Die Perlenzüchterin
ziemliches Festessen. Ich esse seit ein paar Wochen nur, was ich selbst koche, da ist das heute eine willkommene Abwechslung.«
Lily nahm Tim beiseite. »Ich will sehen, wie es Biddy geht. Möchten Sie sie kennen lernen? Mit ihren neunzig Jahren ist sie eine bemerkenswerte Person.«
»Ja, gerne. Rosie hat mir erzählt, wie viel sie von den alten Zeiten noch weiß.« Er folgte Lily über die Veranda zu Biddys Schlafzimmer, aus dem Lachen drang. Als sie durch die Flügeltür eintraten, sahen sie Sami auf dem Bett liegen. Sie hielt ihre Knie umschlungen und lachte aus vollem Hals, während Lizzie in einem Baumwollschlafanzug auf ihr saß und sie kitzelte. Biddy versuchte derweil, Lizzie die Haare zu bürsten.
»Was treibt ihr Mädchen denn da?«, schalt Lily. »Das ist wohl kaum besonders angenehm für Biddy, wenn ihr zwei euch hier aufführt wie die Rabauken!«
»Wer sein der Mann?« Biddy deutete mit der Haarbürste auf Tim.
Lizzie und Sami hielten inne und setzten sich ruhig neben Biddy aufs Bett.
»Der Herr ist zu Besuch, Biddy«, erklärte Lily. »Tim Hudson. Er hat sich auch mit dem Virus der Perlenfischer angesteckt und möchte dich kennen lernen.«
Biddy ergriff Tims ausgestreckte Hand und schüttelte sie kurz. »Hab Sie noch nich’ hier gesehen.«
»Ich habe im Ausland gearbeitet, hauptsächlich in Indonesien, und jetzt, na ja, sehe ich mich in diesem Teil der Welt um.«
Lily wandte sich an Tim. »Das ist meine Tochter Samantha – Sami –, und das ist Rosies und Harlans kleine Tochter Elizabeth.«
»Lizzie«, verbesserte die Fünfjährige sie.
»Hallo.« Sami stand auf und reichte Tim die Hand.
»Fein«, meinte Lily erleichtert. »Ich lasse euch dann allein und helfe noch ein bisschen beim Abendessen.«
Nachdem Lily gegangen war, sagte Sami: »Komm, Lizzie. Wir lassen die beiden allein.«
»Ja, setzen Sie sich«, wies Biddy ihren Besuch an und klopfte auf den Platz, den Sami geräumt hatte. »Wollen ein Schwätzchen halten.«
Sami holte Lily ein. »Mami, wer ist dieser Mann?«
»Tim? Ich habe dir doch erzählt, wie ich Tim kennen gelernt habe.«
»Ich kann mich nicht erinnern. Was macht er?«
»Er hat sich im Ausland ein bisschen mit Perlenzucht befasst.« Lily tätschelte Lizzie den Kopf, und das Mädchen lief über die Veranda davon. Sami bemerkte den ausweichenden Tonfall ihrer Mutter.
»Mami«, begann sie etwas schärfer. »Gibt es da etwas, was ich nicht weiß, aber wissen sollte?«
Lily wandte sich ihr zu, und für einen Augenblick versuchten beide, die Gedanken der anderen zu lesen. Dann lehnte Lily sich ans Verandageländer. »Tim und ich gründen zusammen ein Geschäft«, verkündete sie mit gedämpfter Stimme. »Perlenzucht.«
Sami war sprachlos und blickte ihre Mutter nur voller Entsetzen an. »Ich weiß, ich weiß«, sagte Lily besänftigend und hob abwehrend die Hände, »vielleicht hätte ich es dir früher erzählen sollen. Aber wir haben die Einzelheiten erst heute beim Mittagessen besprochen und …«
Sami tat einen Schritt auf ihre Mutter zu, immer noch leicht betäubt. Dann fand sie ihre Stimme wieder. »Du bist verrückt, Mutter! Völlig durchgeknallt! Zu viel Sonne. Ich nehme das einfach nicht ernst. Und ich werde mich von diesem Tim nicht so einwickeln lassen wie du.« Dann fragte sie scharf: »Was hält Dale übrigens davon?«
»Oh, er hält mich auch für verrückt«, antwortete Lily fröhlich. »Keine Sorge, das klären wir noch.«
»Mein Gott!«, rief Sami.
»Bitte bleib ruhig, bis wir nach Hause kommen, Schätzchen«, bat Lily. »Dann sprechen wir darüber.«
»Ich brauche was zu trinken.« Sami stapfte davon.
Lily sah am Grill nach Rosie, dann ging sie zurück zu Biddy, die immer noch mit fester Stimme auf Tim einredete. »Hab ihm vom Perlenfischen erzählt. Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Er ein bisschen wie unser alter Kapitän Tyndall, was?«, sagte Biddy, als Lily ihre Hand nahm.
»Das klingt, als müsste ich große Erwartungen erfüllen, Biddy«, entgegnete Tim, erhob sich und glättete die Bettdecke.
»Das richtig.« Biddy schenkte ihm ein breites Lächeln. »Das ganz richtig.«
»Ich habe Biddy gerade unser Geheimnis erzählt. Dass wir Star of the Sea wieder ins Leben rufen und jede Menge Perlen finden«, sagte Tim an Lily gewandt.
»Ich fürchte, es ist kein Geheimnis mehr, Tim. Ich musste es gerade meiner Tochter beichten. Sie hatte etwas gemerkt.«
»Upps … Wie hat sie’s aufgenommen? Ich sollte ihr die Sache wohl lieber
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