Die Perlenzüchterin
mit gekrümmtem Schwanz unter einem niedrigen Busch hervorschoss, abrupt im Laufen innehielt und sie anstarrte. Sami hatte plötzlich das Gefühl, etwas Unbefugtes zu tun.
»Die tut Ihnen nichts«, ließ sich eine freundliche Stimme vernehmen, und eine braun gebrannte Frau kam auf Sami zu. »Hier gibt’s Dutzende davon. Wir nennen sie Tata-Eidechsen.«
»Tata wie ›Auf Wiedersehen‹?«
»Genau. Passen Sie auf.« Unvermittelt ging sie auf die Eidechse zu. Die richtete sich auf, winkte mit der Vorderpfote und flitzte davon. Die beiden winkten ihr hinterher.
»Wie süß«, lachte Sami. »Arbeiten Sie hier?«
»Ja. Ich bin Blossom. Na ja, das ist mein Name hier in Broome. Ich bin hier der Platzwart.«
»Ihr Name hier in Broome?«
»Ich bin vor acht Jahren mit einem langweiligen Namen hier angekommen, habe ein neues Leben entdeckt und beschlossen zu bleiben. Ich bin ein neuer Mensch geworden, also habe ich mir auch einen neuen Namen zugelegt.«
»Klingt logisch«, sagte Sami lächelnd. Sie musste zugeben, dass der Name hervorragend zu der Frau passte.
»Es verschlägt viele Leute wie mich hierher, die sich am Ende kaum noch vorstellen können, wieder abzureisen. Broome geht einem unter die Haut. Und Sie machen hier Ferien? Ich habe Sie noch nie hier gesehen.«
»Ich bin zu Besuch. Meine Mutter wohnt da oben.« Sami zeigte auf den Balkon von Lilys Apartment.
»Ach, dann sind Sie Lilys Tochter! Wann sind Sie angekommen?«
»Gerade eben. Ich habe gehört, sie ist gar nicht da, also werde ich wohl einfach warten.«
»Ach, man wird Sie reinlassen. Ihrer Mama macht das bestimmt nichts aus. Und?« Blossom musterte Sami. »Wie war’s im Busch?«
»Du meine Güte, Neuigkeiten verbreiten sich hier aber schnell.« Sami sprach freundlich, doch sie war ein wenig verärgert, dass offenbar jeder über ihre Angelegenheiten im Bilde war.
»Ich plaudere öfter in aller Herrgottsfrühe mit Ihrer Mutter. Sie bekommt von mir Mangos aus meinem Geheimvorrat für ihr Frühstück.«
»Ich habe gerade auf dem Markt eine Tüte gekauft!«
»Mangos kann man nie genug haben. Freut mich, dass Sie sich gleich mitten hinein ins Marktgetümmel gestürzt haben. Wenn ich was für Sie tun kann, lassen Sie’s mich wissen.«
»Da wäre wirklich etwas. Ich reise mit meiner Hündin. In so entlegenen Gegenden wollte ich nicht ganz allein sein, deshalb habe ich meine beste Freundin mitgenommen. Haben Sie eine Idee, wo ich sie hier lassen kann? Vielleicht finden sich später Freunde oder Verwandte, die sich um sie kümmern, wenn meine Mutter zurückkommt.«
»Kein Problem. Beim unteren Balkon, direkt unter dem Apartment Ihrer Mutter, ist ein Werkzeug- und Lagerschuppen. Da ist es kühl, da können Sie ihr ein Lager machen. Was für eine Rasse ist es denn? Hält sie es ein Weilchen allein aus?«
»Rakka ist ein Australian Kelpie, klug und gut erzogen. Ich wusste, dass es die Reise umständlicher machen würde, aber ich wollte sie nicht allein lassen. Sie ist mein bester Kumpel.«
»Das verstehe ich gut. Hören Sie, falls es Probleme gibt, kann sie auch bei mir bleiben. Ich habe einen eingezäunten Garten und eine fette alte Katze, die ihr aus dem Weg gehen wird.«
»Ach, das wäre toll. Vielen Dank, Blossom.«
»Keine Ursache.«
Eine Stunde später saß Sami entspannt auf Lilys Balkon, aß eine Mango und las die aktuelle Ausgabe der Wochenzeitung Broome Advertiser. Da wurde die Eingangstür geöffnet. Lily quietschte, zunächst vor Schreck, dann vor Entzücken. »Sami! Menschenskind! Warum hast du mir nicht gesagt, dass du heute kommst?«
»Ich wollte dich überraschen.« Sie schlenderte hinein, um ihre Mutter zu umarmen.
»Na, das ist dir auch gelungen. Herrje, es ist so schön, dich hier zu sehen.« Lily drückte ihre Tochter fest an sich. Sie hielten sich an den Händen, dann ließen sie los und sahen einander an. »Ach, du siehst großartig aus, die Kimberleys scheinen dir gut getan zu haben!«, sagte Lily mit der Befriedigung und dem Stolz einer Mutter.
»Du siehst auch ziemlich gut aus, Mami. Um genau zu sein, wie das blühende Leben!« Lily wirkte beinahe kokett, sehr zufrieden mit sich, und Sami fragte sich, ob die Liebesaffäre mit Dale enger geworden war.
Lily drückte sie erneut an sich. »Ach Gott, wo fange ich an? Seit wann bist du hier? Hat man dich gleich reingelassen?«
»Blossom hat alles in die Hand genommen.« Sami deutete auf die Pflanze auf dem Esstisch. »Ich hatte auf dem Markt ein kleines Geschenk für dich
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