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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Welt: den Markt für Ziegenfleisch, das neueste Buch von Tim Winton, die Zukunft der Globalisierung und die Umweltzerstörung auch hier, in der Wildnis vor ihrer Haustür. Webster genoss den Meinungsaustausch mit einer Akademikerin wie Sami ganz außerordentlich.
    Maggie und Farouz hörten mit einem gewissen Interesse zu. Hin und wieder erregte Maggie mit der kühnen Einleitung: »Also, wenn ihr meine Meinung hören wollt …« Samis und Websters Aufmerksamkeit und legte ihrerseits los. Sie war ausgehungert nach Gesellschaft und mochte erst um Mitternacht ins Bett gehen. Webster machte seinem Spitznamen alle Ehre, indem er seine Gesprächsbeiträge wortreich mit farbigen und ungewöhnlichen Ausdrücken und literarischen Verweisen würzte. Schließlich konnte Sami die Augen nicht mehr offen halten, entschuldigte sich und ging zu Bett.
     
    Am nächsten Morgen erschien Steve, der Sohn der beiden, zum Frühstück. Der schlaksige, schüchterne junge Mann sah seiner Mutter ähnlich. Er war drahtig und wettergegerbt, und im Gegensatz zu seinem Vater machte er nicht viele Worte. Sami gegenüber verhielt er sich unbeholfen, obwohl sie im gleichen Alter waren. Sie bat ihn, zu erklären, wie sie die wilden Kamele fangen würden.
    »Moped und Pickup«, antwortete er und biss in den Toast. Ende der Erklärung.
    Als sie sich aufmachten, fuhr Sami mit Webster in der Fahrerkabine des Wagens, Farouz saß hinten mit den beiden Hunden, und Steve machte auf einem Geländemotorrad die Vorhut. Sie fuhren einige Kilometer, bis sie ein großes, von einer Stahleinzäunung umgebenes Areal um einen Brunnen erreichten. Webster stieg aus und drehte den Hahn auf, sodass Wasser ins Auffangbecken floss. Steve war im Busch verschwunden, doch bald erwachte das Funkgerät im Wagen knisternd zum Leben, und er berichtete, dass westlich von ihnen eine Herde sei.
    »Steve wird sie jetzt zusammentreiben, wir fahren mit den Hunden hin«, erklärte Webster. »Sie bleiben hier. Klettern Sie auf den Zaun.«
    »Och, da verpasse ich doch den ganzen Spaß«, protestierte Sami.
    »Unwahrscheinlich, meine Liebe. Die Meute wird das Wasser riechen, und wenn wir sie dann noch jagen, kommen sie hier angeprescht wie veritable Walküren auf dem Weg nach Walhalla. Kommen Sie den Bullen nicht in die Quere! Sobald die Kamele hier in der Falle sind, rammen Sie die Stangen da wieder rein.« Er deutete auf die Stangen, mit denen der Eingang verschlossen gewesen war.
    »Oh. Okay.« Sami klang unsicher.
    In einer Staubwolke rasten sie davon. Sami saß auf der obersten Stange und betrachtete die menschenleere Landschaft. Wie kam jemand darauf, hier leben zu wollen? Das Leben war alles andere als königlich, auch wenn man über ein weites Land verfügte. Webster hatte gesagt, mit ihren Ziegen und den Rindern kämen sie »zurecht«. Und doch hatte Maggie am vergangenen Abend erklärt, sie liebe diesen Teil der Kimberleys. »Entweder man liebt das Land oder man hasst es. Auf manche Leute wirkt die Gegend menschenfeindlich, wahrscheinlich sogar auf viele Leute, aber sie hat etwas ganz Besonderes an sich. Das hat mit dem Geist zu tun, wie die Aborigines sagen, aber man muss kein Schwarzer sein, um das zu spüren. Und Sie werden nirgendwo gütigere oder hilfsbereitere Menschen finden. Ich war kurz vor der letzten Regenzeit mal wieder in Broome. Das Leben da ist mir mittlerweile zu schnell. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie Sie in Sydney zurechtkommen.«
    Allmählich wurde es heiß, knapp vierzig Grad, schätzte Sami. Sie beschloss, ihr Halstuch in das Brunnenwasser in dem kleinen Auffangbecken zu tauchen. Das Wasser war erstaunlich heiß. Sami schwenkte das nasse Tuch durch die Luft, damit es abkühlte. Da hörte sie ein leises Rumoren. Als sie sich umwandte, sah sie die Kamele über die unförmige Düne mit den Flecken von stacheligem Spinifex kommen. Mit vorgereckten Hälsen donnerten sie auf sie zu und zogen eine Staubwolke hinter sich her. Einige Sekunden stand sie reglos da, versunken in diesen außergewöhnlichen, dramatischen Anblick. Es war wie ein Bild aus dem Film
Lawrence von Arabien.
Dann wurde ihr klar, dass die Tiere direkt auf sie zuhielten. Beinahe panisch rannte sie zur Umzäunung und kletterte hinauf. Es waren etwa fünfzehn ausgewachsene Tiere. Zwei große Hengste führten die Herde an.
    Die ersten drei rannten Kopf an Kopf durch den breiten Eingang, die anderen folgten ihnen auf dem Fuße und stießen sich dabei am Zaun – eine Stampede zum Wasser. Es gab

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