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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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verzweifelter Lage, sondern auch von Samis tiefen, aufrichtigen Gefühlen – hörte Tim ihr zu.
    »Also hoffe ich, dass Harlan irgendwelche Fäden ziehen, dass er irgendwie helfen kann«, schloss Sami. »Ich meine, was würdest du tun?«
    »Wenn es meine Frau wäre, meine Kinder, mein Leben? Genau dasselbe wie Leila. Ich könnte mich endlos darüber auslassen, was für ein verdammtes Glück wir in diesem Land haben, aber es klingt ein bisschen unglaubwürdig, wenn man weiß, was mit den armen Schweinen passiert, die hierher geflohen sind – legal oder illegal. Ein Flugzeug, ein Schiff, entweder Bestechung oder Schlangestehen – es geht ums Überleben.«
    Sami bedachte seine Antwort. »Überleben. Ja. Aber allein zu überleben ist hart – ohne Familie, meine ich. Die Aborigines da draußen waren ein kleiner Trost für sie, aber lange kann sie wahrscheinlich nicht mehr dableiben.«
    »Stimmt. Komisch, dass die zuständige Polizei noch nichts mitbekommen hat! Wie geht’s jetzt weiter?«, fragte Tim.
    »Ich werde vermutlich Harlan zu ihr bringen müssen. Und dann versuche ich, Leila dazu zu bringen, dass sie ihre Situation annimmt. Sie muss aus der Wüste kommen.«
    Tim deutete in die Dunkelheit. »Ich frage mich, ob Biddy jetzt, wo sie wieder in ihrem Land ist, über ihre verschiedenen Lebensphasen nachdenkt? Wie man sie aus ihrer Familie entführte, sie in eine Lebensweise und in Lebensumstände drängte, die sie nie haben wollte. Und nun ist sie endlich heimgekehrt.«
    »In ihre Geist-Heimat.«
    »Genau.«
    »Für Leila ist es ein bisschen komplizierter, denke ich«, sagte Sami. »Sie ist weit weg von zu Hause, und sie kann nicht mehr zurück. Das hat sie mir ganz deutlich gesagt.« Sie hielt inne und fragte sich, was Leila jetzt wohl gerade tat. Dann fuhr sie fort: »Das ist es doch eigentlich, was wir alle wollen: wissen, wo unser Zuhause ist. Wir wollen dort sein und die Gespenster und Träume zur Ruhe bringen.«
    »Zu Hause bedeutet für mich Familie«, sagte Tim. »Doch heutzutage scheint in weiten Teilen der Welt diesbezüglich große Verwirrung zu herrschen.«
    Sami fühlte sich von diesem intensiven Gespräch emotional ausgelaugt. Zum Glück riss ein Platschen ganz in der Nähe sie aus dieser Stimmung. »Himmel, was war das? Ein Hai?«
    »Irgendein Fisch. Und zwar ein großer. Wollen wir die Schnur auswerfen? Vielleicht fangen wir was zum Frühstück.« Tim fischte im Handumdrehen das Angelzeug aus einem Spind. In der nächsten Stunde kämpfte Sami mit diversen Barramundis und verlor die meisten wieder, ehe sie mit Tims Hilfe ein Prachtexemplar angelte.
    »Das ist ein richtig großer Barramundi, mindestens zwölf Kilo! Der macht uns eine ganze Woche satt«, sagte er.
    »Er ist viel zu schön. Bitte, werfen wir ihn zurück.« Sami versuchte den krampfhaft zappelnden Fisch aufzuheben. In ihrer Stimme schwang das gleiche Mitleid, das Tim gespürt hatte, als sie über Leila gesprochen hatte.
    »Okay, du hast ja Recht.« Er löste den Haken aus dem Maul, und gemeinsam hoben sie den Fisch über die Reling. Mit einem silbrigen Aufblitzen tauchte er unter.
    In dieser Nacht träumte Sami von dem riesigen Fisch, eben dem Fisch, den sie auch auf einem uralten Felsbild gesehen hatte. Doch der Fisch hatte die Sonne verschlungen, und in seinem Bauch sah sie eine Myriade kleiner lodernder Sonnen.
    »Was glaubst du, was das zu bedeuten hat?«, fragte sie Tim am nächsten Morgen beim Frühstück.
    »Jesses, ich weiß nicht.« Er war abgelenkt, und Sami hielt den Mund, als er noch einmal die Tauchprozedur mit ihr durchging: wie sie nach seinen Atembläschen Ausschau halten sollte, wie sie der Leine, die als Sicherheitsmaßnahme an seinem Gürtel hing, Spielraum ließ.
    Er wies Sami in den Gebrauch des Funkgeräts ein, erklärte ihr das Notrufsignal und wie man den Motor anwarf. »Bloß für den Fall, dass ich nicht vom Einkaufen zurückkomme!« Er lächelte schwach über ihren fragenden Blick. »Wenn ich nicht wieder auftauche«, erklärte er.
    Tim hatte längere Zeit auf einen kleinen grünen Bildschirm in der Nähe des Steuers geschaut, und Sami fragte sich, warum er mit dem Schiff gekreist und noch einmal über ein bestimmtes Gebiet hinweggefahren war. Schließlich sah er auf. »Da unten ist etwas Merkwürdiges auf dem Echolot zu sehen. Und es ist wohl auch kein Riff. Ich sehe am besten mal nach.«
    »Kein Fischschwarm oder so?«
    »Nein. Aber wir werden es bald wissen.«
    Im Nasstaucheranzug mit Schwimmflossen und

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