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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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endgültig verschwand. Doch sie
war an diesem Morgen längst nicht so schlimm wie zuvor. Gerade schlimm genug,
um die Frage der Fragen wieder aufzuwerfen: War Paruschjati womöglich doch
schwanger? Plötzlich erkannte sie, dass sie sich freute. Allmählich gewöhnte
sie sich an den Gedanken, dass neues Leben in ihr heranwachsen könnte. Und
dafür würde sie auch die Übelkeit in Kauf nehmen.
    Paruschjati blieb länger als üblich im Bett und genehmigte
sich danach ein ausgiebiges Frühstück. Anschließend setzte sie sich mit Faiduma
in den schattigen Teil des Innenhofs und ließ sich von Ischna und Pusurisch
Luft zufächeln, während Ahatu, die babylonische Harfenspielerin, sie mit ihren
Liedern unterhielt. Sogar die Hitze kam ihr an diesem Morgen weniger schlimm
vor als an den Tagen zuvor. Kurz, sie fühlte sich rundum wohl – bis ein Eunuch
Besuch ankündigte.
    Obwohl Atalante noch nicht lange in Babylon war, hatte sie
sich bereits allseits unbeliebt gemacht. Paruschjati war ihr gelegentlich bei
offiziellen Gelegenheiten begegnet, hatte aber kaum ein Wort mit ihr
gewechselt. Perdikkas’ Schwester war mindestens so arrogant wie er selbst und
nahm das Vorhandensein anderer Menschen grundsätzlich nur zur Kenntnis, wenn
diese für sie von Nutzen waren. Das war bei Paruschjati bisher nicht der Fall
gewesen. So war sie entsprechend irritiert, als Atalante sich zusammen mit
Gambija melden ließ und darum bat, empfangen zu werden. Atalante rauschte
herein, entschlossen und selbstsicher, begleitet von ihrer Schwägerin, die wie
ein schüchternes Hündchen hinter ihr herhuschte.
    Atalante trug einen blassblauen Chiton, passend zur Farbe
ihrer Augen, und einen fast durchsichtigen weißen Schleier, der leise
raschelte, als sie sich auf einem Stuhl niederließ. Sie sah ihrem Bruder sehr
ähnlich, eine große Frau mit einem gut geschnittenen Gesicht, das jedoch ein
wenig zu knochig war, um wirklich schön zu sein. Ihre strohblonden Haare waren
zu einem strengen Knoten am Hinterkopf aufgesteckt, ohne das Gewimmel von
Löckchen und Strähnchen, das viele griechische Damen zurzeit bevorzugten.
Ähnlich nüchtern war auch ihr Benehmen. Sie hielt sich nicht lange mit Vorreden
auf, sondern kam schnell zur Sache: Sie wollte wissen, ob Paruschjati schwanger
war. Faiduma riss die Augen auf, und Gambija zuckte regelrecht zusammen vor
Schreck über die Taktlosigkeit ihrer Schwägerin.
    „Du bist sehr direkt“, sagte Paruschjati und warf Gambija,
die verlegen lächelte, einen beruhigenden Blick zu.
    „Ich ziehe Direktheit im Umgang mit Menschen immer vor“,
erklärte Atalante.
    „Dann werde ich ebenso direkt sein: Was geht dich das an?“
    Einen Augenblick lang herrschte Stille. Wahrscheinlich war
Atalante es nicht gewohnt, dass ihr jemand Paroli bot. „Die Frage, ob die
Gemahlin eines Königs ein Kind erwartet, dürfte wohl von allgemeinem Interesse
sein“, begann sie schließlich von oben herab. „Du selbst bist die Tochter eines
Königs – sicher muss ich dir nicht erklären, wie wichtig die Regelung der
Nachfolge ist. Der Fortbestand des Reiches …“
    „Nein, das musst du mir nicht erklären“, unterbrach
Paruschjati Atalantes Predigt. „Wir Perser sind nicht die denkunfähigen
Barbaren, als die ihr Griechen uns gerne hinstellt!“
    Atalante zog die Brauen hoch. „Das tue ich nicht. Meinen
Worten war ganz im Gegenteil zu entnehmen, dass ich dir durchaus eine
kompetente Einschätzung der Lage zutraue. Im Übrigen bin ich keine Griechin,
sondern Makedonin.“
    Das Gespräch nahm keinen guten Verlauf. Paruschjati faltete
die Hände und bemühte sich um Sachlichkeit. Immerhin war Atalante ihr Gast,
wenn auch ein ungebetener. „Ist es nicht ein bisschen voreilig, sich jetzt
schon über die Regelung der Nachfolge Gedanken zu machen? Der König ist noch
jung. Wenn die Götter es wollen, wird er noch viele Jahre regieren.“
    „Natürlich. Aber wir haben gerade erst gesehen, wie es gehen
kann: Kaum war der König ein paar Tage krank – noch nicht einmal etwas Ernstes,
nur ein bisschen Fieber! – da gingen schon die wildesten Gerüchte um. Alle
fragten sich: Wie geht es weiter, wenn er stirbt? Nun, die Gerüchte haben sich als
das erwiesen, was sie von Anfang an waren, als haltlos. Alexander geht es
wieder gut, morgen früh wird die Armee wie geplant nach Arabien aufbrechen. Und
schon stehen wir vor dem nächsten Problem: Die Arabien-Expedition ist kein
Spaziergang, sondern ein Feldzug. Ein Feldzug ist gefährlich – und

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