Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
Vom Netzwerk:
und wenn man von einem Ende der Stadt zum andern ging, so konnte man zur Tagzeit kein Leichenbegängnis oder eine Spur davon sehen, mit wenigen Ausnahmen, wie ich oben sagte, in den drei ersten Septemberwochen.
    Dieser letzte Punkt wird vielleicht kaum Glauben finden, wenn man auf die Berichte schaut, die andere seither veröffentlicht haben und in denen sie davon sprechen, daß die Toten unbegraben liegenblieben, was mit Bestimmtheit völlig falsch ist; jedenfalls muß es, wenn es irgendwo vorgekommen ist, in Häusern gewesen sein, wo die Lebenden die Toten verlassen hatten, nachdem sie Wege gefunden hatten, wie ich bemerkt habe, zu entweichen, und wo darum den Beamten keine Meldung erstattet worden war.
    Aber all das hat in diesem Fall nichts zu bedeuten; denn das weiß ich ganz gewiß, da ich doch selbst ein wenig dieserhalb in meiner Pfarre zur Aufsicht herangezogen wurde – und die Verheerungen, die die Pest dort anrichtete, waren im Verhältnis zur Einwohnerzahl ebenso groß wie irgendwo sonst – ich sage, 230

    ich weiß es gewiß, daß es keine Leichen gab, die unbestattet blieben; das heißt keine, von denen der zuständige Beamte wußte; keine, aus Mangel an Leuten, die sie wegschafften, und an Bestattern, die sie in die Erde brachten und zudeckten; und das mag für diesen strittigen 2. Punkt genügen; denn wenn etwas liegengeblieben sein mag, in Häusern und Löchern wie in der Moses-und-Aaron-Gasse, so hat das nichts zu sagen; denn es ist vollkommen sicher, daß sie beerdigt wurden, sobald sie nur gefunden wurden. Was den ersten Punkt betrifft, nämlich den über die Lebensmittel und deren Knappheit und Teuerung, so muß ich, obwohl ich schon vorher davon gesprochen habe und es später wiederum tun werde, dennoch folgendes hier bemerken:
    1. Besonders der Brotpreis war kaum erhöht; denn zu Anfang des Jahres, nämlich in der ersten Märzwoche, wog das Penny-Weizenbrot zehnundeinhalb Unzen; und zur Zeit des Höhepunktes der Seuche bekam man es mit neunundeinhalb Unzen, und teurer wurde es nie, nein, den ganzen Sommer über nicht.
    Und zu Anfang November wurde es wieder mit zehnundeinhalb Unzen verkauft; dergleichen, glaube ich, hat man bisher noch nie und in keiner Stadt gehört, bei einer so furchtbaren Heimsuchung.
    2. Auch gab es (worüber ich mich sehr wunderte) keinen Mangel an Bäckern oder Backöfen, die für die Versorgung der Bevölkerung mit Brot arbeiteten; dies allerdings wurde von einigen Kreisen behauptet, daß ihre Mägde, wenn sie mit dem Teig zum Backhaus gingen, um ihn backen zu lassen, wie es damals die Sitte war, bisweilen mit der Krankheit zurückkamen, das heißt mit der Pest im Leibe.
    Während der ganzen Schreckenszeit gab es, wie ich vorher gesagt habe, nur zwei Pesthäuser, von denen man Gebrauch machte, nämlich eines in den Feldern hinter Old Street und eines in Westminster; und es wurde auch kein Zwang ausgeübt, um Menschen dort hinzuschaffen. Freilich war ein Zwang in 231

    diesem Fall auch gar nicht nötig, denn es gab Tausende von armen leidenden Leuten, die, da sie sich nicht selbst helfen, einrichten und versorgen konnten, sondern ganz auf Wohltätigkeit angewiesen waren, sehr froh gewesen wären, hätte man sie dort hingebracht und sich ihrer angenommen. Dies war allerdings der eine wunde Punkt, glaube ich, den man in der ganzen Art, wie die Stadtbehörden vorgingen, finden konnte, daß niemand zu dem Pesthaus zugelassen wurde, außer es wurde dafür bezahlt oder eine Sicherheit für die Bezahlung gestellt, entweder gleich bei der Aufnahme oder nach der Heilung bei der Entlassung, denn es wurden sehr viele wirklich wieder als gesund entlassen; und in diesen Anstalten wurden ausgezeichnete Ärzte eingestellt, so daß es vielen Leuten dort sehr gut erging, worauf ich noch zurückkommen werde. Den Hauptan-teil der dort Untergebrachten stellte, wie ich schon sagte, die Klasse der Hausbediensteten, die sich, wenn sie zu den notwendigen Einkäufen für ihre Herrschaft unterwegs waren, angesteckt hatten und dann, sobald sie zu Hause krank wurden, fortgeschafft wurden, um die übrigen des Hauses zu bewahren; und sie wurden dort so gut gepflegt, die ganze Zeit der Heimsuchung hindurch, daß im ganzen nur 156 aus dem Londoner Pesthaus und 159 aus dem von Westminster beerdigt wurden.
    Wenn ich sage, es hätte mehr Pesthäuser geben sollen, so will ich damit nicht im entferntesten sagen, man hätte alle Kranken in solche Anstalten zu gehen zwingen sollen.

Hätte man das Sperren

Weitere Kostenlose Bücher