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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Europa, war weit weg, und Krateros, der
einzige Offizier, der einen vergleichbar hohen Rang wie Perdikkas bekleidete,
befand sich mit zehntausend Veteranen auf dem Weg dorthin, um Antipatros
abzulösen.
    „Aber das ist noch nicht alles.“ Atalante strich über die
Falten ihres Chitons. „Mein Bruder ist bei den Makedonen hoch angesehen und
verfügt über großen Einfluss. Seine Stimme würde ins Gewicht fallen, wenn eines
Tages eine Entscheidung für einen Nachfolger getroffen werden muss. Du siehst,
du und er, ihr habt gemeinsame Interessen. Und wie ich schon sagte: Unsere
Familien sind miteinander verschwägert.“
    „Ich verstehe“, sagte Paruschjati. Etwas an Atalantes
Argumentation störte sie, aber sie konnte nicht sagen, was es war.
    „Das ist der Grund, warum Perdikkas mich gebeten hat, bei
dir vorstellig zu werden. Denn falls du schwanger sein solltest …“
    … könnte Perdikkas in der Tat ein wertvoller Verbündeter
sein, brachte Paruschjati den Gedanken zu Ende. Wenn der König sterben
sollte … nicht jetzt natürlich, aber vielleicht (was Ahura Mazda verhüten möge)
auf dem Arabien-Feldzug oder in einem anderen seiner vielen Kriege … dann
konnte Perdikkas einen blutigen Machtkampf verhindern. Und mehr noch … Falls Paruschjati wirklich schwanger war und falls sie einem gesunden Sohn das
Leben schenkte, dann besaß er einen legitimen Anspruch auf das Erbe seines
Vaters. Vielleicht würde er eines Tages auf dem Thron sitzen, der einst seinem
Großvater gehört hatte …
    Paruschjati öffnete bereits den Mund, um Atalante zu
antworten, als Gambija eine Handbewegung machte. Die Geste war kaum wahrnehmbar
und zog doch sofort Paruschjatis Aufmerksamkeit auf sich. Ihre Nichte starrte
sie mit weit geöffneten Augen an und machte eine verneinende Bewegung mit dem
Kopf. Atalante folgte Paruschjatis Blick, doch Gambija hatte bereits wieder den
Kopf gesenkt.
    „Ich bin froh, dass du so offen zu mir bist“, sagte
Paruschjati zu Atalante. „Deshalb werde auch ich offen zu dir sein. Mir war ein
paar Tage lang übel, und natürlich gab es die üblichen Spekulationen wegen
einer Schwangerschaft. Du weißt ja, wie das ist. Aber seit einigen Tagen habe
ich nun keine Beschwerden mehr. Ich fürchte, ich habe mir nur den Magen
verdorben.“
    „Wie schade.“ Atalante zauberte etwas auf ihr Gesicht, was
ihrer Auffassung von einem verbindlichen Lächeln vermutlich sehr nahekam. „Die
Mutterschaft gehört zu den schönsten Dingen im Leben einer Frau. Ich danke dir
für dein Vertrauen und deine Offenheit. Aber nun möchte ich dich nicht länger
stören.“ Sie erhob sich, und sofort sprang Gambija auf wie ein dressierter
Schoßhund.
    Schon im Gehen, wandte sich Atalante noch einmal um. „Falls
sich in der bewussten Frage eine Änderung ergeben sollte, lässt du es mich dann
wissen?“
    Wieder ein warnender Blick von Gambija.
    „Selbstverständlich“, beteuerte Paruschjati.
    Kaum war
Atalante verschwunden, folgte auch schon die nächste unerfreuliche Überraschung
des Tages. Ein Eunuch überbrachte eine Einladung: Am Abend wollte Statira ein
Fest in ihren Gemächern geben. Kein offizielles Ereignis, sondern ein „intimes
Zusammentreffen unter uns Frauen der Familie“, wie Statira sich ausdrückte.
    Die Einladung kam überraschend. Spätestens seit ihrer
Hochzeit mit dem König gingen Paruschjati und Statira einander aus dem Weg. Als
Frauen desselben Mannes waren sie zwangsläufig Rivalinnen, doch schon als
Kinder waren sie nie Freundinnen gewesen, auch wenn sie viele Jahre lang Tür an
Tür gelebt hatten. Nur zu gut erinnerte sich Paruschjati, wie sehr sie unter
dem hochnäsigen Getue Statiras und Amaschtris gelitten hatte. Die beiden
Cousinen waren praktisch unzertrennlich gewesen. Sie tuschelten und kicherten
in Paruschjatis Gegenwart und ließen sie spüren, dass sie sie nicht als
ebenbürtig betrachteten. Ständig prahlten sie mit ihrem neu gewonnenen Status
als Tochter bzw. Nichte des Großkönigs. Alles, was sie interessierte, waren
schöne Kleider und Schmuck, die Schmeichelei und Ehrerbietung der Hofschranzen
sowie die Beflissenheit der Dienerschaft, die sie Tag und Nacht umsorgte und
ihnen alle Wünsche von den Augen ablas.
    Besonders gern malten sich Statira und Amaschtri ihre
jeweilige Hochzeit aus. Scharen von Königen und Prinzen würden beim Großkönig
um ihre Hand anhalten, einer schöner, reicher und mächtiger als der andere.
Aber alle würden abgewiesen werden, bis eines Tages der eine

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