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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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bereits ausgesucht«, gestand er.
    »Gut.«
    Müde aßen sie die Mahlzeit, die Sami zubereitet hatte, auf Deck sitzend, die Teller auf dem Schoß. Dann ging Sami nach unten und schlief in einer Vorderkoje.
    Morgens nach dem Frühstück lichteten sie den Anker. Der Motor sprang beim ersten Versuch an. Sie umrundeten das Kap und segelten in den King Sound. Delphine tollten um den Bug ihres Schiffes herum. Konzentriert studierte Tim die Seekarte. »Es gibt ziemlich heftige Gezeitenkabbelung hier in der Gegend, darauf müssen wir Acht geben«, sagte er beiläufig und deutete auf die Karte. »Das ist Sunday Island, um die Jahrhundertwende war da eine Missionsstation. Nach und nach sind die Leute nach Broome, Derby und Wyndham abgewandert.«
    »Sind sie nicht mehr dahin zurückgekehrt?«
    »In den Dreißigern schon, glaube ich, aber die Station war zum Untergang verdammt. Zu abgelegen, keine Unterstützung. Manche überlegen, dort den Problemen im Dorf am One Arm Point zu entkommen, und manchmal fahren Touristen hin, um sich die Ruinen der Missionsstation anzusehen – dafür muss man die Gezeiten kennen. Aber sie ist bis jetzt immer noch unbewohnt.«
    »Wo wollen Sie also hin? Die Gegend scheint gefährlich zu sein.«
    »Nicht, wenn man sie kennt. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht, keine Sorge.«
    Er steuerte vorsichtig, und der Tag verging. Als sie Anker warfen, hatte Tim entschieden, welches Gebiet er erkunden wollte. Früh am nächsten Tag wollte er tauchen gehen. Es war eine ruhige Nacht, und sie saßen nach dem Abendessen an Deck und teilten sich unter dem Sternenhimmel eine Flasche Wein. Zum ersten Mal, seit Sami diese Fahrt auf der
Georgiana
angetreten hatte, war sie völlig entspannt. »Jetzt bin ich doch froh, dass ich mitgekommen bin. Mir graute nämlich davor.«
    Tim lachte. »Vor mir? Vor der Seereise, oder vor der Verantwortung für Biddy?«
    »Nichts für ungut, aber – eigentlich vor allem.«
    »So ist das Leben eben. Manchmal stellen sich die Dinge, zu denen man sich überwinden muss, als Pluspunkte heraus. Ich habe gelernt, mich immer wieder zu zwingen, solche Grenzen zu überschreiten.«
    »Ich war da bisher eher feige. Habe versucht, Unangenehmes oder Schwieriges zu ignorieren und gehofft, es würde sich in Luft auflösen.« Sami war von diesem Geständnis selbst überrascht; es musste am Wein und am Schauplatz liegen.
    »Sie sind eher eine Einzelgängerin, stimmt’s?«, meinte Tim. »Sehr unabhängig. Es ist aber nichts dabei, manchmal Hilfe zu brauchen, ehrlich zu zeigen, wie man sich fühlt. Ich habe Sie beobachtet. Sie sind sehr abweisend. Stachelig wie ein Kaktus, in dem sich weiches breiiges Wasser verbirgt.«
    Sami warf den Kopf zurück, lachte und versuchte seine Beobachtung, die der Wahrheit ziemlich nahe kam, herunterzuspielen. »Igitt! Das ist ja ein furchtbarer Vergleich.«
    »Ich habe das Pingpong zwischen Ihnen und Ihrer Mutter beobachtet, und ich denke, es liegt daran, dass Sie nur sich beide haben. Ihr Vater gehört nicht dazu. Sagen Sie mir, welche Rolle spielt Palmer?«
    »Er ist eine Art Schiedsrichter geworden, schätze ich. Ich bewundere ihn und genieße seine Gesellschaft, und ich kann Dinge mit ihm teilen, die ich mit niemand sonst teile. Außerdem ist er mein Mentor. All das, was man sich von seinem Vater wünscht, denke ich.«
    »Hmm.« Tim bohrte nicht weiter nach. Die letzte Bemerkung sprach für sich, und ihm war klar, dass Palmer sich in einer schwierigen Lage befand, nun, da er eine enge Beziehung zu Lily hatte. Doch das Bild, das Tim von Sami hatte, änderte sich. Er hatte sie als selbstsüchtigen und aggressiven Menschen erlebt. Nun sah er durch ihre harte, aber hauchdünne Schale. »Ach, lassen Sie die Dinge auf sich zukommen, Sami. Man beurteilt die Leute zu schnell nach dem Äußeren. Ich glaube, auch ich habe so diverse Fehlurteile gefällt.« Er ließ diese Bemerkung offen, damit Sami sie nicht persönlich nahm.
    Und die junge Frau überrumpelte ihn … Sami wagte den Sprung, indem sie leidenschaftlich, doch mit sanfter Stimme sprach: »Tim, kann ich Ihnen … dir etwas erzählen, ganz im Vertrauen? Es muss aber unter uns bleiben. Ich habe da diese wunderbare Frau kennen gelernt, und ihre Geschichte bricht mir das Herz. Ich möchte ihr so gerne helfen. Sie heißt Leila …«
    Und während das Deck der
Georgiana
sich unter einem weiten Sternenhimmel sanft hob und senkte, erzählte Sami Leilas Geschichte.
    Tief bewegt – jedoch nicht nur von Leilas

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