Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
Vom Netzwerk:
182

    nichts an; und sie könnten ihnen versichern, daß sie alle zu einer Gruppe gehörten und daß sie niemals mehr an Zahl gewesen seien, als man jetzt sehe (was übrigens völlig wahr war); sie seien zwar in zwei verschiedenen Gruppen hergekommen, aber hätten sich unterwegs zusammengeschlossen, da ihre Sache die gleiche sei; sie seien bereit, jede Auskunft über sich zu erteilen, die einer nur wünschen mochte, und ihre Namen und Wohnorte anzugeben, so daß man sie für jedes Vorgehen, dessen sie vielleicht schuldig wären, zur Rechenschaft ziehen könne; die Stadtbewohner sähen ja selbst, daß sie sich in ein hartes Leben schickten und lediglich ein wenig Luft zum Atmen wollten, im Walde, wo es gesund sei; denn wenn die Luft hier nicht rein wäre, dann könnten sie nicht bleiben und würden abziehen, sollten sie etwas Ungesundes bemerken.
    »Aber«, sagten die Stadtbewohner, »wir haben bereits Last genug mit unseren eigenen Armen, und wir müssen zusehen, daß sie nicht noch anwächst; wir nehmen nicht an, daß ihr uns die Sicherheit geben könnt, niemals unserer Gemeinde oder den Einwohnern zur Last zu fallen, genauso wenig wie die, daß ihr uns betreffs der Infektion nicht gefährdet.«
    »Nun, seht her«, sagte John, »was das Zur-Last-fallen angeht, so hoffen wir, wir werden es nicht. Wenn ihr uns mit Lebensmitteln in unserer gegenwärtigen Notlage aushelft, werden wir uns dankbar zeigen; da keiner von uns von milden Gaben lebte, als wir noch daheim waren, werden wir uns verpflichten, euch voll zurückzuzahlen, wenn es Gott gefällt, uns unbeschadet zu unseren Familien und unserem Eigentum zurückkehren zu lassen und dem Volk von London die Gesundheit wiederzu-schenken.
    Und was das Sterben angeht, so versichern wir euch, daß, wenn einer sterben sollte, wir, die überleben, ihn begraben werden und euch keine Unkosten machen werden, es sei denn, wir sterben alle, und dann allerdings, da der letzte sich nicht selbst beerdigen kann, hättet ihr diese einmalige Auslage, die 183

    euch zu erstatten, so bin ich überzeugt«, sagte John, »er genug zurücklassen würde.
    Auf der anderen Seite«, fuhr er fort, »wenn ihr vor unserer Not das Herz verschließt und uns keinerlei Unterstützung gewährt, werden wir von niemandem etwas mit Gewalt erpres-sen oder stehlen; sondern wenn wir nach Verbrauch von dem wenigen, das wir haben, Hungers sterben, so soll Gottes Wille geschehen.«
    Diese vernünftige und beruhigende Rede Johns wirkte so auf die Stadtbewohner, daß sie fortgingen; und obwohl sie keine Zustimmung für ihr Verbleiben dort gaben, belästigten sie sie auch nicht mehr; und unsere armen Freunde konnten dort drei oder vier Tage ohne jede Störung verbringen. In dieser Zeit hatten sie eine Art von entfernter Bekanntschaft mit einem Viktualienhändler am Rande der Stadt geschlossen, dem sie von weitem zuriefen, ihnen dies oder jenes, was sie brauchten, zu bringen, und das sie dann in einiger Entfernung absetzen ließen und immer sehr ehrlich bezahlten.
    Während dieser Zeit kamen die jüngeren Leute der Stadt häufig recht nahe heran, und dann standen sie und schauten sie an und sprachen manchmal mit ihnen, über einen bestimmten Zwischenraum hinweg; und sie mußten vor allem die Beobachtung machen, daß gleich am ersten Sabbattage die fremden Menschen ganz zurückgezogen blieben, einen gemeinsamen Gottesdienst hielten und Psalmengesang hören ließen.
    Dies und ein ruhiges, unaufdringliches Verhalten trug ihnen allmählich die gute Meinung des Landes ein, und die Leute fingen an, mit ihnen Mitleid zu empfinden und mit Wohlwollen über sie zu sprechen; die Folge davon war, daß an einem sehr nassen, regnerischen Abend ein Gutsbesitzer, der nicht weit weg wohnte, sich veranlaßt fühlte, ihnen einen kleinen Karren mit zwölf Garben oder Bündeln Stroh zu schicken, sowohl für sie selbst, um darauf zu schlafen, wie um ihre Hütten mit einem schützenden Dach zu versehen, das sie trocken hielt. Der 184

    Geistliche einer Pfarrgemeinde in der Nähe schickte ihnen, ohne von dem andern zu wissen, auch ungefähr zwei Scheffel Weizen und einen halben Scheffel weißer Bohnen.
    Für diese Hilfe waren sie freilich nun sehr dankbar, und besonders das Stroh kam ihnen äußerst gelegen; denn obwohl der erfindungsreiche Zimmermann ihnen Rahmen gemacht hatte, in denen sie wie in Trögen lagen, und sie mit Baumblättern und was sie sonst bekommen konnten anfüllte und ihr ganzes Zelttuch verschnitten hatte, um ihnen

Weitere Kostenlose Bücher