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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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wenn es so wäre, wüsste niemand
außer den Göttern, ob es ein Junge wird. Herakles ist bisher der einzige Sohn
des Königs, Raukschana ist schwanger, Statira angeblich ebenfalls. Selbst wenn
ich einen Sohn bekommen sollte: Warum sollte ausgerechnet er der Erbe des
Königs sein?“
    „Weil er nicht nur der Sohn von König Alaksanda ist, sondern
auch ein Abkömmling des Hachamanisch“, sagte einer der anderen Männer. „Der
rechtmäßige Erbe des Kurusch, der unser Reich begründet hat, und aller
Großkönige, die nach ihm geherrscht haben.“
    Paruschjatis Blick wanderte zu dem Bild der Göttin an der
Wand. Im flackernden Licht sah es aus, als ob sie zu ihr herabblickte. Obwohl
die Augenhöhlen leer waren, schien eine göttliche Präsenz in ihnen zu wohnen.
„Ein Sohn Statiras wäre ebenfalls ein Abkömmling des Hachamanisch und darüber
hinaus der Enkel des letzten Großkönigs.“
    Der Mann, der ganz außen auf der rechten Seite saß, ergriff
das Wort. „Darajavahusch war nicht unser rechtmäßiger Großkönig, er stammte nur
aus einer Seitenlinie des Königshauses. Der Verräter Bagauva setzte ihn auf den
Thron, nachdem er alle legitimen Erben ermordet hatte.“ Die Stimme klang
heiser, war nicht mehr als ein Flüstern. „Doch was viel schwerer wiegt:
Darajavahusch hat sein Heer im Stich gelassen und ist vor dem Feind geflohen.
Niemals würden unsere Brüder im Osten für den Enkel eines Feiglings kämpfen.
Doch für den Erben des rechtmäßigen Großkönigs Artakschatra, unter dessen
Herrschaft das Reich noch groß und mächtig war, würden sie es tun.“
    „Kämpfen?“
    Paruschjati sah von einem zum anderen. Kämpfen wofür? Der
Mann in der Mitte warf dem, der zuletzt gesprochen hatte, einen Blick zu, und
trotz der Dunkelheit meinte sie, etwas wie eine Warnung darin zu erkennen.
    „Es gibt Gerüchte“, fuhr der Mann mit der heiseren Stimme
fort. „Gerüchte, dass der König im Sterben liegt.“
    „Sie sind, was du gesagt hast: Gerüchte“, erklärte
Paruschjati mit größerer Sicherheit, als sie wirklich empfand.
    „Mag sein. Auf jeden Fall ist der König kränker, als die
Fremden bisher zugeben wollten. Doch jetzt, nachdem der Aufbruch des Heeres
verschoben werden musste, lässt es sich nicht länger verheimlichen. Die Straße
des Schicksals teilt sich vor uns, und wir haben zu entscheiden, welchen Weg
wir beschreiten wollen.“
    „Du sprichst in Rätseln“, sagte Paruschjati. „Was wollt ihr
von mir?“
    „Es ist noch zu früh, darüber zu sprechen“, meldete sich
wieder der Mann in der Mitte zu Wort. „Sollte der König wieder gesund werden,
wirst du nichts mehr von uns hören. Dann solltest du uns und unsere Unterredung
vergessen, als habe es sie nie gegeben.“
    „Und anderenfalls?“
    „Anderenfalls wirst du bald wieder von uns hören. Aber erst
dann. Für den Augenblick sollst du nur wissen, dass wir deine Verbündeten
sind.“
    Er stand auf und verbeugte sich tief vor Paruschjati.
„Banuka.“ Dann ging er zum Ausgang. Die anderen folgten seinem Beispiel, einer
nach dem anderen verbeugte sich vor ihr und verließ den Raum. Paruschjati blieb
auf ihrer Bank sitzen, bis der Letzte verschwunden war. Apama hatte bereits
begonnen, die Flammen in den Kohlenbecken zu löschen, und Paruschjati
verfolgte, wie das Götterbild an der Wand nach und nach in Dunkelheit versank.
    Hofften die Unbekannten etwa, die Fremdherrschaft
abschütteln, das Haus des Hachamanisch wieder in seine Herrschaft einsetzen,
das Reich des Kurusch neu erstehen lassen zu können? Das war Irrsinn! Die Macht
der Perser war gebrochen. Selbst wenn der König sterben sollte, würde das
nichts daran ändern. Jeder Versuch, das Rad der Zeit zurückzudrehen, war zum
Scheitern verurteilt und würde in sinnlosem Blutvergießen enden.
    Apama hatte inzwischen die Feuer gelöscht, es war fast
vollkommen finster geworden. Paruschjati stand auf und folgte ihr, den Blick
starr auf Apamas Rücken gerichtet, während sie schwerfällig die Treppe
hinaufstieg. Die Absichten der Unbekannten waren Irrsinn, und doch gingen ihre
Worte Paruschjati nicht aus dem Kopf. Öffnete sich ihr hier ein Weg, den Thron
ihrer Vorfahren für ihren Sohn zurückzugewinnen? Ihre Familie wieder in den
Rang einzusetzen, der ihr zustand und der ihr auf so grauenhafte Weise genommen
worden war?

8
    Das große Empfangszelt stand auf einem Hügel und leuchtete
in allen Farben des Regenbogens. Wimpel flatterten, Vorhänge bauschten sich im
Wind, die goldenen und

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