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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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Segelmacher in Wapping oder nahebei sein Brot verdient; und da er gut haushalten konnte, hatte er etwas Geld gespart und war von den dreien der reichste.
    Der dritte, der Vetter, war Zimmermann oder Schreiner von Beruf, ein geschickter Bursche, und er besaß nichts als seinen Kasten oder Korb mit Werkzeugen, mit deren Hilfe er zu jeder Zeit überall seinen Lebensunterhalt verdienen konnte, ausgenommen eine Zeit wie damals, und er wohnte in der Nähe von Shadwell.
    Sie gehörten alle zu der Pfarre Stepney, und da dies der letzte Sprengel war, der von der Seuche ergriffen wurde, jedenfalls mit Heftigkeit, blieben sie dort, bis sie deutlich sahen, daß die Pest im Westen der Stadt nachließ und auf den Osten zukam, wo sie wohnten.

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    Die Geschichte dieser drei Männer – wenn der Leser einverstanden ist, daß ich sie in deren eigenem Wortlaut wiedergebe, ohne für die Einzelheiten zu bürgen oder mich für Fehler verantwortlich zu wissen – will ich in aller Ausführlichkeit bringen, da ich glaube, sie ist ein sehr gutes Beispiel, dem jeder Unbemittelte folgen könnte, wenn die gleiche allgemeine Katastrophe wieder einmal hier bei uns hereinbrechen sollte; und wenn keine solche Notwendigkeit, vor der Gott in seiner unendlichen Güte uns bewahren wolle, vorliegt, so mag die Geschichte trotzdem auf so vielerlei Art von Nutzen sein, daß niemand, so hoffe ich, je sagen kann, ihre Erzählung sei ohne Gewinn gewesen.
    Dies alles schicke ich der Geschichte voraus, doch bevor ich meinen eigenen Part aufgebe, habe ich fürs erste noch eine Menge mehr zu sagen.
    Die ganze Anfangszeit über ging ich unbesorgt in den Stra-
    ßen umher, obwohl nicht so unbedacht, daß ich mich in eine offenbare Gefahr gestürzt hätte, ausgenommen als sie die große Grube auf dem Friedhof in unserer Pfarre Aldgate aushoben.
    Eine mächtige Grube war das, und ich konnte meiner Neugier nicht widerstehen, sie mir anzusehen.
    Soweit ich es abschätzen konnte, maß sie etwa vierzig Fuß in der Länge, etwa fünfzehn bis sechzehn Fuß in der Breite und, zu der Zeit, wo ich sie zum erstenmal anschaute, ungefähr neun Fuß in der Tiefe; aber es heißt, sie gruben sie auf der einen Seite später bis auf zwanzig Fuß tief, bis sie des Grundwassers wegen nicht mehr tiefer gehen konnten; sie hatten nämlich, so scheint es, schon mehrere Gruben vorher ausgehoben. Obwohl die Pest auf unseren Sprengel lange genug in Anmarsch war, so gab es doch, als sie dann da war, keine Pfarre in oder um London, wo sie mit solcher Heftigkeit wütete wie in den beiden Pfarren Aldgate und Whitechapel.
    Ich sage, sie hatten auf anderem Grund bereits mehrere Gruben gegraben, als die Seuche sich in unserem Sprengel auszu-78

    breiten begann und besonders als dann der Totenkarren herum-fahren mußte, was in unserer Pfarre nicht vor Anfang August war. In diese Grube hatten sie vielleicht je fünfzig oder sechzig Leichen getan; dann machten sie größere Gräber, in denen sie alle, die der Totenkarren in einer Woche brachte, beerdigen konnten, was sich von Mitte bis Ende August auf zwischen 200
    und 400 belief; und sie konnten sie nicht gut größer ausheben, weil die Verordnung des Magistrates ihnen die Auflage machte, keinen Leichnam weniger als sechs Fuß unter der Oberflä-
    che zu belassen; und da sie bei siebzehn oder achtzehn Fuß Tiefe auf Grundwasser stießen, konnten sie, sage ich, nicht gut mehr Tote in eine Grube tun. Aber als dann, anfangs September, die Pest aufs grausigste zu wüten begann und die Anzahl der Beerdigungen in unserer Pfarre alles überstieg, was in irgendeiner Pfarre von der gleichen Größe im Umkreis Londons je begraben worden war, ließen sie diesen garstigen Abgrund, denn das war es eher als nur eine Grube, ausheben.
    Sie hatten gemeint, als sie das taten, dies würde ihnen für einen Monat oder noch länger ausreichen, und manche Leute machten den Kirchenpflegern schon Vorwürfe, daß sie etwas so Fürchterliches zuließen, so als treffe man Vorbereitungen, die ganze Pfarre zu begraben oder dergleichen; aber die Zeit erwies, daß die Kirchenpfleger über die Umstände der Gemeinde besser Bescheid wußten; denn nachdem die große Grube, ich glaube, am 4. September fertig geworden war, fingen sie am sechsten an, sie für Beerdigungen zu benutzen, und bis zum zwanzigsten, also in nur zwei Wochen, hatten sie 1114 Tote hineingeworfen, und dann mußten sie sie zuschütten, da die Leichen schon bis sechs Fuß unter die Oberfläche reichten. Ich möchte

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