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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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den Hut
vom Kopf fegte. Der Hut verschwand auf Nimmerwiedersehen im schlammigen Wasser,
kein großer Verlust. Doch das Diadem, das darum gelegt war, wurde weitergeweht
und verfing sich im Schilfdickicht auf dem Grab. Einer der Ruderer sprang ins
Wasser, um es zu holen. Aber wie sollte der Mann mit dem Diadem zum Schiff
zurückschwimmen, ohne dass es nass wurde? Also tat er das Naheliegende: Er band
sich das Diadem um den Kopf.“
    „Ein böses Omen“, sagte Paruschjati bedrückt.
    „Das behaupteten zumindest die anwesenden Chaldäer. Um es
abzuwenden, verlangten sie die Hinrichtung des Unglücklichen. Doch der König
erlaubte es nicht, der Mann habe es nur gut gemeint. Er wurde lediglich
ausgepeitscht.“
    „Und die Chaldäer?“
    „Gaben sich damit zufrieden. Immerhin war der Betreffende
nur ein einfacher phönikischer Seemann, er war bestraft worden, also hatte das
Vorkommnis nichts weiter zu bedeuten. Zur Entschädigung beschenkte der König
den Mann reich mit Gold.“
    Eine schöne Geschichte. So schön, dass die meisten sich
damit zufriedengeben und nicht nachhaken würden. Aber nicht Paruschjati. Sie
ahnte, dass mehr dahintersteckte. „Aristobulos, ich kenne dich, seit ich ein
kleines Mädchen war. Seit Monaten mache ich mir Sorgen um den König. Ich muss
wissen, was wirklich geschehen ist. Und du weißt, du kannst mir vertrauen.“
    Aristobulos seufzte. Paruschjati wusste genau, wie sie Informationen
aus ihm herausholen konnte.
    Es war schon fast Abend, als sie erwachte. Nikobule musste
die Tür zum Innenhof geöffnet haben, der bereits im Schatten lag, denn die
Luft, die von draußen hereinkam, war eine Spur kühler als drinnen. Paruschjati
fühlte sich kaum ausgeruht. Doch der Traum, den sie gehabt hatte, hatte ihr
vielleicht eine Waffe in die Hand gespielt.
    Paruschjati stand auf und ging in das große Zimmer. Nikobule
saß auf einem Stuhl neben dem Büchergestell und schmökerte in den
Schriftrollen. Als Paruschjati eintrat, blickte sie auf und lächelte. „Deine
Freundin hat einen interessanten Geschmack.“
    „Apama ist nicht meine Freundin.“ Paruschjati nahm einige
der Rollen aus dem Gestell und überflog die Beschriftungen auf den Hüllen.
Seltsam, dass Apama, die alles Griechische verabscheute, ausgerechnet eine
Vorliebe für griechische Literatur entwickelt hatte.
    Nikobule schob die Rolle, in der sie gelesen hatte, in ihr
Etui zurück und räumte sie zusammen mit den anderen wieder in das Gestell.
„Sieh mal, wer da ist.“ Sie deutete auf eine der Liegen, und erst jetzt
bemerkte Paruschjati die beiden Gestalten, die zusammengerollt darauflagen.
Eine davon setzte sich verschlafen auf.
    „Es tut mir Leid, Tante Paruschjati“, sagte Faiduma. „Sie
sind gekommen und haben uns mitgenommen. Ich konnte nichts dagegen tun.“
    Paruschjati erwiderte: „Es ist nicht deine Schuld. Ich hatte
nur gehofft, dass wenigstens ihr beide in Sicherheit seid. Woher wussten sie
nur, wo sie euch finden konnten?“
    Nikobule zuckte die Achseln. „Auf dem Fest hier habe ich
allen gesagt, dass ich in der ‚Gehenden Schlange‘ wohne, für den Fall, dass
jemand ein Buch kaufen möchte. – Phaidyme hat mir erzählt, was in der Nacht
geschehen ist. Was für ein schreckliches Blutbad! Was ist aus Barsine und ihrem
kleinen Sohn geworden? Phaidyme konnte es mir nicht sagen.“
    „Sie sind in Sicherheit. Barsine ist gerade noch rechtzeitig
aus der Stadt herauskommen, sie ist auf dem Weg nach Westen. Ich selbst wollte
heute Morgen fliehen, nach Medien, zu meiner Halbschwester und ihrem Mann, doch
es war bereits zu spät. Raukschana hat schneller zugeschlagen, als wir alle
erwartet haben.“
    Der Tag zog sich hin, ohne dass sich Seleukos blicken ließ,
was ihnen einerseits einen willkommenen Aufschub gab, sie andererseits aber auch
beunruhigte. Sie überspielten ihre Nervosität, indem sie sich unterhielten.
Bald wurde auch Mannuja wieder wach. Sie setzte sich auf und hörte schweigend
zu, die gefalteten Hände in den Schoß gelegt. Die alte Frau sah ein wenig
besser aus, aber ihre Augen wirkten unnatürlich groß in ihrem Gesicht, und sie
waren dunkler als sonst.
    Wie sich herausstellte, hatte auch Nikobule nicht vorgehabt,
noch länger in Babylon zu bleiben. Sie hatte einen Wagen und ein Gespann
gekauft, die im Gasthaus bereitstanden. Schon am nächsten Morgen hatte sie sich
einer Karawane nach Westen anschließen wollen, Richtung Meer, genauer gesagt
nach Tyros. Von dort aus wollte sie zu Schiff

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