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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Panemos
    Noch vor dem ersten Morgengrauen machte sie sich auf. Ihre
kopflose Flucht in der Nacht hatte sie durch Zufall in die Quartiere der
Palastbediensteten geführt. Hier würde sie in ihrem Dienerinnengewand vorläufig
nicht auffallen. Nicht weit von ihrem Schlupfwinkel entfernt fand sie in einem
abgelegenen Innenhof einen Brunnen, an dem sie sich die letzten Reste des
Blutes abwusch. Danach setzte sie sich auf die gemauerte Umrandung und dachte
nach, während der Palast um sie herum allmählich zum Leben erwachte.
    Sie brauchte dringend Hilfe, und sie musste Faiduma und
Mannuja finden, falls die beiden das Blutbad überlebt hatten. Sollten Statira
und Drupati am Abend tatsächlich zu Raukschana gegangen sein, dann waren sie
nach menschlichem Ermessen tot, doch Paruschjati brauchte Gewissheit, dass
wenigstens Sissingambri wohlbehalten war. Wenn ja, überlegte sie weiter, konnte
die alte Königin ihr vielleicht Schutz gewähren.
    Eine Frau raunzte sie an, weil sie den Brunnen blockierte, also
schloss sie sich unauffällig dem Strom der Palastbediensteten an, die sich an
ihre Arbeit begaben. Niemand schenkte ihr Beachtung, sie war einfach eine
Dienerin unter vielen. Vor dem Hintereingang zu Sissingambris Gemächern drängte
sich eine Menschenmenge. Paruschjati blieb in einiger Entfernung stehen und
sondierte unauffällig die Lage.
    Die Schildträger-Wache war an ihrem Platz, ein gutes
Zeichen. Neugierige standen in Gruppen beisammen und sprachen über die
Geschehnisse in der Nacht. Der Mordanschlag auf Paruschjati schien allgemeines
Gesprächsthema zu sein. Er hatte Entsetzen ausgelöst, man hielt sie für tot.
Statira und ihre Schwester hatten die Gemächer der Königinmutter am Abend zuvor
verlassen. Seither hatte niemand sie mehr gesehen, auch sie wurden für tot
gehalten. Niemand erwähnte Sissingambri, also war ihr wahrscheinlich nichts
zugestoßen.
    Paruschjati überlegte, ob sie einfach hinüber zum Eingang
gehen und um Einlass bitten sollte, doch etwas hielt sie zurück. Nach einiger
Zeit fielen ihr ein paar Männer auf, die sich ständig in der Nähe der Tür
hielten und weder zu den Wachen noch zur Dienerschaft zu gehören schienen.
Nein, es war zu riskant. Gerade, als sie den Rückzug antreten wollte, bemerkte
sie einer der Männer und gab den anderen ein Zeichen.
    Paruschjati überlegte nicht lange und rannte los. Hinter
sich hörte sie Schritte und Männerstimmen. Sie lief den Gang hinunter, bog
rechts in einen anderen und hetzte über einen kleinen Innenhof. Noch ein Hof
und wieder ein Korridor. Doch was sie auch tat, es gelang ihr nicht, ihre
Verfolger abzuschütteln. Schmerzlich wurde ihr bewusst, wie schwach sie immer
noch auf den Beinen war. Ihre Lungen begannen zu stechen. Die Schritte blieben
hinter ihr, sie kamen näher und näher. Ich schaffe es nicht, dachte sie
verzweifelt.
    Als sie wieder um eine Ecke bog, schloss sich ein harter
Griff um ihren Oberarm. Sie wurde zur Seite gerissen und in eine versteckte
Nische gezerrt. Eine Hand legte sich auf ihren Mund, Arme hielten sie
umklammert wie ein Schraubstock. So verharrten sie und ihr Angreifer regungslos
in der Nische, bis die Verfolger an ihnen vorbeigelaufen waren.
    Der Unbekannte ließ sie los.
    „Vahauka!“, sagte Paruschjati überrascht.
    „Still“, flüsterte er.
    Dann packte er ihr Handgelenk und zerrte sie hinter sich
her. Er führte sie durch ein Gewirr von Gängen und Höfen, bis sie in einem
abgelegenen Raum landeten, in dem Speiseliegen und Tische gelagert wurden.
Möbel für Festlichkeiten, für die es jetzt keinen Bedarf gab. Hier würde sie
vorerst niemand stören.
    „Ich dachte, sie haben dich umgebracht“, sagte Vahauka.
    Er war nicht mehr wie ein Eunuch gekleidet, sondern trug
abgetragene Kleider, die den Flecken nach zu urteilen vermutlich einem
Küchenjungen gehört hatten. Paruschjati musste kämpfen, um ein hysterisches
Gekicher zu unterdrücken. Hier standen sie, beide Abkömmlinge von Großkönigen,
gekleidet wie Dienstpersonal, und versteckten sich in einem Abstellraum.
    „Wie du siehst, lebe ich noch.“ Umgekehrt war auch sie
erleichtert, dass er noch lebte. Es war einige Tage her, seit sie ihn zuletzt
gesehen hatte. In der Zwischenzeit war so viel geschehen, dass sie kaum an ihn
gedacht hatte, musste sie beschämt eingestehen. „Ich sehe, du hast meinen Rat
beherzigt und die Verkleidung gewechselt. Trotzdem kann es nicht leicht gewesen
sein, so lange unerkannt zu bleiben und alle Verfolger an der

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