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Die Perserinnen - Babylon 323

Die Perserinnen - Babylon 323

Titel: Die Perserinnen - Babylon 323 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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silbernen Beschläge an den Pfosten funkelten im
Sonnenlicht. Einst war es das Zelt von Großkönig Darajavahusch gewesen, König
der Könige, Herr der Länder, geliebt von Ahura Mazda. Jetzt gehörte es
Alaksanda, dem Eroberer aus dem Westen.
    Nach ihrer Gefangennahme in Damaschka hatten die Frauen des
Hofstaats mit dem Schlimmsten gerechnet, doch zur Überraschung aller wurden sie
gut behandelt. Niemand hatte sie angerührt, nicht einmal ihren Schmuck hatte
man ihnen genommen. Ihr tägliches Leben sah nicht anders aus als vor der
Katastrophe. Von Damaschka aus waren sie zum Meer gebracht worden, zu einer
Stadt, die auf einer Insel vor der Küste lag und von Alaksanda und seinem Heer
belagert wurde.
    Man hatte die gefangenen Frauen zum Zelt auf dem Hügel
geleitet, nun warteten sie darauf, dem Mann vorgeführt zu werden, in dessen
Hand nun ihr Schicksal lag. Auf dem Vorplatz drängten sich Frauen mit kleinen
Kindern und halb erwachsenen Töchtern und warteten darauf, vorgelassen zu
werden, während Eunuchen eine Gruppe nach der anderen ins Audienzzelt führten.
    „Freust du dich, Alaksanda wiederzusehen?“, fragte
Paruschjati.
    Barschina schüttelte den Kopf. Auch sie wartete darauf, ins
Empfangszelt geführt zu werden, zusammen mit ihrer Mutter, ihren Schwestern und
Schwägerinnen und ihren Kindern, eine ebenso kopfstarke wie geräuschvolle
Versammlung. Sie machten sich allmählich bereit, denn sie waren als Nächste an
der Reihe.
    „Warum nicht?“, hakte Paruschjati nach. „Ich dachte, du
warst als Kind mit ihm befreundet?“
    „Das ist lange her, und Menschen ändern sich. Ich glaube
nicht, dass Alexander heute noch der Mensch ist, den ich einmal kannte.“
    „Aber die Familie des Großkönigs hat er ehrenvoll behandelt,
und uns bis jetzt auch.“
    „Erinnerst du dich, dass ich mit seiner Schwester befreundet
bin? Wir schreiben uns noch immer regelmäßig Briefe. Vor zwei Jahren hat
Alexander ihren Mann hinrichten lassen.“ Erschrocken starrte Paruschjati
Barschina an. „Keine Angst, Kynnane und ihrer kleinen Tochter ist nichts
geschehen. Der Mord an Frauen und Kindern ist nicht Alexanders Stil.“
    Die ersten Mitglieder von Barschinas Familie schickten sich
an, das Empfangszelt du betreten.
    „Warum hat Alaksanda den Mann deiner Freundin hinrichten
lassen?
    „Amyntas war sein Cousin. Ihre Väter waren Brüder, aber
Amyntas’ Vater war der Ältere, er war der König, und nach seinem Tod folgte
Amyntas ihm auf den Thron. Weil er aber noch ein Kind war, regierte für ihn
sein Onkel, Alexanders Vater. Doch Philipp schob seinen Neffen beiseite und
machte sich selbst zum König. Als er starb, hatte Amyntas daher in den Augen
vieler ein größeres Anrecht auf den Thron als Alexander. Also beschuldigte
Alexander ihn des Hochverrats. Amyntas wurde hingerichtet, obwohl er unschuldig
war.“ Barschina zog sich ihren Witwenschleier vor das Gesicht und machte sich
bereit. „Vielleicht verstehst du nun, warum ich keinen Wert darauf lege,
Alexander wiederzusehen.“
    Sie nahm ihren kleinen Sohn Stratokles und ihre Tochter
Ilissa an die Hand und folgte dem Rest ihrer Familie ins Zelt, flankiert von
ihren beiden fast erwachsenen Stieftöchtern.
    „Eine Unverschämtheit!“, sagte Parmusch und schickte ihr
einen giftigen Blick hinterher. „Warum sind wir erst so spät an der Reihe?
Wieso kommen all diese Frauen von Kschatrapavan und anderen Würdenträgern vor
uns, obwohl sie im Rang weit unter uns stehen?“
    „Reg dich nicht auf“, erwiderte Damaspia.
    „Doch, ich rege mich auf! Immerhin gehören wir zur Familie
zweier Großkönige, auch wenn sie tot sind. Wir hätten schon zu Beginn dran sein
müssen, gleich nach dieser kleinen Gans Amaschtri.“
    „Glaub mir“, versuchte Damaspia ihre Stieftochter zu
beschwichtigen, „je weniger Aufsehen wir erregen, umso besser ist es für uns.“
    „Was geschehen ist, ist geschehen“, murrte Parmusch. „Ich
verstehe deine Sorgen ja, aber man kann nicht sein ganzes Leben geduckt
verbringen aus Furcht vor der Vergangenheit. Ich bin die Gemahlin des
Kschatrapavan von Mada, während Artavazda nicht nur kein Kschatrapavan mehr
ist, sondern auch noch ein ehemaliger Aufrührer, der …“
    Paruschjati hörte Parmuschs Lamento nicht weiter zu.
Stattdessen musterte sie die Wachen, die mit aufgestellten Lanzen eine Kette
vor dem Zelt bildeten. Sie trugen Brustpanzer aus Metall und große, kreisrunde
Schilde, die wie poliertes Silber glänzten. Ihre Helme hatten die Form

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