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Die Perlenzüchterin

Die Perlenzüchterin

Titel: Die Perlenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Biergarten bedachte ein kräftiger Türsteher jeden Gast mit einem Blick, manchen auch mit einem Lächeln und einem Augenzwinkern. Lily reichte ihm die Eintrittskarten. Die Palmen im Biergarten waren mit grünen Lampions geschmückt, und unter ihnen wogten die Menschenmassen auf der Suche nach einem Platz mit Blick auf die Freilichtbühne.
    Pauline Despar winkte sie zu sich. »Lily, hier drüben. Wir haben es geschafft, Plätze freizuhalten – gegen eine große Übermacht. Hi, du musst Sami sein. Ich bin Pauline, das ist Gaye, sie betreibt Chinatown Music. Und das ist Rosie.«
    Sami nickte und lächelte allen freundlich zu, doch zwischen ihr und Rosie hing etwas Besonderes in der Luft, etwas Tieferes, das nicht leicht zu benennen war. Cousine Rosie – in einen auffälligen Seidenkaftan mit Aborigine-Motiv gekleidet – beugte sich zu ihr und gab ihr ein Küsschen. »Ich freue mich, dich kennen zu lernen, Sami. Willkommen. Das Konzert wird dir gefallen. Kerrianne Cox hat eine fantastische Stimme.«
    Es war alles sehr unkompliziert, und doch berührte die Begrüßung Sami auf eine Weise, die sie für einen kurzen Augenblick aus dem Gleichgewicht brachte. Rosie gehörte zur Familie, zur Aborigine-Seite der Familie. Der erste Kontakt.
    Doch dieser Gefühlsaufruhr war nicht von Dauer. Die Sitzordnung wurde geändert, Getränke wurden um den Tisch verschoben. Es entfaltete sich ein kurzes Gespräch über die Menschenmenge, die Veranstaltung und das vor ihnen liegende Konzert. Sami war erleichtert, dass das Stühlerücken Pauline zwischen sie und Rosie platziert hatte. Lily hatte den kurzen Wortwechsel zwischen ihrer Tochter und Rosie genau beobachtet. Nun fing sie Samis Blick auf. Lily sah sofort, dass ihre Tochter über die Begegnung bestürzt war. Rasch nickte Lily ihr beruhigend zu, doch ehe Sami reagieren konnte, nahm Pauline sie in Anspruch. »Kennst du Kerriannes Musik?«
    »Äh, nein. Wo kommt sie her?«
    »Sie kommt gerade von einer Tournee aus den USA zurück, aber sie ist von hier. Heute Abend lanciert sie ihre neue CD . Da drüben ist ihre Familie.« Pauline deutete auf eine Gruppe, die dicht an der Bühne mehrere Tische besetzte. Darunter befand sich auch ein weißhaariger Mann. »Der alte Bursche da ist ihr Großvater. Er wollte, dass sie Politikerin oder Rechtsanwältin wird und ihrem Volk hilft, aber Kerrianne spürte, dass sie mit ihrer Musik mehr ausrichten kann. Ich denke, heute weiß ihr Großvater, dass sie mit ihren Liedern mehr Menschen erreicht, als wenn sie vor Gericht oder auf einer Apfelsinenkiste stehen würde.«
    Gaye fiel ein: »Ihre Lieder wirken, und sie verkaufen sich. Sie wird es noch weit bringen, denke ich. Und ich habe eine Menge Kunden, die sie rückhaltlos unterstützen.«
    Ohne große Umstände betrat eine junge Frau mit einer Gitarre die Bühne. Sie trug eine lange schwarze Hose und eine leuchtend rote Jacke über einem schwarzen T-Shirt. Ihre Haare waren ganz kurz geschnitten, sie war groß und muskulös. Sami schätzte sie auf etwa ihr eigenes Alter. Kerrianne hieß sie alle willkommen – besonders herzlich ihre Familie – und stellte die Band vor. Dann hob sie die Gitarre und stürzte sich in ihr erstes Lied.
    Nach etwa der Hälfte stupste Pauline Sami an. »Was hältst du von ihr?«
    »Sie ist toll.«
    »Wir müssen unbedingt die CD kaufen«, flüsterte Pauline zurück. »Ein bisschen wie Tracy Chapman.«
    »Ich finde eher, wie Aretha Franklin.«
    Nach der Pause rief Kerrianne ihren Großvater und drei schüchterne kleine Jungen, die mit ihr singen sollten, auf die Bühne. Sie stellte den Leuten ihren kleinen Bruder, ihren Neffen und ihren Cousin vor. Dann wandte sie sich an ihren Großvater: »Dieses Lied ist für dich. Ich danke dir, dass du meine Berufung anerkannt hast und mir jetzt deinen Segen gibst.« Sie wandte sich wieder ans Publikum. »Ich bin auf meine Art auch eine Menschenführerin, denn ich habe gesehen, dass meine Songs nicht nur unser Volk, sondern alle möglichen Leute inspirieren und berühren. Großvater weiß das jetzt, denn er hat mich bei der Arbeit gesehen und mir seinen Segen gegeben. Und er hat mir gesagt: ›Vergiss nie dein Volk, vergiss nie, wer du bist, und vergiss nie, nach Hause zu kommen.‹«
    Sie stellte den kleinen Jungen das Mikrofon richtig ein. Die Knirpse standen schüchtern mit den Händen in den Hosentaschen da, neue T-Shirts hingen über den Hosen, die Baseballkappen trugen sie verkehrt herum. Sie starrten auf ihre Schuhe. Doch

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