Die Perserinnen - Babylon 323
Flecken von der Aufregung.
„Natürlich freut ihr euch“, sagte Frataguna. Sie legte eine
Hand auf den Arm ihrer Nichte, die andere auf den ihrer Schwester. „Jede Frau
freut sich an ihrem Hochzeitstag.“
Parmusch erwiderte nichts und zupfte zum hundertsten Mal am
Schleier ihrer Tochter.
„Ich erinnere mich noch an meine eigene Hochzeit“, fuhr
Frataguna fort. „Für mich war es wie der Beginn eines neuen Lebens.“
„Du durftest auch einen Mann von Ehre und Ansehen heiraten“,
sagte Parmusch. „Den Sohn eines Kschatrapavan, aus einer der vornehmsten
Familien der Parsa. Nicht einen Fremden aus dem Westen. Früher nannten wir sie
Barbaren, heute geben wir ihnen unsere Töchter.“
„Du sprichst von der Vergangenheit, doch wir erleben die
Geburt einer neuen Welt! Unsere Töchter und Schwestern werden Anteil an ihr
haben und dadurch auch wir selbst.“
„Du hast gut reden! Deine Tochter ist nicht hier, um einen
dieser Fremden zu heiraten.“
„Faiduma ist noch zu jung.“
„Sie ist schon zwölf.“
„Die Makedonen bevorzugen reifere Bräute“, sagte Paruschjati
und kicherte. „Hier sind einige ziemlich späte Mädchen dabei, mich selbst
inbegriffen.“ Mit ihren neunzehn Jahren war sie tatsächlich schon über das
übliche Heiratsalter hinaus.
Parmusch nahm Paruschjatis Hand. „Wer hätte gedacht, dass
eine Frau aus unserer Familie noch einmal Königin wird? Nach allem, was wir
durchgemacht haben! Wir wurden verfolgt und gedemütigt, und nun wird eine von
uns vielleicht die Ahnfrau einer neuen Dynastie.“ Sie machte mit dem Kinn eine
Bewegung zum Zentrum des Saales, wo Statira mit Drupati und Amaschtri Hof
hielt. „Ab morgen wirst du zu den ersten Damen am Hof gehören.“
Die Musik hatte aufgehört zu spielen, dafür schien das
Stimmengewirr lauter geworden zu sein. Oberhofmeister Bagodara war im
Haupteingang des Saales erschienen. Der Eunuch pochte mit seinem Stab auf den
Boden und kündigte die Ankunft der Königinmutter an. Alle Anwesenden erhoben
sich, als Sissingambri den Saal betrat, gestützt auf zwei Dienerinnen, die
mindestens so alt und gebrechlich wirkten wie sie selbst.
„Es ist so weit“, sagte Parmusch und zerrte ungeduldig an
Gambijas Arm. „Ihr müsst euch für den Brautzug aufstellen.“
Plötzlich entstand überall Unruhe. Stoffe raschelten,
Schmuck klirrte. Eunuchen liefen hin und her, wiesen den Bräuten ihre Plätze zu
und beruhigten aufgeregte Mütter, die zum letzten Mal an ihren Töchtern
herumzupften, Kronen zurechtrückten, Gewandfalten ordneten und Schleier
drapierten.
„Königliche Dame Paruschjati. Edle Dame Gambija.“
Oberhofmeister Bagodara stand in eigener Person vor ihnen. „Eure Plätze sind
ganz vorn im Brautzug. Wenn ihr bitte mitkommen wollt.“
Paruschjati und ihre Nichte folgten dem Eunuchen, ihrerseits
gefolgt von Frataguna und Parmusch, die noch im Gehen an ihrer Tochter
herumnestelte. Bagodara führte sie an das östliche Ende des Saales, wo bereits
Statira, Drupati und Amaschtri Aufstellung genommen hatten. Als der
Oberhofmeister Paruschjati zu dem Platz links von Statira führte, warf diese
ihr einen verächtlichen Blick zu.
„Ich bin die Braut des Königs“, erklärte sie kühl. „Ich gehe
allein an der Spitze.“
„Paruschjati ist ebenfalls die Braut des Königs“, zischte
Parmusch.
„Ich bedaure außerordentlich“, sagte Bagodara zu Statira,
„aber es ist vorgesehen, dass die Bräute in einer Zweierreihe gehen. Da es
genau zweiundneunzig sind, kann keine allein bleiben.“
„In diesem Fall gehe ich mit meiner Schwester. Schließlich
ist auch sie eine Tochter des Großkönigs.“
„Genau wie Paruschjati“, fauchte Parmusch.
„Gibt es Probleme?“ Die Königinmutter Sissingambri war zu
ihnen getreten.
„Absolut nicht!“ Bagodara machte einen tiefen Bückling. „Die
königlichen Damen Statira und Paruschjati gehen an der Spitze. Hinter ihnen
folgen die königlichen Damen Drupati und Amaschtri, dann die edlen Damen
Gambija und Artakama. Alles genau wie vorgesehen.“
„Heute ist ein großer Tag“, sagte Sissingambri, ohne die
Missstimmung zur Kenntnis zu nehmen. „Vielleicht der größte in eurem Leben!
Haltet ihn in euren Herzen fest, meine Kinder.“
Sie breitete die Arme aus, als wolle sie alle Mädchen
gleichzeitig umarmen. Statira warf Paruschjati einen hasserfüllten Blick zu,
und plötzlich wurde ihr klar, dass sie ihre Feindin war. Bisher hatten sie
einander lediglich nicht ausstehen können, doch von
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