnen verschaffen konnte.
»Möchtest du einen Whisky?«, fragte Chastity mit einem versöhnlichen Lächeln.
Er sah sie aus zusammengekniffenen Augen an, dann wanderte sein Blick zu ihren Schwestern, die mit der Notwendigkeit, ihn zu besänftigen, kämpften, während sie vor Entrüstung kochten, weil er sich derart anmaßend in ihr Problem einmischte. Plötzlich grinste er. Es war ein Augenblick, den es auszukosten galt. Bei den Duncan-Schwestern gewann man nur selten die Oberhand.
»Was ist so komisch?«, frage Constance voller Misstrauen. »Du siehst aus wie damals im Stall mit Vaters Cadillac.«
»Es war die einzige andere Gelegenheit, bei der ich mich euch dreien gegenüber überlegen gefühlt habe«, sagte er mit noch breiterem Grinsen.
»Also gut«, sagte Constance. »Du hattest deinen Spaß a uf unsere Kosten. Und jetzt sag uns schon, was du von diesem Strafverteidiger weißt.«
»Habt ihr denn eine Ahnung, was euch ein Verteidiger wie Malvern kosten dürfte?«, fragte er mit nachsichtiger Neugier.
»Wir sind nicht mittellos«, sagte Prudence. Ihr kurzsichtiger Blick hinter den Brillengläsern zeugte von Anspannung. »Wir haben einen Notfallfonds; was dich allerdings nichts angeht«, setzte sie hinzu und bereute es sofort. »Verzeih.« Sie kniff sich in den Nasenrücken. »Ich wollte nicht unhöflich sein. Ich bin nur etwas durcheinander.«
»Du stehst in der Sache nicht allein da, Prue«, sagte Constance rasch. »Ich weiß, du trägst den Löwenanteil der Geschäftsführung, aber beteiligt sind wir alle.«
Prudence brachte die Andeutung eines Lächelns zustande. »Ich weiß das. Ich kann mir nur nicht vorstellen, was passieren wird, wenn wir verlieren.«
»Nun, Gideon Malvern steht einiges zu Gebote, um dafür zu sorgen, dass ihr gewinnt«, sagte Max und lieferte den Schwestern damit eine Beruhigung, die sie höher zu schätzen wussten als bloßes Mitgefühl. »Er steht im Ruf, der findigste und fähigste Kronanwalt Londons zu sein und kaum einen Fall zu verlieren.«
Alles schön und gut, überlegte Prudence. Genau das, was sie brauchten. Aber wie sollten sie ihn bezahlen? Trotz ihrer gespielten Zuversicht sah sie keine Möglichkeit, das Honorar für einen Spitzenverteidiger aufzubringen. Es fiel ihnen schon schwer, die fünfzig Guineen zusammenzukratzen, die er für den Anfang verlangt hatte. Wäre da nicht die wohltätige Spende für verarmte alte Jungfern gekommen, sie hätten etwas verpfänden müssen.
Ihre Schwestern erfassten dies zwar rein verstandesmäßig, zuweilen hatte sie aber das Gefühl, dass sie die Realität nicht so
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