Die Perfekte Braut
klar einschätzten wie sie. Die Familienfinanzen fielen in ihre Verantwortung. Das war ganz natürlich, da sie die Buchhalterin, die Mathematikerin, die offenkundig praktisch Veranlagte von den Schwestern war. Sie scheute diese Verantwortung nicht, fühlte sich aber bisweilen damit allein gelassen.
»Er könnte für euch der Richtige sein, da er Herausforderungen liebt«, fuhr Max fort. »Er kann es sich leisten, seine Auswahl unter den Fällen zu treffen«, setzte er hinzu und beobachtete sie genau. Prudences Andeutung, sie verfügten über geheime Reserven, hatte ihn keinen Augenblick täuschen können. »Man weiß, dass er einen Fall pro bono annimmt, wenn er ihm zusagt.« Er sah, wie sich drei grüne Augenpaare vor Interesse schärften. »Weiters ist bekannt, dass er immer eine Erfolgsbeteiligung vereinbart.«
»Das erscheint mir fair«, sagte Prudence stirnrunzelnd. »Er wird bezahlt, damit er gewinnt.«
»Ihr müsst ihm verdeutlichen, dass der Fall sich lohnt, weil er so interessant ist, dass er für ihn eine Herausforderung darstellt.«
»Nun, das wird nicht weiter schwierig sein«, meinte Constance kurz auflachend. »Wenn er drei rebellische Frauen, die unbedingt ihre Anonymität wahren wollen, als Mandantinnen akzeptiert, so geht das über die übliche Herausforderung weit hinaus.«
»Dieses Problem überlasse ich euren mehr als befähigten Händen, meine Damen.« Er bedachte sie mit einer kleinen Verbeugung.
»Wurde Sir Gideon für seine Verdienste geadelt, oder hat er seinen Titel geerbt?«, frage Prudence noch rasch, als Max schon nach dem Türknauf griff.
»Er wurde geadelt, nachde m er in einem besonders kniffligen Fall die Verteidigung übernommen hatte. Es ging damals um einen der mehr als zweifelhaften Freunde des Königs«, erklärte Max und drehte den Knauf. »Kommst du jetzt, Constance? Wir sollten Letitia jetzt wirklich einen Besuch abstatten.«
»Ja«, sagte sie widerstrebend. »Das sollten wir vermutlich. Aber nachmittags treffen wir uns zum Tee bei Fortnum, Prue. Dann können wir uns eine Strategie zurechtlegen.«
Prudence nickte. »Max, ist dieser Sir Gideon immer nur als Verteidiger tätig? Oder übernimmt er auch Klagen?«
»Er hat sich auf die Verteidigung spezialisiert.«
»Nun, das ist ja schon etwas«, meinte Chastity. »Wir müssen ihn nur davon überzeugen, dass es ein gewaltiger Justizirrtum wäre, wenn The Mayfair Lady wegen Verleumdung verurteilt würde.«
»Eine von euch«, sagte Max. »Ich schlage ernsthaft vor, dass nur eine von euch den Termin bei ihm wahrnimmt.«
»Warum?« Constance, die ihre Handschuhe an sich genommen hatte und nun vor dem Spiegel über dem Kamin stand, steckte Nadeln in das Nerzgebilde auf ihrem rötlichen Schopf.
Auf der Suche nach einer möglichst diplomatischen Antwort zögerte Max ein wenig. »Er ist zwar ein Mann von echtem Schrot und Korn, aber ihr werdet nicht wollen, dass er sich bedrängt fühlt«, sagte er schließlich. »Ich weiß nicht, was er von Frauen im Allgemeinen hält, aber ich möchte wetten, dass er noch nie mit einem Trio wie euch zu tun hatte.«
»Meinst du, wir könnten ihn vergraulen?«, fragte Constance mit einem reizenden Lächeln und drehte sich vor dem Spiegel um. »Als Trio von Mannweibern?«
»Constance, auf diese Debatte lasse ich mich jetzt nicht ein«, erklärte Max entschlossen und hielt ihr die Tür auf. »Ich habe nur meine Meinung geäußert. Ihr könnt sie nach Belieben befolgen - oder auch nicht.«
»Wir werden deinen Rat vermutlich beherzigen«, sagte Prudence. »Ach, sei auf der Hut, Con. Letitia ist fest davon überzeugt, dass du in der Wüste kampiert hast, dass deine Haut nun mit Staub verklebt und dein Haar vor Sand verfilzt ist.«
»Nun, dann werde ich sie in beiden Punkten eines Besseren belehren«, erwiderte Constance.
»Übrigens, habt ihr wirklich Schafaugen gegessen?«, fragte Chastity, die ihre Schwester zur Treppe geleitete. »Wir haben uns diese Frage allen Ernstes gestellt.«
»Allmächtiger! Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen?«, rief Max angeekelt aus.
»Wir dachten, das gälte unter den Saharanomaden als größte Delikatesse«, erklärte Chastity.
»Ich glaube nicht, dass man uns dergleichen vorgesetzt hat«, erklärte Constance, die die Frage mit dem gebührenden Ernst zu erwägen schien. »Max hat sich geweigert, Speisen zu sich zu nehmen, die er nicht identifizieren konnte.«
»Das deutet auf mangelnden Wagemut hin, Max«, sagte Prudence vorwurfsvoll. »Ich hätte
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