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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Nase
herumzuführen.“
    „Ich hatte Hilfe. Ilioneus und Stratokles. Sogar ein paar
von den anderen Jungs. Sie bringen mir zu essen und halten mich auf dem
Laufenden.“
    Sie war froh, dass er auf sie gehört und sich schließlich
doch erlaubt hatte, Hilfe zu suchen und anzunehmen. Offenbar gab es unter den
Königspagen doch so etwas wie Kameradschaft. Ein Hoffnungsschimmer –
anscheinend besaßen die Jungen mehr Anstand als die Erwachsenen.
    „Weißt du, wo meine Schwestern sind?“, fragte Vahauka. „Als
ich hörte, was in der Nacht geschehen ist, habe ich mich aus meinem Versteck
gewagt. Die Leute sagen, dass meine Schwestern gestern Abend zu einem Fest bei
Raukschana gegangen sind. Sie sind nicht zurückgekommen.“
    „Vahauka …“, begann sie.
    „Ich verstehe.“ Seine Stimme war flach, ohne Ausdruck. Er
sah Paruschjati an, doch seine Augen schienen sie nicht wirklich wahrzunehmen,
sondern etwas, was den gleichen Raum wie sie einnahm. Etwas, was nur er sehen konnte.
    „Ich habe versucht, sie zu warnen, aber sie wollten nicht
auf mich hören“, sagte sie. Sie hatte es kommen sehen, aber nichts dagegen tun
können.
    „Vielleicht ist es besser so. Mein Onkel hat sie begleitet,
er muss sich eingebildet haben, sie beschützen zu können. Nun bin nur noch ich
von unserer Familie übrig. Und meine Großmutter, die nicht mehr lange zu leben
hat.“
    „Vahauka“, sagte Paruschjati entschlossen, „du kannst dich
nicht ewig verstecken. Du musst so schnell wie möglich aus dem Palast verschwinden,
genau wie ich. Komm mit mir! Gemeinsam finden wir einen Weg nach draußen.“
    „Nein, ich kann nicht. Ich muss meine Schwestern finden.“
    „Du kannst ihnen nicht mehr helfen.“
    Verzweifelt rief er: „Vielleicht doch. Vielleicht sind sie
noch am Leben und werden gefangen gehalten. Oder sie haben sich wie ich
irgendwo versteckt und warten auf meine Hilfe.“
    „Deine Schwestern sind tot, du kannst ihnen nicht mehr
helfen. Aber du musst dich selbst retten! Bitte komm mit mir! Hilf mir!“
    „Es tut mir leid, Paruschjati! Aber ich kann nicht mit dir
kommen. Erst muss ich Gewissheit haben. Und wenn meine Schwestern wirklich tot
sind, muss ich zumindest ein Totengebet an ihren Leichen sprechen.“ Seine
Lippen zitterten, als er hinzufügte: „Wenigstens ist unsere Familie schnell und
in Würde untergegangen. Das ist besser, als in Schande langsam zu vergehen.“
    Sie reihte sich ein in den Strom von Bediensteten, die durch
die Tunnel in der Stadtmauer hinüber in den Alten Palast gingen. Dort wimmelte
es wie üblich von Menschen. Paruschjati wanderte durch Gänge und Innenhöfe,
zügig und geschäftig genug, um keine unwillkommene Aufmerksamkeit auf sich zu
ziehen. Dabei hielt sie unauffällig Ausschau. Sie hoffte, Vischtaspa zu sehen
oder einen anderen persischen Adligen, doch sie entdeckte überhaupt keine
Perser im Palast. Nur makedonische Soldaten, Griechen, einheimische Beamte und
Bedienstete. Fast zweihundert Jahre hatten Perser in diesem Palast geherrscht –
nun schienen sie spurlos verschwunden zu sein. Paruschjati beschloss, sich zu
Peukestas durchzufragen. Am Tor zum Zentralhof, an dem der Thronsaal lag,
verwehrte ihr die Wache den Durchgang.
    „Ich habe eine wichtige Nachricht für Peukestas, den
Satrapen von Persis“, erklärte sie und bemühte sich, Autorität auszustrahlen.
    „Hier darf niemand durch“, schnarrte der Wachsoldat.
„Peukestas ist mit den anderen Offizieren in einer wichtigen Besprechung.“
    „Und Eumenes?“ Seit der Kanzleichef sich so eilig auf
Perdikkas’ Seite geschlagen hatte, vertraute sie ihm nicht mehr, aber er war
besser als nichts. „Ist Eumenes zu sprechen? Oder vielleicht Nearchos?“
    „Die sind auch in der Besprechung. Hast du für sie etwa auch
eine Nachricht?“ Der Soldat starrte sie misstrauisch an.
    „Nein, ich frage nur aus Neugier.“
    Der Soldat zuckte die Achseln und zeigte auf den Eingang des
Torhauses. „Wenn du willst, kannst du da drinnen warten. Irgendwann müssen auch
die höchsten Tiere mal Pause machen, und wenn es nur zum Pinkeln ist.“
    Im Inneren des Torbaus warteten viele Menschen, die alle
etwas Dringendes zu erledigen hatten, aber von den Wachen nicht durchgelassen
wurden. Paruschjati drängelte sich nach vorn und lugte zwischen zwei
Babyloniern hindurch auf den Innenhof, der wie ausgestorben dalag.
    „Was ist da eigentlich los?“, fragte sie ihren Nebenmann.
    „Die Herrschaften teilen die Welt unter sich auf.“
    „Wie meinst du

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