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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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das?“
    „Wortwörtlich. Alles, was bei den Fremden Rang und Namen
hat, ist zurzeit im Thronsaal versammelt. Sie schachern darum, wer welche
Satrapie bekommt.“
    Ein griechisch gekleideter Mann mischte sich ein. „Jetzt, wo
König Alexander tot ist, streiten sich seine Lakaien um die besten Teile seines
Reiches, wie Hyänen, die um einen Kadaver schleichen und nur darauf lauern, ihn
in Stücke zu reißen. Was soll nur aus der Welt werden, wenn sie von solchen
Menschen regiert wird? Habt ihr gehört, was sie heute Nacht mit der Königin
Parysatis gemacht haben? Sie mag nur eine Barbarin gewesen sein, aber sie so
einfach abzuschlachten …“
    Vorsichtig zog sich Paruschjati zurück. Vorläufig konnte sie
weder Peukestas noch Nearchos oder Eumenes erreichen noch sonst jemanden, dem
sie ansatzweise vertraut hätte. Sie musste außerhalb der Paläste eine Zuflucht
finden. Zu Gambija gehen, wie ihr Plan ursprünglich vorgesehen hatte, konnte
sie ebenfalls nicht. Das war zu gefährlich. Außerdem hätte sie Perdikkas’ Haus
in der Stadt ohnehin nicht gefunden. Das Gleiche galt für die Häuser von Apama
oder Barsines Familie, und auch hier bestand natürlich wieder die Gefahr, dass
Raukschanas Schergen bereits auf sie warteten. Sollten Faiduma und Mannuja dort
irgendwo Zuflucht gesucht haben, waren sie in die Falle gelaufen.
    Andererseits bezweifelte Paruschjati, dass eine behütete
dreizehnjährige Adelstochter und eine betagte Kammerfrau es geschafft hatten,
sich bis dorthin durchzufragen. Ganz plötzlich kam ihr die Erleuchtung. Wohin
war Mannuja in jeder freien Minute gegangen? Wo hatte sie auch Paruschjati
immer wieder hinzulotsen versucht? In den Ninmach-Tempel! Und er war nicht
einmal weit entfernt – er lag direkt vor den Toren des Alten Palasts.
    Sie drängte sich durch das Gewühl bis zum Haupttor, das vom
östlichsten der fünf großen Innenhöfe nach draußen auf die Prozessionsstraße
führte. Auch dort herrschte lebhafter Betrieb. Das Tor war schwer bewacht,
nicht anders als sonst, doch Paruschjati fiel auf, dass jeder, der hinaus oder
hinein wollte, sorgfältig kontrolliert wurde. Dieser Weg schied aus. Also
kehrte sie um und quetschte sich wieder durch die Menschenmassen. Nach einiger
Zeit und etlichen Umwegen gelangte sie in den westlichsten Hof, von dem aus ein
Tor zu den Gärten am Euphrat führte. Sie hatte gehofft, dass es hier ruhiger
war. Und wirklich, es war kaum etwas los. Am Tor standen Wachen und eine
Handvoll anderer Leute, doch der Hof war so groß, dass sie aus der Entfernung nichts
Genaues erkennen konnte.
    Paruschjati stemmte sich den Korb auf die Schulter, den sie
unbewacht in einem Winkel entdeckt hatte. Er war nicht allzu schwer, nachdem
sie den Inhalt größtenteils durch ein paar herumliegende Putzlappen ersetzt
hatte. Nur ganz obenauf lag eine Schicht Feigen. Mit ihrer nun leicht zu
schulternden Last überquerte sie den Hof, nicht zu schnell, nicht zu langsam,
wobei ihr Weg sie in vertretbarer Entfernung am Tor vorüberführte. Das Gesicht
halb hinter dem Korb verborgen, behielt sie unauffällig die Menschen dort im
Auge.
    Wachen, Dienerinnen, Eunuchen. Nichts Ungewöhnliches. Und
doch spürte sie, wie Blicke ihr folgten. Sie zwang sich, ihr Tempo
beizubehalten, nicht schneller zu werden. Vielleicht irrte sie sich, doch nach
ihrer Erfahrung vor Sissingambris Gemächern wollte sie das Risiko nicht
eingehen. Sie erreichte das gegenüberliegende Gebäude, verschwand im Eingang
und bog um ein paar Ecken. Dann stellte sie den Korb ab und rannte, so schnell
sie konnte. Erst als ihre Seiten zu stechen begannen, wurde sie wieder
langsamer. Sie bemerkte keine Anzeichen, dass sie verfolgt wurde.
    Aus dem Alten Palast führte für sie kein Weg nach draußen.
Sie konnte zurück in den Neuen Palast gehen und es dort versuchen, doch die
Tore waren dort mit Sicherheit ebenso streng bewacht. Vielleicht gab es
Ausgänge, die der Dienerschaft vorbehalten waren, nein, es gab sie mit
Sicherheit, nur kannte Paruschjati sie unglücklicherweise nicht. Doch sie würde
nach ihnen suchen, und sie würde sie finden.
    Entschlossen kämpfte sie sich durch das Labyrinth von Gängen
und Höfen. Dabei versuchte sie, sich stets in der Nähe der Außenmauer zu
halten, soweit ihre Orientierung sie nicht im Stich ließ. Inzwischen war es
später Vormittag, und es wurde heiß. Die Gänge und Höfe leerten sich zusehends,
die Menschen zogen sich in die Kühle der Innenräume zurück. Bald war sie fast
allein

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