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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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usw. mehr oder weniger täglich Ratssitzungen, um die Entscheidungen zu treffen, die sie für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung für notwendig erachteten; und obwohl sie die Bevölkerung mit aller nur möglichen Behutsam-keit und Sachtheit anfaßten, so wurden doch freche Schurken jeder Art, wie Diebe, Einbrecher, Leichenfledderer und Ausplünderer der Kranken gehörig bestraft, und verschiedene Ächtungserklärungen gegen solche wurden durch den Lordbürgermeister und den Stadtrat immer wieder veröffentlicht.
    Auch wurde allen Konstablern und Gemeindevorstehern unter Androhung schwerer Strafe auferlegt, in der Stadt zu bleiben oder solche fähigen und geeigneten Ersatzmänner zu stellen, wie sie die Anerkennung eines stellvertretenden Stadtrates oder eines Gemeinderatsmitglieds fänden, und für die sie sich verbürgen müßten; und diese Bürgschaft galt auch für den Todesfall, daß sie nämlich dann sogleich andere Konstabler anstelle der hingeschiedenen aufstellen würden.
    Diese Dinge wirkten ungemein beruhigend auf die Gemüter der Leute, besonders auf ihren ersten Schrecken hin, als schon von einem so allgemeinen Auszug die Rede war, daß für die Stadt die Gefahr bestanden hätte, von allen ihren Bewohnern, mit Ausnahme der Armen, vollständig verlassen zu werden, und dem Lande die Plünderung und Verwüstung durch das niedere Volk gedroht hätte. Und die Obrigkeit zeigte kein Versagen, und sie standen alle ihren Mann, so tapfer, wie sie es versprochen hatten; der Lordbürgermeister und die Sheriffs waren dauernd auf den Straßen und dort, wo die Gefahr am größten war, und wenn sie es auch nicht gern hatten, von zu großen Besuchermassen umdrängt zu werden, haben sie doch in Notfällen den Leuten niemals den Zutritt zu sich verweigert und immer mit aller Geduld ihre Bekümmernisse und Beschwerden angehört. Der Lordbürgermeister ließ sich eigens eine niedrige Galerie in seinem Saal errichten, auf der er ein wenig Abstand von der Menge nehmen konnte, wenn er sich 235

    Beschwerden anhörte, so daß sein Erscheinen ihm möglichst geringe Gefahr brachte.
    Ebenso nahmen die zuständigen Beamten, Lordbürgermeisters Dienstleute genannt, ihre Amtspflichten beständig wahr und verrichteten ihren Dienst der Dienstordnung gemäß; und wenn einer von ihnen krank wurde oder sich ansteckte, wie es bei einigen geschah, wurde sogleich ein neuer eingestellt, um seinen Platz einzunehmen und für ihn Dienst zu tun, solange bis sich entschied, ob der andere leben oder sterben würde.
    Auf die gleiche Art verfuhren die Sheriffs und Stadträte in ihren einzelnen Bezirken und Revieren, in denen sie ihres Amtes walteten, und die dem Sheriff unterstellten Offiziere oder Sergeanten wurden angewiesen, ihrerseits Befehle von den zuständigen Stadträten entgegenzunehmen, so daß die Rechtspflege in keinem einzigen Falle Unterbrechung erlitt.
    Als nächstes ließ man es sich besonders angelegen sein, dafür zu sorgen, daß die Bestimmungen über die Freiheit der Märkte eingehalten wurden, und zu diesem Zweck waren an jedem Markttag entweder der Lordbürgermeister oder einer der Sheriffs oder alle beide zu Pferde unterwegs, um über die Befolgung der Vorschriften zu wachen und dafür Sorge zu tragen, daß die Leute vom Land jede mögliche Ermutigung fanden und bei ihrer Anfahrt zum Markt und ihrer Rückfahrt danach völlig unbehelligt blieben, und daß auf den Straßen keine anstoßerregenden oder furchteinflößenden Szenen zu sehen waren, die sie hätten erschrecken und vom weiteren Kommen abhalten können.
    Auch wurden die Bäcker besonderen Bestimmungen unterworfen, und der Obermeister der Bäckerinnung wurde, zusammen mit seinen Beiräten, angehalten, für die Durchführung der Magistratsanordnungen zu sorgen und auf das genaue Gewicht des Brotes zu achten, welches jede Woche vom Lordbürgermeister festgesetzt wurde, und alle Bäcker waren verpflichtet, ihre Backöfen ständig unter Feuer zu halten, unter 236

    Strafe, die Privilegien eines Freimanns der Stadt London einzubüßen.
    Auf diese Weise war Brot immer in ausreichender Menge zu haben und so billig wie zu gewöhnlichen Zeiten, wie ich oben schon sagte; und die Lebensmittel gingen auf dem Markt nie aus, und das war so erstaunlich, daß ich mich oft darüber wunderte und mir selbst Vorwürfe machte, so ängstlich und vorsichtig mit dem Ausgehen zu sein, während doch die Leute vom Lande frei und unbekümmert zum Markt kamen, als ob es so etwas wie eine

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