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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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sehen, daß wir um unser Leben auf der Flucht sind, und es ist sehr unchristlich und ungerecht, uns aufzuhalten.«
    KONSTABLER: »Ihr könnt dorthin zurückgehen, wo ihr hergekommen seid; wir hindern euch nicht daran.«
    JOHN: »Nein; es ist ein stärkerer Feind als ihr, der uns davon zurückhält, sonst wären wir auch gar nicht hierher gekommen.
    KONSTABLER: »Nun, dann geht eben einen anderen Weg.«
    JOHN: »Nein, nein; ich nehme an, ihr seht, daß wir euch und alle Leute eurer Gemeinde davonjagen können und durch eure Stadt kommen können, wenn wir nur wollen; aber da ihr uns hier angehalten habt, sind wir es zufrieden. Ihr seht, wir haben ein Lager bezogen, und hier werden wir wohnen bleiben. Wir hoffen, ihr werdet uns mit Lebensmitteln beliefern.«
    KONSTABLER: »Wir euch beliefern! Was meint Ihr damit?«
    JOHN: »Nun, ihr wollt doch nicht, daß wir verhungern, oder?
    Wenn ihr uns hier aufhaltet, müßt ihr uns verpflegen.«
    KONSTABLER: »Unsere Verpflegung würde euch schlecht bekommen.«
    JOHN: »Wenn ihr uns fasten laßt, dann werden wir uns selbst um so besser bedienen.«
    KONSTABLER: »Wie, ihr wollt euch doch nicht etwa he-rausnehmen, euch bei uns zwangsweise einzuquartieren?«
    JOHN: »Wir haben euch noch nicht mit Gewalt gedroht.
    Warum wollt ihr uns nur dazu nötigen? Ich bin ein alter Soldat, und hungern kann ich nicht, und wenn ihr meint, wir würden uns durch den Mangel an Lebensmitteln dazu bringen lassen zurückzugehen, dann irrt ihr euch.«
    KONSTABLER: »Da ihr uns bedroht, werden wir dafür sorgen, daß wir euch standhalten können. Ich habe Order, die Grafschaft gegen euch zu den Waffen zu rufen.«
    JOHN: »Jetzt seid ihr es, die drohen, nicht wir. Und da ihr 176

    auf Arglist sinnt, könnt ihr uns nicht verübeln, wenn wir euch keine Zeit dafür lassen; wir werden in wenigen Minuten unseren Marsch antreten.«
    KONSTABLER: »Was verlangt ihr denn von uns?«
    JOHN: »Zuerst wollten wir nichts von euch, als durch die Stadt hindurchgelassen zu werden; wir hätten keinem etwas zuleide getan, und es wäre euch nichts verlorengegangen oder abhanden gekommen. Wir sind keine Diebe, sondern arme Menschen in Not und auf der Flucht vor der schrecklichen Pest in London, die jede Woche Tausende verschlingt. Wir verstehen nicht, wie ihr so unbarmherzig sein könnt.«
    KONSTABLER: »Die Selbsterhaltung zwingt uns dazu.«
    JOHN: »Wie! All euer Mitgefühl in einem solchen Notfall wie diesem zu ertöten?«
    KONSTABLER: »Nun gut, wenn ihr den Weg über die Felder zu eurer Linken nehmen wollt und auf jener Seite hinter der Stadt herumgehen wollt, dann will ich mich bemühen, euch die Tore öffnen zu lassen.«
    JOHN: »Dort können unsere Pferdeknechte nicht mit dem Gepäck durchkommen; und es führt nicht auf die Straße, die wir gehen wollen, und warum sollten wir uns von euch von der Straße abbringen lassen? Außerdem, jetzt habt ihr uns hier den ganzen Tag aufgehalten, nur mit dem zu essen, was wir selbst mitgebracht haben. Ich finde, ihr solltet uns etwas zum Essen schicken, zu unserer Sättigung.«
    KONSTABLER: »Wenn ihr anderswohin geht, schicken wir euch etwas.«
    JOHN: »Das würde dazu führen, daß alle Städte in der Grafschaft ihre Wege vor uns versperren.«
    KONSTABLER: »Wenn sie alle euch Lebensmittel liefern, was hättet ihr zu leiden? Ich sehe, daß ihr Zelte habt; ihr braucht keine Unterkünfte.«
    JOHN: »Gut, wieviel Lebensmittel wollt ihr uns schicken?«
    KONSTABLER: »Wieviele seid ihr?«

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    JOHN: »Wir wollen ja gar nicht soviel, daß es für uns alle reicht; wir sind in drei Gruppen. Wenn ihr uns Brot für zwanzig Mann und für ungefähr sechs oder sieben Frauen für drei Tage schickt und uns den Weg über das Feld, von dem Ihr sprecht, zeigen wollt, dann wünschen wir nicht, eure Leute unsertwegen in Furcht zu versetzen; wir werden den Umweg auf uns nehmen, um uns gefällig zu erweisen, obwohl wir so frei von der Seuche sind wie ihr.«
    KONSTABLER: »Und wollt Ihr uns versichern, daß Eure übrigen Leute uns nicht von neuem belästigen?«
    JOHN: »Nein, nein, darauf könnt ihr euch verlassen.«
    KONSTABLER: »Ihr müßt Euch auch verpflichten, daß keiner Eurer Leute einen Schritt näher kommt als bis da, wo die Lebensmittel, die wir euch schicken, niedergelegt werden.«
    JOHN: »Nehmt mein Wort, daß wir es nicht tun werden.«
    Und so schickten sie dann zwanzig Laibe Brot und zwei oder drei große Stücke gutes Rindfleisch dorthin und öffneten ihnen einige Tore, daß sie

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