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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Mützen mit runder, nach vorn gebogener Spitze. Wie die Jauna, die Paruschjati
in Babiru gesehen hatte, trugen die Männer keine Hosen, doch ihre Unterschenkel
waren durch Schienen aus Metall geschützt.
    Vom Zelt näherte sich ein älterer Eunuch, zusammen mit zwei
jüngeren Kollegen. „König Alaksanda ist bereit, euch zu empfangen“, näselte er.
Sie folgten ihm zum Audienzzelt, Damaspia an der Spitze, danach Parmusch,
Frataguna und Paruschjati, schließlich Faiduma und Parmuschs Kinderschar. Die
beiden jüngeren Eunuchen bildeten den Schluss.
    Von innen wirkte das Zelt fast so geräumig wie die
Audienzhalle eines Palasts. Das Dach ruhte auf rot und blau lackierten, mit
Gold beschlagenen Pfosten. Golddurchwirkte Vorhänge fielen vom Gestänge der
Dachkonstruktion, waren aber nun gerefft, um möglichst viel freien Raum zu
schaffen. Der Boden war mit Teppichen ausgelegt. Und überall standen Menschen –
Eunuchen in prunkvollen Hofgewändern, Männer in der schlichten Tracht der Jauna
und immer wieder Soldaten in ihren fremdartigen Rüstungen. Durch den Ausgang,
der sich auf der linken Seite befand, drängte gerade Artavazdas Familie nach
draußen, und weil sie so viele waren, hatte sich ein Rückstau gebildet.
Paruschjati sah Barschina neben dem Ausgang warten, immer noch bis zur
Nasenspitze in ihren Witwenschleier gehüllt.
    Paruschjati folgte ihrer Mutter und ihren Schwestern durch
das Zelt bis zu dem Podest vor der Rückwand. Darauf stand eine Art Thron, der
allerdings leer war, umgeben von Männern in Rüstungen. Obwohl der König mitten
unter ihnen stand, in keiner Weise hervorgehoben, erkannte Paruschjati ihn
sofort. Sie wunderte sich zwar, warum er nicht auf dem Thron saß (wo ein König
eigentlich hingehörte) und warum er nicht kostbarer gekleidet war als die
anderen. Und doch wusste sie sofort, dass er es sein musste. Er war groß, wenn
auch nicht so groß wie Darajavahusch, und sehr gut aussehend, und er besaß die
Ausstrahlung, die nur ein Großkönig haben konnte.
    Der Eunuch verkündete: „Die edle Dame Damaspia, Witwe des
verstorbenen Großkönigs Artakschatra, und ihre Töchter: die edle Dame Parmusch,
Gemahlin des Kschatrapavan Atarepata von Mada. Die edle Dame Frataguna,
Gemahlin des edlen Vidarna und Schwiegertochter des Kschatrapavan Mazdai von
Athura. Die edlen Damen Paruschjati, Gambija und Faiduma.“
    Einer der Offiziere auf dem Podest wandte sich halb um und
begann in einer fremden Sprache zu sprechen, wahrscheinlich in der der Jauna.
Er schien zu wiederholen, was der Eunuch gesagt hatte, denn mit etwas Fantasie
konnte Paruschjati ihre Namen heraushören. Der König lächelte, und plötzlich
war Paruschjati voller Vertrauen, dass er sie und ihre Familie beschützen
würde. Doch er erwiderte nichts. Stattdessen ergriff der Mann neben ihm das
Wort, und der Übersetzer wandte sich auf Persisch an die Frauen.
    „König Alexander heißt euch an seinem Hof willkommen. Er
versichert euch, dass ihr mit all dem Respekt behandelt werdet, der Damen eures
Ranges zusteht.“
    Bestürzt starrte Paruschjati den Mann an, der zuvor
gesprochen hatte. Das, wurde ihr klar, musste der König sein, nicht der große,
gut aussehende Mann, den sie zunächst dafür gehalten hatte.
    Damaspia verneigte sich und bedankte sich; sie gab der
Hoffnung Ausdruck, dass Ahura Mazda dem König die Gnade vergelten würden, die
er den gefangenen Familien seiner Feinde erweise. Paruschjati hörte nicht zu,
ihre Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf König Alaksanda. Sie war überrascht,
wie jung er wirkte. Er hatte helles Haar, wie viele Jauna, die sie bisher
gesehen hatte, es war lang und dicht wie die Mähne eines Löwen. Allerdings
hatte er keinen Bart. Ihr war bereits aufgefallen, dass viele Männer in seiner
Armee keinen trugen, doch bei einem König hatte sie auf jeden Fall einen Bart
erwartet. Wie in Trance bemerkte sie, wie er die Lippen bewegte.
    „König Alexander fragt, ob du ihm etwas mitteilen möchtest“,
sagte der Übersetzer zu ihr.
    Erst jetzt fiel Paruschjati auf, dass ihre Mutter und die
anderen sich längst dem Ausgang zugewandt hatten. Mit ernsten Gesichtern
standen sie da und warteten, dass Paruschjati sich ihnen anschloss. Damaspia
winkte ihr unauffällig mit der Hand.
    Paruschjati sah wieder zum König. Er lächelte, und plötzlich
fiel ihr auf, wie gut er aussah, wenn auch nicht ganz so überwältigend wie der
Mann, mit dem sie ihn verwechselt hatte. Er hatte volle Lippen, ein energisches
Kinn

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