Die Perserinnen - Babylon 323
zu
langweilen, albernem Klatsch zu lauschen und sich über die kleinlichen
Gemeinheiten ihrer Rivalinnen zu ärgern.
Auch an diesem Abend trödelte sie möglichst lange herum. Sie
ließ sich zweimal eine neue Frisur machen und probierte ein Kleid nach dem
anderen an. Als es an ihrem Aussehen auch nicht das Geringste mehr zu
verbessern gab, konzentrierte sie ihre Aufmerksamkeit auf ihre Nichte und
kramte in ihren Schmuckkästen, um etwas Passendes für Faiduma herauszusuchen.
Schließlich verlor Frataguna die Geduld und sprach ein
Machtwort. „Entscheide dich endlich! Meinst du, wir wollen hier den ganzen
Abend herumstehen und auf dich warten?“
Seufzend nahm Paruschjati eine Kette aus Karneol und
filigranen Goldkügelchen, legte sie Faiduma um den Hals und stand auf.
Wegen ihrer Trödelei war es bereits stockfinster, als sie
sich auf den Weg zum Festsaal machten. Zwei Eunuchen gingen mit Fackeln voran,
gefolgt von der würdevollen Erscheinung Aspamithras, der seinen Zeremonienstab
schwang. Hinter ihm schritt Paruschjati, ebenfalls um Würde bemüht, dann kamen
Frataguna und Faiduma, zwei Eunuchen mit Wedeln aus Straußenfedern und
schließlich eine lange Kolonne von Dienerinnen und weiteren Eunuchen.
Aspamithra, der ein Gespür für wirkungsvolle Auftritte hatte, dirigierte die
feierliche Prozession durch die Gänge und Höfe des Palasts, über Fußböden aus
weißem, schwarzem und buntem Stein, durch Türen mit Beschlägen aus Gold, Silber
und Elfenbein, vorbei an kunstvollen Reliefs und Wandmalereien. Schließlich
erreichten sie über den östlichen Innenhof den hell erleuchten Festsaal.
Gleich am Eingang nahm Bagodara sie in Empfang, der
Oberhofmeister des Neuen Palasts. Seine äußere Erscheinung entsprach allen
Klischeevorstellungen, die man landläufig mit einem mächtigen Obereunuchen
verband: Er war massig und korpulent, mit einem runden, blasierten Gesicht, und
so aufwendig gekleidet, dass man ihn fast für den Großkönig hätte halten
können, hätte er nur einen Bart gehabt. Mit unüberbietbarer Grandezza verbeugte
er sich vor den soeben eingetroffenen Gästen.
„Königin Paruschjati“, erklärte er mit piepsender Stimme,
die in eklatantem Widerspruch zu seiner sonstigen Erscheinung stand.
„Königliche Dame Frataguna. Edle Dame Faiduma. Ihr werdet bereits erwartet.“
Ein leichter Tadel, weil sie so spät dran waren, erkannte
Paruschjati. Doch auf Bagodaras Stirn bemerkte sie kleine Schweißperlen, und
das warnte sie vor. Drinnen im Saal musste etwas schiefgegangen sein.
Normalerweise ließ sich der Oberhofmeister durch nichts aus der Ruhe bringen.
An der Spitze ihres Gefolges folgte Paruschjati ihm durch
die vordere Halle, in der die einfachen Palastdamen und die Frauen weniger
bedeutender Würdenträger tafelten. Der Saal war hell erleuchtet, überall saßen
Frauen auf Stühlen oder Kissen, Musik und Stimmen erfüllten die Luft. Das
Gemurmel schwoll kurz an, als Paruschjati im Eingang erschien, und wurde dann
leiser. Die Frauen standen auf und verbeugten sich, während Paruschjati durch
die Halle schritt.
Sie passierten den Durchgang zu dem Saal, der den
hochrangigen Damen vorbehalten war. Bagodara führte sie zur Mitte, wo fünf mit
Gold und Edelsteinen geschmückte Sessel standen. Drei davon waren belegt. Ein
Blick auf die Sitzordnung genügte, und Paruschjatis Stimmung, die ohnehin schon
nicht die beste gewesen war, erreichte einen vorläufigen Tiefpunkt. Daher also
Bagodaras Nervosität! Sie biss die Zähne zusammen und beschloss, sich für den
Anfang nichts anmerken zu lassen.
Die junge Frau, die auf dem besonders hohen und prunkvollen
Sessel in der Mitte thronte, erhob sich. „Königin Paruschjati.“ Sie machte eine
formelle Verbeugung, die so knapp wie möglich ausfiel, ohne eindeutig unhöflich
zu wirken. „Willkommen auf unserem Fest.“
„Königin Statira.“ Paruschjati verneigte sich ebenfalls,
erst vor Statira, dann vor der jungen Frau rechts von ihr, die sich ebenfalls
erhoben hatte. „Königliche Dame Drupati.“ Paruschjati wandte sich der dritten
Frau zu, die als einzige sitzen geblieben war. „Königin Raukschana.“
„Königin Paruschjati.“ Raukschana, die hochschwanger war,
machte Anstalten sich zu erheben, doch dann legte sie die Hand auf ihren
gewölbten Bauch und ließ sich mit einem Seufzer wieder auf ihren Sessel sinken.
„Erlaubst du, dass ich sitzen bleibe? Die Schwangerschaft, wenn du verstehst.“
„Selbstverständlich. Ich hoffe, dir und dem
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