Die Perlenzüchterin
sind natürlich einmalig.«
Sami sah ihre Mutter scharf an. »Denkst du vielleicht darüber nach, hier zu bauen?«
»Wer weiß? Irgendwo muss ich mich ja zur Ruhe setzen«, bekam sie zur Antwort. »Aber da besteht keine Eile.« Lily war erleichtert, als Harlan in der Tür erschien.
»Braucht ihr Hilfe?«, rief er.
»Ja, bitte.« Lily öffnete die Tür zum Rücksitz und Rakka sprang heraus, rannte auf Harlan zu, als wäre er ein alter Freund, und wurde mit Tätscheln und Kraulen hinter den Ohren belohnt.
Er kam zum Auto und schüttelte Sami die Hand. »Ich bin Harlan, Rosies Mann. Willkommen.«
»Schön, dich kennen zu lernen. Du bist Anwalt, stimmt’s?«
»Hier in der Gegend bin ich eher als Lizzies Vater bekannt.«
In diesem Augenblick schoss ein kleines Mädchen mit lockigem Haar aus der Tür und blieb auf der obersten Stufe stehen. Sie beäugte Sami kurz, dann hopste sie die Treppe herunter zu Lily. »Lizzie Geschenk, Tante Lily.«
»Also Lizzie, das ist nicht sehr nett von dir. Gib Tante Lily und deiner Cousine Sami erst mal einen Kuss«, sagte ihr Vater streng.
Sami ging vor der Kleinen in die Hocke. Die war ganz still geworden und hatte die Hände hinter dem Rücken versteckt. »Hallo, Lizzie.«
Das Kind rührte sich nicht, sondern sah Sami aus dicht bewimperten dunklen Augen ernst an. Sami sah ihrerseits in das runde Gesicht mit dem süßen Herzmund und der kräftigen Nase, deren Nasenflügel geweitet waren. Wie von einem Heiligenschein wurde Lizzies Gesicht von glänzenden schwarzen Locken eingerahmt. Sie hatte lange Finger mit von Natur aus rosigen Nägeln. Lizzie löste ihre Hände voneinander und berührte mit einem Finger neugierig Samis Nase.
Die zuckte, und Lizzie kicherte. Dann kam sie wohl zu dem Schluss, dass sie ihre Cousine mochte, denn sie warf Sami die Arme um den Hals und umklammerte mit ihren staksigen Beinchen ihre Taille. Sami drückte sie fest an sich, roch ihr Haar, spürte eine Wange an ihrem Hals, und eine Woge der Zuneigung überkam sie. Sie hatte sich immer nach Geschwistern gesehnt. Sami drückte sie noch einmal und richtete sich dann auf. »Na, dann zeig mir mal euer Haus. Und sag meiner Hündin Rakka guten Tag. Ich würde mich sehr freuen, wenn du dich auch ein bisschen um sie kümmerst.«
Das Mädchen tätschelte den Hund vorsichtig, und eine feuchte Nase rieb sich an seinem Hals. »Na, siehst du, jetzt seid ihr Freundinnen«, verkündete Sami, und Hand in Hand gingen die beiden ins Haus.
Zuerst sah Sami einfach nur viele Menschen, einen bunten Haufen verschiedener Hautfarben und Nationalitäten, Altersstufen und Erscheinungsbilder. Und plötzlich kam sie sich vor wie eine Ausländerin. Doch schon eilte Rosie herbei und umarmte sie kurz. »Komm, ich möchte dir Jimmy Pike und seine Frau Pat Lowe vorstellen. Sie machen sich heute Nachmittag nach New York auf. Wir mussten nur in letzter Sekunde noch ein paar Kleinigkeiten für Jimmys Ausstellung erledigen.«
Sami schüttelte dem berühmten Maler die Hand. »Ich fühle mich geehrt, Sie kennen zu lernen. Ich schätze Ihre Arbeit sehr. Und ich kenne auch Ihre Kinderbücher«, fügte sie, zu Jimmys Frau Pat gewandt, hinzu. »Werden Sie noch mehr schreiben?«
Pat, eine Engländerin, deren britische Aussprache immer noch schwach durchschien, machte ein erfreutes Gesicht. »Wir arbeiten immer an mehreren Dingen gleichzeitig. Wenn wir diese Ausstellung hinter uns haben, können wir uns wieder unseren anderen Projekten zuwenden, und vielleicht sogar dem Garten.«
Harlan kam, um Lizzie zu holen. »Pat hilft auch viel in der Leitung von Environs – das ist unsere örtliche Umweltschutzgruppe. Kommt raus auf die Veranda, da stehen Getränke und Essen bereit. Ach, und Sami: Wir freuen uns, Rakka bei uns zu haben, wir haben sie schon alle ins Herz geschlossen. Solange du hier bist, kümmern wir uns gerne um sie.«
»Das ist wirklich lieb von euch. Ich sehe schon, sie fühlt sich wie zu Hause.« Sie sah Rakka auf die Veranda hinaustrotten.
»Rakka hat da draußen ihren eigenen Sessel«, erklärte Harlan. »Früher war das Lizzies.«
Lily war in der Küche. Sami beeilte sich nicht, auf die Veranda zu kommen. Sie blieb immer wieder stehen und sah sich Bilder, Fotos, Kunst und Gegenstände aus den alten Perlenfischertagen an. Ein Gegenstand erregte ihre Aufmerksamkeit besonders, und sie sah ihn sich näher an. Auf einem Bücherregal stand ein kleines hölzernes Schiff in einem Glasgehäuse – eine schlichte Nachbildung eines
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