Die Perserinnen - Babylon 323
gegeneinander Krieg zu führen. Doch das ist jetzt
Vergangenheit – ich habe Griechen und Perser miteinander versöhnt. Mir ist es
zu verdanken, dass beide Völker nun in Frieden leben, zum Wohl der ganzen
Menschheit.“
„Ach?“ Wenn sie etwas an ihm hasste, dann seine Neigung zur
Selbstgefälligkeit.
Er interpretierte ihren Sarkasmus falsch. „Du glaubst mir
nicht? Bitte: Ich habe Perser als Satrapen eingesetzt, wie zum Bespiel deinen
Schwager Atropates in Medien, und persische Krieger in meine Armee aufgenommen.
Ich habe zehntausend meiner Soldaten und Offiziere persische Frauen heiraten
lassen, damit die beiden Völker sich vermischen. Auf dem großen Versöhnungsfest
in Opis haben sie gemeinsam gebetet, als Symbol ihrer gleichberechtigten
Teilhabe an der Herrschaft.“
Paruschjati erinnert sich an das, was Apama bei diesem Fest
gesagt hatte; natürlich war sie eine Fanatikerin, aber das bedeutete nicht,
dass sie nicht in einigen Punkten recht hatte. „Das ist keine echte
Gleichberechtigung. Hat auch nur ein einziger Perser eine makedonische Frau
bekommen? Nein, es war immer nur umgekehrt. Dir ging es doch nur darum, deine
eigene Macht zu sichern. Du weißt genau, dass du die Herrschaft über Asien mit
den Makedonen und Griechen allein auf Dauer nicht behaupten kannst. Du bist auf
die Hilfe von uns Persern angewiesen.“
„Na und? Ich war schon immer ein pragmatischer Mensch. Ich
weiß, dass ich mein Reich nicht auf Unterdrückung aufbauen kann, sondern nur
auf der Kooperation der Völker – Makedonen, Griechen, Perser.“ Er schien sich
an seinen eigenen Worten zu berauschen, sein Enthusiasmus wirkte echt. „Frieden
und Eintracht unter allen Menschen – ist das nicht eine wahrhaft große Vision?“
„Und was ist mit den übrigen Völkern? Welche Teilhabe hast
du ihnen zugedacht?“
„Die werden natürlich auch berücksichtigt. In Ägypten zum
Beispiel habe ich die Regierung Einheimischen anvertraut, später in Indien oft
ebenfalls. Und in Karien habe ich sogar eine Frau als Satrap eingesetzt, sie
stammte aus dem alten karischen Herrscherhaus. Das müsste dir doch gefallen, du
beschwerst dich ja immer, dass Frauen angeblich nicht genug zu sagen haben.“
„Du hast von dem Fest in Opis gesprochen. In der Mitte des
Zeltes, um dich herum, waren damals ausschließlich Makedonen und allenfalls
noch ein paar Griechen. Erst im nächsten Ring kamen die Perser, und die übrigen
Völker blieben am Rand. Das sagt alles.“
„Das war nötig, um die Makedonen zu beruhigen“, erwiderte
er. „Schließlich hatten sie eben noch gemeutert. Doch mit der Zeit werden ihre
Vorurteile gegen die Perser verblassen. Eines Tages werden sie meine Pläne
verstehen, dann wird meine Vision Wirklichkeit werden. Alles, was ich brauche,
ist Zeit.“
Zwei Tage später war er zu einer Inspektionstour in das
babylonische Kanalsystem aufgebrochen. Dort ereignete sich ein Vorfall, der
Paruschjatis schlimmste Befürchtungen wieder wecken sollte.
„Die feindlichen Parteien stehen einander auf dem freien
Feld gegenüber, in Schlachtordnung und mit voller Bewaffnung, die Phalanx auf
der einen Seite, die Reiterei auf der anderen. Quälend lange verharren sie
reglos und belauern einander. Jeden Augenblick kann es zum Blutvergießen
kommen. Da reitet Perdikkas vor die Frontlinie der Reiterei, ganz allein. Er
steigt ab und legt seine Waffen nieder, dann geht er zu Fuß und unbewaffnet auf
die Phalanx zu. Beifall brandet auf. Meleagros bleibt nichts anderes übrig, als
ebenfalls seine Waffen abzulegen und Perdikkas entgegenzugehen. Sie treffen
sich in der Mitte zwischen beiden Fronten. Sie schütteln sich die Hände, und
die Soldaten auf beiden Seiten brechen in Jubel aus.“
Vidarna war gegen Abend in den Palast zurückgekehrt, um den
Frauen Bericht zu erstatten, was sich vor den Mauern der Stadt abgespielt
hatte. Ptolemaios, Leonnatos, Attalos und die anderen hohen Offiziere waren zu
den Verhandlungen auf freiem Feld hinzugekommen. Schnell hatten sie sich
geeinigt, und die Soldaten gaben ihre Zustimmung, indem sie mit den Waffen
rasselten. Phalanx und Reiterei stimmten ein Siegeslied an und kehrten
gemeinsam in die Stadt zurück. Gerade jetzt besiegelten sie ihre Versöhnung
durch ein feierliches Gelöbnis an der Bahre des Königs.
„Und worauf haben sie sich geeinigt?“, fragte Paruschjati
gespannt.
„Arridaios wurde als König Philipp anerkannt.“
„Was? Dieser Irre?“, rief Frataguna empört.
Paruschjati dagegen war
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