Die Perlenzüchterin
mich darauf, ein bisschen Zeit bei ihm auf der Farm zu verbringen. Sie sagten es ja: Mein Lernpensum ist groß.«
Sie gaben bei der Kellnerin ihre Bestellungen auf. Dann fragte Lily Tim: »Übrigens, werde ich die Investoren kennen lernen?«
»In diesem Stadium wollen sie die Dinge schriftlich abwickeln und nicht selbst in Erscheinung treten. Aber ich habe da oben ein Video gedreht, das ich ihnen zeigen werde. Es ist ein bisschen amateurhaft, aber es wird seinen Zweck erfüllen. Ich nehme an, sie tauchen auf, wenn wir mit der Ernte beginnen. Aber Sie haben Recht mit der Unternehmensbewertung, und ich werde die notwendigen Dokumente mitbringen, ein schriftliches Angebot und eine Finanzierungszusage für Sie und Dave. Und die Ihre Juristen prüfen können.«
»Werden wir nicht zusätzliches Personal benötigen? Das ist wichtig«, meinte Lily.
»Lassen Sie uns erst den Papierkram erledigen, damit wir den Leuten überhaupt einen Job anbieten können.« Er lächelte ihr zu. »Wir haben viel zu bereden. Wie wir zusammenarbeiten sollen, die Verteilung der Aufgaben, den Kleinkram. Eigentlich können wir auch gleich das Abendessen hier einnehmen!«
»Tim, wir sind ein Team! Ohne viel über Sie zu wissen, verlasse ich mich hier auf, na ja, nennen wir es die weibliche Intuition, die die Geschäftsmänner, mit denen ich befreundet bin, immer nervös macht. Aber sie hat mich noch nie im Stich gelassen. Ich freue mich darauf, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Wir werden einander gut ergänzen!«
»Darauf trinke ich.« Sie stießen an.
»Apropos Abendessen«, meinte Lily, »es besteht Aussicht auf Schlammkrabben. Hätten Sie nicht Lust, mit zum alten Haus zu kommen und bei Rosie und Harlan zu Abend zu essen? Falls Sami keine Krabben gefangen hat, können wir ja notfalls Rührei machen!«
Am Eingangstor blieb Tim stehen und betrachtete das imposante Haus des legendären Perlenbarons Tyndall im Mondlicht. Bei seinem Anblick wurde aus der Perlenzucht mit all ihren romantischen Assoziationen eine herrliche Obsession, ein glorreiches, abenteuerliches Unternehmen, ganz anders als die planlos angelegte Perlenfarm in dem indonesischen Fischerdorf, die er kennen gelernt hatte. Als er die glänzenden alten Dielen der Veranda betrat, straffte er die Schultern und stellte sich vor, er hätte seine Perlenbaronsmütze unter den Arm geklemmt und trüge makellos weiße Schuhe.
»Hallo, Sie müssen Tim sein, kommen Sie rein!« Rosie öffnete die Tür und führte den Besuch durchs Haus. »Wir sind im Garten.« Als sie sah, wie seine Blicke durch den Raum schossen, fügte sie hinzu: »Kommen Sie, holen Sie sich erst was zu trinken, und dann können Sie sich im Haus umsehen. Falls Sie an den alten Zeiten interessiert sind, heißt das.«
»Das bin ich, vielen Dank. Ich habe mir sogar gerade vorgestellt, wie die Feste hier im Haus gewesen sein mögen, als es gerade erst erbaut war«, gab er zu.
»Sprechen Sie mit der alten Biddy, sie hat damals den Haushalt und die Küche geführt.«
»Und sie erinnert sich noch an diese Zeit?«
»Wenn Sie will. Sie kennt ein paar tolle Geschichten. Mein Gott, stellen Sie sich vor, Sie müssten diese weißen Uniformen stärken und mit einem Bügeleisen, das mit Holzkohle beheizt wird, bügeln, oder fünfzehn Paar Schuhe weißen!«
»Die Perlenbarone nahmen sich offenbar sehr ernst«, meinte Tim.
»Sie waren damals die Oberschicht. Zusammen mit den besten Tauchern. An Land lebten sie allerdings in zwei verschiedenen Welten.«
»Natürlich«, stimmte Tim zu und erkannte damit die Anspielung auf die Rassenprobleme in ihrer Bemerkung an. Er trat hinaus in den Garten, und der Duft der Blumen ließ ihn den Atem anhalten. Was Lily ein zwangloses familiäres Grillen genannt hatte, sah in Tims Augen nach etwas Besonderem aus. Ein kleiner Brunnen plätscherte neben einem langen Tisch mit weißem Tischtuch, Kerzen und Blumen.
Rosie stellte ihn Harlan vor, der in einer Gruppe von Leuten am Grill stand, dann entschuldigte sie sich: »Ich muss noch ein paar Dinge holen. Harlan besorgt Ihnen was zu trinken.«
Lily begrüßte Tim und stellte ihn dann Dale, Bill Reed und seiner Frau, Pauline Despar und Ross vor.
»Ross ist für einen Teil der Speisekarte verantwortlich. Er und Sami hatten offensichtlich einen ziemlich erfolgreichen Tag!«
»Freut mich zu hören«, sagte Tim und schüttelte Ross die Hand. »Das heißt, wir essen Schlammkrabben?«
»Unter anderem«, sagte Ross. »Es wird, ehrlich gesagt, ein
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